Fotografin Ilka Hartmann

Dokumentarin der wilden 60er

05:48 Minuten
Der US-Aktivist Huey Newton sitzt bei einer Pressekonferenz 1971 an einem Tisch mit einer Reihe von Mikrofonen und wird umringt von einer Gruppe von Menschen
Ilka Hartmann hat viele zeithistorische Ereignisse in den USA fotografiert. Hier: eine Pressekonferenz des Mitgründers der Black Panther Party Huey Newton 1971. © Ilka Hartmann
Von Arndt Peltner · 28.10.2022
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Die Fotografin Ilka Hartmann wurde mit ihren Bildern zu einer Zeitzeugin der hochpolitischen 1960er-Jahre in den USA. Die heute 80-Jährige begleitete Protestbewegungen wie die Black Panthers, Anti-Kriegs- und Anti-Atomkraft-Demonstrationen.
Am Rande einer kleinen Ortschaft in West Marin, etwa eine Autostunde nördlich von San Francisco, steht die Fotografin llka Hartmann in einem alten Farmhaus und erzählt die Geschichten, die hinter ihren Bildern stecken. Sie hat Dutzende von Fotos für mich herausgesucht.
Ilka Hartmann ist seit fast 60 Jahren Fotografin, und das mit Leib und Seele. Seit den 1960er-Jahren hat sie mit ihrer Kamera all die sozialen Bewegungen im “Melting Pot” der San Francisco Bay Area und darüber hinaus dokumentiert. Von der Free Speech Movement in Berkeley, über die Black Panther Partei in Oakland, die Besetzung von Alcatraz durch Native Americans, die Farmarbeiter Streiks in Salinas, die Anti-Kriegs- und Anti-Atomkraft-Demonstrationen in San Francisco – und nicht zu vergessen, der Kampf um Selbstverwaltung in ihrem kleinen Ort in West Marin.

Von Hamburg in die USA

1964 kam sie aus Hamburg in die USA. Ihre Mutter und ihre Schwester lebten bereits in Kalifornien. Eigentlich wollte sie Deutschland gar nicht verlassen, doch fand sie in den USA ihre Rolle, angefangen auf dem Campus der Universität in Berkeley.
"Das war die Zeit, als wir wirklich dachten, dass sich die Welt in den USA verbessern würde", erinnert sich Hartmann. "Viele glaubten sogar an die Revolution, dass es sich verändern würde, und jeden Tag war in Berkeley die Noon-Rallye, und all die Repräsentanten kamen und sprachen drüber. Jeden Tag bekamen wir all die Flugblätter."

Fotoessay über die Black Panthers

Hartmann hatte damals in einem Collegekurs das Fotografieren gelernt. Ihr Dozent erkannte das Talent der jungen Frau, verwies sie auf die Fotoessays von W. Eugene Smith und Dorothea Lange. "Guck dir diese 'Life Magazines' an", habe er ihr gesagt.
"Dann habe ich mir gedacht, als ich in Berkeley war, da waren die Black Panthers immer in den Noon Rallyes jede Woche, dass ich einen Fotoessay über die Black Panthers machen wollte, während ich noch Deutsch studierte." Es wurde ihre erste große Fotoarbeit.

Immer vor Ort

Hartmanns Fotos sind nicht die harten Nachrichtenbilder, aber sie war immer vor Ort. Auf der Pressekonferenz nach der Entlassung des Black-Panther-Party-Co-Gründers Huey P. Newton genauso wie bei der Räumung der Gefängnisinsel Alcatraz durch die Bundespolizei, die fast zwei Jahre lang durch Native-Americans besetzt war.
Hartmann fokussierte ihre Kamera auf die Menschen, auf die Gesichter, zeigt Nähe, Offenheit, Entschlossenheit und Menschlichkeit. Was die Black Panthers mit ihrem Ruf “Black is beautiful” lautstark erklärten, setzte Hartmann in ihren Bildern um. Afro-Amerikaner, Hispanics, Native Americans, sie rückte sie alle in das Zentrum ihrer Arbeit.

Im Navajo Reservat

"Bei den Indianern war es für mich sehr, sehr wichtig, dass die Indianer, die ich fotografiert habe, ihre Bilder sahen", sagt sie. "Denn da war so viel Rassismus gegen sie. Für manche waren viele dieser Menschen einfach sehr, sehr schön."
Einmal im Navajo Reservat habe sie zwei Mädchen fotografiert, die etwa 15 Jahre alt waren und lange schwarze Haare hatten. "Ich habe gesagt: Kann ich euch fotografieren? Die waren ganz erstaunt und haben gesagt: Wir? Wir sind so hässlich. Das hat mich sehr mitgenommen."

Nachdenken über das Vermächtnis

Hartmanns Fotos sind in rund 120 Büchern und unzähligen Printmedien veröffentlicht worden. Ihre Bilder findet man in Ausstellungen und Museen. Sie ist Dokumentarin der wilden und hochpolitischen 1960er- und 1970er-Jahre gerade in Kalifornien geworden. Besonders stolz ist sie auf ihre riesigen Fotos, die man noch immer auf der Gefängnisinsel Alcatraz sehen kann, die an die Besetzung der Insel durch Native Americans von 1969 bis 1971 erinnern.
Eine Gruppe von jungen Native Americans steht vor dem Zaun von Alcatraz. Sie heben ihre Fäuste und schauen in die Kamera.
Die Lebenssituation der Native Americans war ein häufiges Sujet der fotografischen Arbeiten von Ilka Hartmann. © Ilka Hartmann
"Das bedeutet den Menschen so viel, dass diese großen Bilder da sind", sagt die Fotografin. "Das ist jetzt schon zwei, drei Generationen her, und die Kinder und Enkel und Urenkel kommen und sehen sich die Bilder an."
Mit 80 Jahren macht Hartmann sich Gedanken über ihr Vermächtnis. Sie hat angefangen, Teile ihres riesigen Archivs an die Stanford Universität abzugeben. Einige kleinere Projekte sind schon dort. Doch die großen Themen wie die Black Panthers, die Besetzung von Alcatraz und die Farmarbeiter-Streiks stehen noch aus.

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