Zum Tod von Letizia Battaglia

"Ihre Bilder haben die Menschen zum Sprechen gebracht"

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Die Fotografin Letizia Battaglia bei einer Ausstellung ihrer Bilder.
Leiden an den eigenen Bildern: Die Fotografin Letizia Battaglia bei einer Ausstellung ihrer Arbeiten. © AFP / STF / Eric Cabanis
Andreas Rossmann im Gespräch mit Elena Gorgis · 14.04.2022
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Letizia Battaglia wurde durch ihre Fotografien zur Chronistin der Mafia-Verbrechen und zum Star des italienischen Fotojournalismus. Nun ist sie mit 87 Jahren gestorben. Der Journalist Andreas Rossmann erinnert sich an eine sehr couragierte Frau.
Die italienische Fotografin Letizia Battaglia porträtierte in ihren Fotoarbeiten ein weites Spektrum des sizilianischen Lebens. Bekannt wurde sie aber vor allem für ihre außergewöhnlich ausdrucksstarken Bilder über die Verbrechen der Mafia-Organisation Cosa Nostra.
Sie selbst hat sich als „Botin des Widerstands gegen Gewalt, Korruption und das moralische und politische Chaos“ bezeichnet. Nun ist sie mit 87 Jahren gestorben.

Schneller als die Polizei

Für den Journalisten Andreas Rossmann war Battaglia eine Kämpferin und wagemutige Frau: "Sie hat den Polizeifunk abgehört und ist, wenn sie von einem Attentat hörte, mit der Vespa losgefahren. Oft war sie vor den Carabinieri am Tatort."
Ganz Palermo sei in den 1980er-Jahren von der Mafia traumatisiert gewesen, sagt Rossmann.

Es gab etwa 2000 Morde an Geschäftsleuten, Politikern, Polizisten, Anwälten, Staatsanwälten und Richtern. Weil sich damals keine Galerie getraut hat, ihre Fotos zu veröffentlichen, hat Battaglia sie mit Wäscheleinen auf einer Piazza aufgehängt. Daraufhin haben die Menschen weiße Laken aus ihren Fenstern gehängt, um ihre Zustimmung zu ihrer Aktion zu signalisieren.

Andreas Rossmann, Journalist

Traumatisiert von den eigenen Bildern

Battaglia habe das vorherrschende Schweigegebot gebrochen, sagt Rossmann. „Ihre Bilder haben sozusagen die Leute zum Sprechen gebracht.“ Allerdings habe sie unter den eigenen Bildern sehr gelitten, sagt Rossmann. Sie habe sie auch deswegen in Schwarz-Weiß gehalten, weil sie das Blut nicht habe sehen können.
„Sie war davon traumatisiert. Nach dem Attentat auf den Richter Giovanni Falcone war sie an einer Grenze der Darstellbarkeit angekommen und hat das Fotografieren erst mal eingestellt. Ihre Bilder sind sehr ausdrucksstark, sehr direkt und sehr verstörend.“
Rossmann lobt den großen zeitgeschichtlichen und auch juristischen Wert von Battaglias Arbeit und hofft, dass ihr Archiv mit mehreren Hunderttausend Fotos in einen sicheren Nachlass überführt wird.
(rja)

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