Hörspiel-Inszenierung: "Der kleine Prinz"

Man sieht nur mit dem Herzen gut

Das Kinderbuch "Der kleine Prinz"
Das Kinderbuch "Der kleine Prinz" © dpa / picture-alliance / Karl Rauch Verlag
Von Andi Hörmann  · 05.09.2016
"Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry ist Kult. Fast jeder kennt die Geschichte. Kai Grehn ist nun mit seiner neuen Hörspiel-Inszenierung ein frischer Blick gelungen. Entschleunigt und berührend, schwärmt unser Kritiker Andi Hörmann.
"Hier ist mein Geheimnis. Es ist so simpel. Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar…"
Tausend Mal gehört, tausend Mal zitiert und doch steckt so viel Wahrheit in diesen geflügelten Worten von Antoine de Saint-Exupéry. "Der kleine Prinz" ist eine zeitlose Offenbarung, unaufgeregt aufregend.
"Bitte. Male mir ein Schaf.
Ich rieb mir die Augen und sah ein ungewöhnliches, kleines Kerlchen, das mich mit ernster Miene anschaute.
Bitte. Male mir ein Schaf. Bitte, was?…"

Auf der Suche nach Freunden

Die Geschichte ist schnell erzählt: "Der kleine Prinz" reist von seinem winzigen Planeten auf die Erde - einsam und allein, auf der Suche nach Freunden und wundert sich über die verschrobene, engstirnige Welt. In der Wüste begegnet er einem verschollenen Piloten, einem Träumer, einen Seelenverwandten, der nie erwachsen wurde.
"Nachts liebe ich es, den Sternen zuzuhorchen. Sie klingen wie fünfhundert Millionen kleine Glocken…"
Bis heute wurde dieser Klassiker in über 180 Sprachen übersetzt, hat sich millionenfach verkauf, wurde verfilmt und vertont, für Theater und Hörfunk inszeniert - ein Stationendrama voller Traurigkeit und Melancholie, Lebensfreude und Euphorie, 1943 erschienen. Und jetzt diese neue Hörspielfassung, die durch subtile Musik und starke Sprecher mehr als überzeugt. Da ist etwa die Figur des eitlen Menschen, der nach Bewunderung lechzt - mit sich überschlagender Stimme gesprochen von dem Schauspieler Andreas Schmidt:
"Du musst nur mit deinen Händen klatschen und schon ziehe ich meinen Hut zum Gruß. Ja, mehr…"
Und da ist der vor sich hin grummelnde Lars Rudolph in der Rolle des verzweifelten Trinkers:
"Warum trinkst du?
Um zu vergessen.
Um was zu vergessen?
Um zu vergessen, dass ich mich schäme.
Wovor schämst du dich?
Dafür dass ich trinke… "

Ein großes Staraufgebot

Dieter Hallervorden schlüpft mit seinem krächzenden Organ in die Rolle des Königs, der über ein fiktives Reich herrscht. Von ihm wünscht sich der kleine Prinz einen Sonnenuntergang.
Und da ist noch die zentrale Figur des Fuchses: Einfühlsam gesprochen von Jens Wawrczeck, bekannt als Sprecher in "Die drei ???" – ein wahres Staraufgebot also.
"Wenn du mich zähmst, wird mein Leben sonniger. Ich würde das Geräusch deiner Schritte kennen, das sich von allen anderen unterscheidet. Die anderen Schritte vertreiben mich unter die Erde in meinen Bau. Deine würden mich aus ihm hervorlocken. Wie eine Musik…"
Der Fuchs, der vom kleinen Prinzen gezähmt werden möchte. Eine Liebe, die unerfüllt bleibt. Denn auf seinem Heimatplaneten wartet seine Liebe, die zu einer Blume - seiner Rose.
"Leb wohl, Fuchs.
Lebe wohl. Hier ist mein Geheimnis. Es ist so simpel. Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."

"Die großen Leute sind sehr sonderbar"

Regisseur Kai Grehn ist ein fabelhaftes Hörspiel gelungen: Es klingt wie eine akustische Graphic Novel, entschleunigt und entrückend schön. Die flirrenden Soundscapes des Komponisten Carsten Nikolai alias "alva noto" und des Berliner Electronic-Duos "Tarwater" untermalen die Geschichte mit weichen Pastelltönen.
"Der kleine Prinz, Hörspiel nach dem gleichnamigen Buch von Antoine de Saint-Exupéry…"
Ein großes Bilderbuch der kleinen Philosophien mit großartiger Stimmung und Stimmen. Hörspielkunst par excellence!
"Die großen Leute sind wirklich sehr sehr sonderbar…"

Hörspiel: "Der kleine Prinz"
Buch: Antoine de Saint-Exupéry
Mit: Martin Wuttke, Alexander Fehling, Dieter Hallervorden, Paula Beer, Jens Wawrczeck, Josef Ostendorf, Jule Böwe, Samuel Finzi, Andreas Schmidt, Lars Rudolph, Claudia Graue, Otto Mellies
Übersetzung und Regie: Kai Grehn
Komposition: Carsten Nikolai alias "alva noto" und Tarwater
Veröffentlichung: Hörbuch Hamburg 2016
71 Minuten, 14,99 Euro