Historiker Andreas Rödder

Die ewige Regierungspartei CDU steht vor einem Riesenproblem

07:46 Minuten
Ein Wahlplakat der CDU an einem Laternenpfahl vor Himmel mit dunklen Wolken.
Ist die CDU bereit für die Zukunft? Wenn es mit dem Mittekurs der Partei so weitergeht, nach Einschätzung des Historikers Andreas Rödder wohl eher nicht (Archivbild von 2019). © imago images / Steinach
Moderation: Nana Brink und Korbinian Frenzel · 12.03.2021
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Die gegenwärtige Umfragekrise der CDU ist nicht allein auf die Maskenaffäre zurückzuführen, meint Historiker Andreas Rödder. Es sieht die Ursache im "Hineinmäandern" der CDU in die Mitte, weshalb ihr liberal-konservative Kreise wegzubrechen drohten.
24 Prozent in Baden-Württemberg, 29 Prozent in Rheinland-Pfalz: Nach der jüngsten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag des ZDF sieht es für die CDU bei den Landtagswahlen am Sonntag nicht gut aus.
Der Historiker Andreas Rödder warnt davor, in diesen Zahlen lediglich eine Folge der sogenannten Maskenaffäre zu sehen. "Die Umfragewerte, und zwar sowohl der CDU in Baden-Württemberg als auch in Rheinland-Pfalz, sind schon vor der Maskenaffäre deutlich zurückgegangen. Wir haben es hier mit einem Bundestrend zu tun", betont er.

Wofür steht die CDU eigentlich noch?

Hinter diesem Trend steht Rödder zufolge ein Identitätsproblem der CDU: "Durch diese ganze Politik, in die Mitte hineinzumäandern, tut die CDU sich immer schwerer, auf die Frage zu antworten, wofür sie eigentlich steht und warum man CDU wählen soll und nicht die anderen."
Zudem habe sich durch die Orientierung Richtung Mitte auf der bürgerlichen, liberal-konservativen Seite der CDU so viel Unzufriedenheit angestaut, "dass da Potenzial für Abbrüche von der CDU ist", warnt der Geschichtsprofessor der Universität Mainz, der selbst CDU-Mitglied ist. Ein Indiz dafür sieht er im Aufkommen der Freien Wähler, die dem ZDF-Politibarometer zufolge damit rechnen können, knapp in den Mainzer Landtag einzuziehen.
"Ganz offenkundig sind die Freien Wähler eine Gruppierung, die sagt: Wir wollen nicht diese Radikalisierung ins Extremistische betreiben wie die AfD. Aber wir wollen eine liberal-konservative Alternative zur CDU sein."

Die Radikalisierung der AfD: ein Glücksfall für die CDU

Die CDU habe das Glück gehabt, dass die erste liberal-konservative Abspaltung aus dem rechten Spektrum der CDU heraus, nämlich die Lucke-AfD, sich radikalisiert und extremisiert habe, sagt Rödder. "Aber jetzt zeigt sich, dass schon wieder Bedarf dafür besteht und das zeigt, dass die CDU in der Gefahr steht, dass ihr immer weitere Teile wegbrechen."
Und dann steht die ewige Regierungspartei möglicherweise vor einem Riesenproblem, warnt der Historiker: "Die CDU hat kein Abonnement auf die Macht im Bund, nur weil Angela Merkel 16 Jahre regiert haben wird."
(uko)

Der Historiker Andreas Rödder ist Professor für Neueste Geschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Zuletzt erschienen seine Bücher "Wer hat Angst vor Deutschland?" und "Konservativ 21.0". Rödder ist CDU-Mitglied.

Unsere Sondersendung zu den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg zum Nachhören:
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