Die Heinrich-Schütz-Rezeption in der DDR

Der volkseigene Schütz

Blick auf das weiß-graue Heinrich Schütz Haus, das mit seinen besonderen Fassadenaufbauten punktet.
Der maroden DDR-Wirtschaft fielen viele Altbauten zum Opfer, doch das Heinrich Schütz-Haus in Weißenfels (Sachsen-Anhalt) konnte die Zeit überdauern und erstrahlt inzwischen in seinem restaurierten Zustand. © picture alliance / ZB / Peter Endig
Von Grit Schulze · 11.11.2022
Im November 2022 wird an Heinrich Schütz und seinen 350.Todestag gedacht, dessen Lebens- und Wirkungsorte in der ehemaligen DDR lagen. Wie vereinnahmte der Staat den Komponisten für sich? Peter Kopp, Rektor der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik Halle, gibt Auskunft.
Vor wenigen Tagen beging die Musikwelt den 350. Todestag von Heinrich Schütz, des „Lumen Germaniae“, des Lichts Deutschlands, wie Schütz von seinen Zeitgenossen auch genannt wurde. In der Tat erhellte der Komponist mit seinen Werken das dunkle Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Seine zutiefst menschlichen Klänge brachten Licht in eine Zeit der Bedrohung, der Unsicherheit, der Angst -  sie scheinen noch heute aktuell.

DDR als "Schütz-Standort"

Aber wie aktuell waren sie für die DDR? Prof. Peter Kopp war Mitglied im Dresdner Kreuzchor, absolvierte ein Studium für Chor- und Orchesterdirigieren in Dresden - in der Stadt, in der Schütz vor 350 Jahren gestorben ist. Heute ist er anerkannter Dirigent, Chorpädagoge und Rektor der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik Halle. Die Musik von Heinrich Schütz hat ihn ein Leben lang begleitet.

Geistliche Musik im Wettbewerb der Systeme

Im Laufe der Zeit konnte Kopp beobachten, wie sich die Schütz-Rezeption in der ehemaligen DDR entwickelte und wie sich die kulturpolitische Vereinnahmung anbahnte: „Es geht um die ‚geistige Inbesitznahme des Schützschen Werkes durch die Arbeiterklasse der DDR‘, das ist das erklärte Ziel.“, so der Dirigent. „Man hat also der bürgerlichen Musikwissenschaft unterstellt, dass sie gar nicht fähig wäre, ein objektives Schütz-Bild zu erstellen.“

Kopp berichtet in seinem Gespräch mit Grit Schulze über die erste Gesamtaufnahme beim Label Eterna, die Rolle der historischen Aufführungspraxis in der DDR und die ostdeutsche Schütz-Forschung im gesamtdeutschen Kontext.

Der volkseigene Schütz

Der Komponist wurde in den Fokus genommen, nicht nur musikalisch. „Es ist ein sehr umfassender Plan gewesen, der also Konzerte beinhaltet, Konferenzen, Schallplatten, Rundfunksendungen, also selbst an eine Sonderbriefmarke wurde gedacht.“

Anschließend
Heinrich Schütz
„O Herr hilf – o Herr laß wohl gelingen", SWV 297
Kruzianersolisten Martin Schüler und Egbert Junghanns, Sopran
Peter Schreier, Tenor
Dresdner Kreuzchor
Leitung: Rudolf Mauersberg

Die Aufnahme entstand im Jahr 1971.
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