Heinrich Breloer wird 80

Der Erfinder des Dokudramas

11:35 Minuten
Ein Mann mit grauen Haaren, Brille und Schnauzbart sitzt an seinem Schreibtisch. Er hat einen Stift in der Hand, vor ihm liegt ein Ordner, den er mit einer Hand offen hält.
Heinrich Breloer hat nichts dagegen, dass das Publikum etwas lernt: „Die Zuschauer sollen klug werden." © picture alliance/Oliver Berg
Heinrich Breloer im Gespräch mit Vladimir Balzer · 16.02.2022
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Dokumentarfilme durch Spielszenen aufpeppen, das ist das Rezept von Heinrich Breloer. So fürchtet sich der Regisseur auch an seinem 80. Geburtstag nicht vor der Konkurrenz der Streamingdienste. Die hätten sogar Vorteile für Publikum und Filmemacher.
Das Projekt, mit dem sich der Filmemacher Heinrich Breloer an seinem 80. Geburtstag beschäftigt, wird sich um deutsche Geschichte drehen. Worum es genau gehe, könne er nicht sagen, weil vertraglich Stillschweigen vereinbart wurde.

Unterwegs in der deutschen Geschichte

In der deutschen Geschichte war Breloer schon viel unterwegs. Thomas Mann, Uwe Barschel, die RAF oder Bertolt Brecht gerieten in seinen Fokus. Und am besten sollten dabei noch unbekannte Seiten eines Themas ans Licht kommen. Das habe ihn sein ganzes Leben angetrieben, sagt Breloer, den Mantel des Schweigens zu lüften:

Immer ging es darum, diesen Mantel etwas wegzuziehen und den Menschen einen Blick unter den Mantel, der etwas beschweigt, zu erlauben.

Heinrich Breloer

So hat Breloer das Dokudrama im deutschen Fernsehen etabliert. Dabei sei er nicht mit dem Fernsehen, sondern dem Kino groß geworden, sagt Breloer: "Ich liebe das Kino mehr als alles andere.

Heimlich ins Kino geschlichen

Das Kino war der magische Ort". Im katholischen Internat, "mit einer brutal unterdrückenden Religion", habe er fast keine Filme sehen dürfen und sich deshalb heimlich ins Kino geschlichen: "Das waren die Piraten-Momente. Das hat mich geprägt für mein Leben, da auszuwandern aus dem trüben Alltag der 50er-Jahre". Das Fernsehen ist für Breloer, anders als das Kino, keine Gelegenheit zur Weltflucht, sondern ein Ort, wo man sich austauschen kann:

Das Fernsehen war das leicht beleuchtete Zimmer, in dem man reden konnte, in dem man noch einen Schluck Bier trinken konnte, diskutieren konnte.

Heinrich Breloer

Bei seinen Filmen geht es Breloer auch darum, dass die Leute etwas lernen: "Die Zuschauer sollen klug werden. Es geht darum, Handlungen aufzuschneiden und doppelt zu spiegeln, um den Zuschauer zum kritischen Betrachten der Bilder zu bewegen", sagt Breloer: "Schau hin, es ist dein Leben, das wir dir vorspielen, und du kannst es ändern."

Dem Diktat des Formats entronnen

Die Konkurrenz durch Streaming-Dienste fürchtet er nicht, sagt Breloer. Er sieht sogar Vorteile für Filmemacher: "Was meinen Sie, was wir gezittert haben, wenn wir drei Jahre einen Film produziert haben, und an dem Abend war ein Länderspiel. Da haben wir unser Publikum verloren, und zwar für immer."
Heute stehe ein Film für ein Jahr im Netz: "Da haben die Zuschauer und der Film eine ganz andere Chance." Auch könne er Filme mit unterschiedlicher Länge drehen und müsse sich nicht starr an Formatvorgaben halten, sagt Breloer:

Eine Folge ist 30 Minuten lang oder 60 oder 45. So wie man eine Novelle für einen Verlag schreibt, kann man Filme in der richtigen Länge laufen lassen, wie diese Episode es verdient. Ich bin begeistert.

Heinrich Breloer

Die Qualität der digitalen Angebote insgesamt beurteilt Breloer indes weniger begeistert: "Wenn die Streamingdienste so marktkonform sind, dass sie uns die Zuschauer wegnehmen und nicht nur das öffentlich-rechtliche Fernsehen, sondern auch das Kino gefährden, dann muss man nachdenken."
(beb)

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