Blondinen

Haarfarbe als Mittel zur Macht?

09:23 Minuten
Marilyn Monroe steht in einem rosafarbenen Pullover an eine Wand gelehnt, ihr Haar ist blond gefärbt.
Marilyn Monroes Karriere nahm Fahrt auf, als sie begann, sich die Haare blond zu färben. Sie gilt als Archetyp der blonden Sexbombe und trug maßgeblich zur kulturellen Aufladung der Haarfarbe bei. © imago images / MediaPunch / Hollywood Photo Archive
Ralf Junkerjürgen im Gespräch mit Ramona Westhof · 26.01.2023
Audio herunterladen
Blondierte Haare symbolisieren genetische Überlegenheit, glaubt die US-Soziologin Tressie McMillan Cottom. Der Romanist Ralf Junkerjürgen stimmt nur eingeschränkt zu: Nicht jede Haarfärbung sei automatisch ein politischer Akt.
Nur zwei Prozent der Erwachsenen weltweit haben von Natur aus blondes Haar. Deutlich mehr Menschen tragen ihre Haare aber blond. Welchen Zusammenhang es zwischen Genetik, Kultur und Aneignung gibt, untersucht ein aktueller Artikel in der "New York Times" [Bezahlschranke]. Darin geht die Soziologin Tressie McMillan Cottom der Frage nach, ob Haarfarbe wirklich nur Haarfarbe ist. Sie stellt die These auf, dass blondierte Haare eine genetische Überlegenheit symbolisieren.
"Blond sticht unter den Haarfarben heraus", bestätigt der Romanist Ralf Junkerjürgen von der Universität Regensburg. Er erklärt, dass "blond" im Gegensatz zu anderen Haarfarben ein eigenes Farbwort besitze und erläutert die kulturgeschichtliche Bedeutung der Farbe. So seien blonde Haare unter anderem religiös und mythologisch aufgeladen, sagt Junkerjürgen. Blonde Haare stünden für Licht, weshalb sie oft göttlichen Figuren zugeordnet werden.
Das Gemälde "Die Geburt der Venus" von 1485/86 des Künstlers Sandro Botticelli hängt im Museum Uffizien in Florenz.
"Die Geburt der Venus" von Sandro Botticelli ist eines der berühmtesten Gemälde der Welt und zeigt eine ikonografische blonde Göttin.© picture alliance / dpa / Fredrik Von Erichsen
"Wir haben eine lange Kulturgeschichte, in der blond für etwas Außergewöhnliches und besonders Gutes steht", so Junkerjürgen weiter. Auch auf politischer Ebene gab es unter Königen und Kaisern falsche Blondinen, die sich der kulturellen Aufladung der Haarfarbe bedienten.

Abonnieren Sie unseren Weekender-Newsletter!

Die wichtigsten Kulturdebatten und Empfehlungen der Woche, jeden Freitag direkt in Ihr E-Mail-Postfach.

Vielen Dank für Ihre Anmeldung!

Wir haben Ihnen eine E-Mail mit einem Bestätigungslink zugeschickt.

Falls Sie keine Bestätigungs-Mail für Ihre Registrierung in Ihrem Posteingang sehen, prüfen Sie bitte Ihren Spam-Ordner.

Willkommen zurück!

Sie sind bereits zu diesem Newsletter angemeldet.

Bitte überprüfen Sie Ihre E-Mail Adresse.
Bitte akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung.

"Das blonde Dummchen"

"Im 20. Jahrhundert hat vor allem der klassische Hollywood-Film die Blondsymbolik erweitert", erklärt Junkerjürgen und bezieht sich auf das Genre der Blondinenwitze, die meist auf die Filmrollen der Schauspielerin Marilyn Monroe zurückgehen. Sie verkörperte häufig "das blonde Dummchen" und gilt als "prototypische Blondine der Filmgeschichte", so der Romanist weiter. Dabei war Monroe keine natürliche Blondine, sondern brünett. Erst mit dem Bleichen ihrer Haare habe sie an Einfluss und Status gewonnen.
Die Schauspielerinnen Jane Russell und Marilyn Monroe stehen Rücken an Rücken in schwarzen Bodysuits mit Zylinder für den Film "Blondinen bevorzugt" vor der Kamera.
Der Filmtitel "Blondinen bevorzugt" des Streifens von 1953 mit Jane Russell und Marilyn Monroe kann als Beispiel für die ikonografische Aufladung einer Haarfarbe gesehen werden.© picture alliance / United Archives / IFTN
Cottoms These zur Darstellung politischer und sozialer Überlegenheit mithilfe von Blondierung stimmt Junkerjürgen allerdings nur eingeschränkt zu. Zwar stehe blondes Haar im amerikanischen Kontext noch heute für Macht und Überlegenheit, Cottom unterschätze aber den Einfluss und die Werbung der Haarfärbeindustrie in den 60er-Jahren, kritisiert er. Allein dadurch sei das Haarefärben - zumindest für Frauen - salonfähig geworden.
Cottoms generelle Kritik hält der Romanist für überzogen. "Man muss kein schlechtes Gewissen haben, wenn man sich die Haare färbt", sagt er. Außerdem dürfe nicht jede Haarfärbung automatisch als politischen Akt verstanden werden, so Junkerjürgen zur Debatte um People of Colour mit blondiertem Haar.
(lsc)
Mehr zum Thema