H. G. Held: "Die Leichtigkeit der Pinsel ..."

Wie Aufträge in der italienischen Renaissance vergeben wurden

Jesus am Kreuz des italienischen Malers Giotto di Bondone
Jesus am Kreuz: Eine Darstellung des italienischen Malers Giotto di Bondone in Florenz im Oktober 2010. © imago/Kyodo News
Von Michael Opitz  · 28.01.2016
Wer es verstand, spektakuläre Effekte zu setzen, durfte in der italienischen Renaissance auf Aufträge hoffen. Das Verhältnis von Künstler und Käufer beschreibt Heinz Georg Held in seinem Buch "Die Leichtigkeit der Pinsel und Federn".
Die faszinierende Bildervielfalt der italienischen Renaissance verdankt sich auch einem künstlerischen Wettstreit, von dem die Kunstgeschichte nicht zu sagen vermag, wann genau er begonnen hat. Berühmt wurde allein, wer das Publikum durch Originalität überzeugte - nur wer es verstand, "spektakuläre Effekte" meisterhaft umzusetzen, durfte auf Anerkennung und Aufträge hoffen.
Neben künstlerischem Können war daher Selbstvertrauen von Nöten, um sich auf dem Kunstmarkt zu behaupten. Allerdings verfügten auch die reichen Käufer über genügend Selbstbewusstsein. Sie wollten nicht nur kaufen, was die Künstler gemalt hatten, sondern glaubten, ihnen vorschreiben zu können, was auf einem Bild zu sehen sein sollte.
Wiederentdeckung des antiken Schrifttums
Um diese Beobachtungen kreisen Heinz Georg Helds Ausführungen in seinem Buch "Die Leichtigkeit der Pinsel und Federn". Die Renaissance sei nicht zurückzuführen auf die geniale Idee eines Einzelnen, es war nicht etwa Giotto, der die Kunst mit seiner Malerei zu neuem Leben erweckt hätte, sondern sie sei aus der künstlerischen Vielfalt hervorgegangen. Die Wiederentdeckung des antiken Schrifttums habe einen entscheidenden Anteil an der Herausbildung der Renaissance gehabt, und in Texten sei – so Helds These – der Dialog über die Kunst gepflegt worden.
Daher gehört seine Aufmerksamkeit nicht allein den Pinseln, sondern ebenso den zum Schreiben verwendeten Federn. Die herausragenden Beispiele der Malerei seien in einem "mentalen, politischen und sozialen Kontext entstanden", und in diesem Kontext sei auch über die Malerei diskutiert worden. Es sind die Bilder, die den Betrachter zum Gespräch herausforderten, und es sind andererseits die Kunstliebhaber, denen es im besten Fall gelang, die Maler mit Worten zu inspirieren.
Reich bebildert und schön gestaltet
Diesen Aspekten geht Held im Einleitungsessay des zweiteiligen Buches nach, wobei der zweite Teil anhand von 21 Dialogen veranschaulichen soll, welche Debatten durch einzelne Bilder ausgelöst wurden oder Bilder anregten. Der erste Dialog kreist um den 10. Gesang über den Läuterungsberg in Dantes "Göttlicher Komödie" (um 1310), den Abschluss bildet Raffaelo Borghinis Abhandlung "Stille Einkehr" (1584). Allerdings lösen diese kurzen, nur wenige Seiten umfassenden Texte die im Einleitungsessay geweckten Erwartungen nur bedingt ein.
Denn häufig wird nicht über ästhetische Fragen diskutiert, sondern über den Bildaufbau, den die Auftraggeber von den Malern eingelöst wissen wollten. So schrieb Annibale Caro 1548 in einem Brief an Vasari, dass er sich ein Bild von ihm wünsche, um ihm zugleich mitzuteilen, welche Figuren auf dem Bild zu sehen sein sollten. Leider hat sich in diesem Fall wie auch in dem Streit zwischen Isabelle d'Este und Giovanni Bellini das Bild nicht erhalten, über das in den Briefen gestritten wurde. Der reich bebilderte, schön gestaltete Band ist gut zu lesen und erhellt eine Reihe interessanter Zusammenhänge, doch greifen die beiden großen Kapitel des Buches nicht wirklich überzeugend ineinander.
Heinz Georg Held: "Die Leichtigkeit der Pinsel und Federn. Italienische Kunstgespräche der Renaissance"
Eine Anleitung zur Bildbetrachtung in 21 Dialogen
Verlag Klaus Wagenbach. Berlin 2016
225 Seiten, 24,90 Euro
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