Gutes Fernsehen
Nach Dschungel- und Container-Show, Frauentausch und Schönheits-OPs haben die privaten Fernsehsender mit Good TV einen neuen Trend ausgerufen. RTL entdeckt zum Beispiel mit zahlreichen Wissenssendungen das Bildungsbürgertum. Wird Fernsehen gut, nur weil es sich selbst dazu ernennt?
Das Original – "Welt der Wunder" – war erst vor wenigen Monaten von ProSieben zu RTL II gewechselt. Den Abzug dieses wissenschaftlichen Aushängeschildes nahm ProSieben jedoch nicht unbeantwortet hin und sendet seitdem zeitgleich am Sonntagabend "Wunderwelt Wissen" – eine Kopie bis hin zum Vorspann. Von diesem Zweikampf um Formate, die eigentlich gar nicht zum sonstigen Erscheinungsbild dieser Programme passen, profitiert der Zuschauer. Statt Schmuddel-TV, Frauentausch und Schönheits-OPs strotzt zum Beispiel der Sonntag bei RTL II seit einiger Zeit geradezu vor Bildungsprogrammen.
Nach "Welt der Wunder" also läuft "Total Science", darauf folgt "Wissen Extrem". Das Unterschichtenfernsehen RTL II entdeckt das Bildungsbürgertum.
Roger Schawinski: " Das Bedürfnis nach mehr verhaltensrelevanter Information steigt andauernd. Wenn man das richtig anbietet, in der richtigen Form verpackt, erreicht man auch im Privatfernsehen ein großes Publikum."
Spät erreicht diese Erkenntnis die Privaten, aber sie erreicht sie in diesen Tagen und Wochen, auch Roger Schawinski, den Geschäftsführer von SAT.1. Das, was heute von den Kommerziellen als Trend ausgemacht wird – also Information und Wissen leicht verpackt – haben die Öffentlich-Rechtlichen bereits seit Jahrzehnten vorgemacht. Was im ZDF früher "Die Knoff-hoff-Show" hieß, nennt sich bei SAT.1 heute "clever! – Die Show, die Wissen schafft". Abgeguckt und nachgemacht vielleicht, aber immerhin: "clever!" ist nicht Schmuddel, und Wissenserwerb ist besser als Containerfernsehen. Das ist gut. Eben Good TV.
Schawinski: " Good TV kann in jedem Format stattfinden. Natürlich in den Informationssendungen versucht man, die Leute näher an die Realität von heute heranzubringen, aber auch in einer Show wie "clever!", wo Information, Wissen vermittelt wird, findet das statt. Oder sogar in einer Telenovela, die allgemein als weltfremd gilt. Wenn man die Telenovela hier und heute ansiedelt und man auch über Hartz IV, Arbeitslosigkeit, Mobbing am Arbeitsplatz spricht, dann tut man etwas Gutes – Gutes für die Zuschauer -,und damit macht man auch gutes Fernsehen! "
So ganz freiwillig ist der Wandel der Privaten hin zu anspruchsvolleren Programmen mit Nutzwert nicht gekommen, denn nicht zuletzt die Werbeindustrie hatte sich beschwert, dass ihre Spots im Umfeld von "Bad TV" dem Produkt eher schaden als nützen. Good TV hingegen führt dazu, dass die Grenzen von Wissensmagazin und Werbespot fast verschwimmen.
Selbst die einst heilige Kuh des Daily Talks sind die Kommerziellen bereit, dem Good TV zu opfern. Die dienstälteste Talkshow im deutschen Nachmittagsfernsehen muss im kommenden Jahr einem neuen Mix aus Wissen, Service und Information weichen – zumindest für SAT.1 Neuland.
Schawinski: " Wir ersetzen Anfang des Jahres "Vera am Mittag" durch unser Mittagsmagazin "SAT.1 am Mittag" mit mehr Information, aber vor allem auch mit mehr Service. Wir glauben, wir können diese Lücke zwischen Frühstücksfernsehen und unseren Informationssendungen am Abend nicht belassen, sondern wir müssen hier etwas Großes hinsetzen. Anderthalb Stunden, von 11.30 Uhr bis 13 Uhr, versuchen wir genau diese Aspekte zu behandeln."
Beratung rund um's Heim und in Sachen Pflanzen. Die Sendung "SOS – Home und Garten" müsste auch Good TV sein, ist jedoch erstens nicht neu und läuft zweitens im hr fernsehen bei den Öffentlich-Rechtlichen. Warum ist so etwas dennoch kein Good TV, Martin Hoffmann, Vorstandsvorsitzender von MME Moviement in Berlin?
Hoffmann: " Das hängt vor allem an der Machart, an der Umsetzung, an der Dramaturgie, an der Besetzung, an der Geschwindigkeit, an der Schnelligkeit auch in diesem Genre. Die sind genrenmäßig zuordenbar, sind aber von ihrer gesamten Programmfarbe und von ihrer Programmdramaturgie, sagen wir: haben das Potenzial, sich zu optimieren. "
Optimierbar und "nicht so dolle" seien demnach auch das "ARD-Buffet" und "Volle Kanne – Service täglich" im ZDF. Zwar mögen diese beiden Sender derartige Formate zuerst entdeckt haben – die Privaten jedoch haben das Schlagwort Good TV eingeführt und dürfen deswegen entscheiden, was dazugehört. So einfach ist das.
Hoffmann: " Manchmal sucht man eben für bestimmte Trends eine Klammer, eine Bezeichnung. Ob man das jetzt Good TV nennen muss, nennen soll, oder ob man da Begriffe wie Home Improvement oder Dokutainment findet, das ist eine zweite Frage. "
Was der Hessische Rundfunk "SOS – Home und Garten" nennt und das N3 Fernsehen "Wohnträume", heißt bei RTL "Mein Garten oder Einsatz in 4 Wänden", und damit ist es Good TV – allein schon, weil beispielsweise das "Home-Improvement"-Programm bei RTL am Vorabend, "Einsatz in 4 Wänden", eben von Martin Hoffmanns MME-Produktionsfirma hergestellt wird. Und das soll auch noch eine Weile so bleiben.
Hoffmann: " Über die Lebensdauer von Formaten oder von Genres 'ne Prognose zu geben, ist immer schwierig. Es gibt ja schon ein paar Erfahrungswerte. Und die Programme, die gegenwärtig on Air sind, die gesendet werden in diesem Genre, die aus unserem Hause jetzt kommen, sind nachhaltig erfolgreich, sind zwei tägliche Programme und ein Prime-Time-Programm, die vom Zuschauer akzeptiert werden, und das deutet eben auf einen langen Lebenszyklus hin, weil sie für den Sender eine sichere Versorgung auch sind, und kein Sender gibt ein erfolgreiches Programm auf, so dass man sagen kann: ein Lebenszyklus – wenn Sie das etwas zeitlich präziser gefasst haben wollen – zwei Jahre."
Das ist die andere Good-TV-Sendung aus dem Hause MME: "Schmeckt nicht, gibt's nicht", die tägliche Koch-Show bei Vox. Kochen also wird zum Good TV, wenn es privat betrieben wird - also nicht in den eigenen vier Wänden, sondern im kommerziellen Fernsehen. Ein Schelm, wer denkt, hier habe jemand ein Schlagwort für bereits Bekanntes erfunden, weil alles andere schlicht durch – out – versendet ist. Auch Dschungel- und Container-Show, Quiz und Talk hatten nach zwei Jahren längst ihren Zenit überschritten. Wird Fernsehen gut, weil es sich selbst zum Good TV mit Daueranspruch ernennt? Wenn es so einfach wäre ... Friedrich Küppersbusch, einst öffentlich-rechtlich, heute privat, Geschäftsführer der Probono Fernsehproduktion:
" Ich glaube, dass man 'gutes Fernsehen' nicht definieren kann über möglichst moderne Attitude, sondern dass es auf die Inhalte ankommt, wenn wir nicht den großen, bunten Abend "Hab' Deine Ausländer lieb!" am Samstag um 20.15 Uhr machen, sondern wenn nicht in Deutschland geborene Bürger Fernsehen machen können. Das ist transparent und durchsichtig. Jetzt 'mal 'ne Modewelle zu machen "Seid lieb zu unseren Minderheiten, wollen noch'n paar Schwule, wollen noch'n paar Ausländer, wollen noch'n paar Behinderte", das ist kein gutes Fernsehen. Das ist der Missbrauch einer gesellschaftlichen Stimmung, um Quote zu machen. 'Gutes Fernsehen' ist transparent und durchgängig."
Nach "Welt der Wunder" also läuft "Total Science", darauf folgt "Wissen Extrem". Das Unterschichtenfernsehen RTL II entdeckt das Bildungsbürgertum.
Roger Schawinski: " Das Bedürfnis nach mehr verhaltensrelevanter Information steigt andauernd. Wenn man das richtig anbietet, in der richtigen Form verpackt, erreicht man auch im Privatfernsehen ein großes Publikum."
Spät erreicht diese Erkenntnis die Privaten, aber sie erreicht sie in diesen Tagen und Wochen, auch Roger Schawinski, den Geschäftsführer von SAT.1. Das, was heute von den Kommerziellen als Trend ausgemacht wird – also Information und Wissen leicht verpackt – haben die Öffentlich-Rechtlichen bereits seit Jahrzehnten vorgemacht. Was im ZDF früher "Die Knoff-hoff-Show" hieß, nennt sich bei SAT.1 heute "clever! – Die Show, die Wissen schafft". Abgeguckt und nachgemacht vielleicht, aber immerhin: "clever!" ist nicht Schmuddel, und Wissenserwerb ist besser als Containerfernsehen. Das ist gut. Eben Good TV.
Schawinski: " Good TV kann in jedem Format stattfinden. Natürlich in den Informationssendungen versucht man, die Leute näher an die Realität von heute heranzubringen, aber auch in einer Show wie "clever!", wo Information, Wissen vermittelt wird, findet das statt. Oder sogar in einer Telenovela, die allgemein als weltfremd gilt. Wenn man die Telenovela hier und heute ansiedelt und man auch über Hartz IV, Arbeitslosigkeit, Mobbing am Arbeitsplatz spricht, dann tut man etwas Gutes – Gutes für die Zuschauer -,und damit macht man auch gutes Fernsehen! "
So ganz freiwillig ist der Wandel der Privaten hin zu anspruchsvolleren Programmen mit Nutzwert nicht gekommen, denn nicht zuletzt die Werbeindustrie hatte sich beschwert, dass ihre Spots im Umfeld von "Bad TV" dem Produkt eher schaden als nützen. Good TV hingegen führt dazu, dass die Grenzen von Wissensmagazin und Werbespot fast verschwimmen.
Selbst die einst heilige Kuh des Daily Talks sind die Kommerziellen bereit, dem Good TV zu opfern. Die dienstälteste Talkshow im deutschen Nachmittagsfernsehen muss im kommenden Jahr einem neuen Mix aus Wissen, Service und Information weichen – zumindest für SAT.1 Neuland.
Schawinski: " Wir ersetzen Anfang des Jahres "Vera am Mittag" durch unser Mittagsmagazin "SAT.1 am Mittag" mit mehr Information, aber vor allem auch mit mehr Service. Wir glauben, wir können diese Lücke zwischen Frühstücksfernsehen und unseren Informationssendungen am Abend nicht belassen, sondern wir müssen hier etwas Großes hinsetzen. Anderthalb Stunden, von 11.30 Uhr bis 13 Uhr, versuchen wir genau diese Aspekte zu behandeln."
Beratung rund um's Heim und in Sachen Pflanzen. Die Sendung "SOS – Home und Garten" müsste auch Good TV sein, ist jedoch erstens nicht neu und läuft zweitens im hr fernsehen bei den Öffentlich-Rechtlichen. Warum ist so etwas dennoch kein Good TV, Martin Hoffmann, Vorstandsvorsitzender von MME Moviement in Berlin?
Hoffmann: " Das hängt vor allem an der Machart, an der Umsetzung, an der Dramaturgie, an der Besetzung, an der Geschwindigkeit, an der Schnelligkeit auch in diesem Genre. Die sind genrenmäßig zuordenbar, sind aber von ihrer gesamten Programmfarbe und von ihrer Programmdramaturgie, sagen wir: haben das Potenzial, sich zu optimieren. "
Optimierbar und "nicht so dolle" seien demnach auch das "ARD-Buffet" und "Volle Kanne – Service täglich" im ZDF. Zwar mögen diese beiden Sender derartige Formate zuerst entdeckt haben – die Privaten jedoch haben das Schlagwort Good TV eingeführt und dürfen deswegen entscheiden, was dazugehört. So einfach ist das.
Hoffmann: " Manchmal sucht man eben für bestimmte Trends eine Klammer, eine Bezeichnung. Ob man das jetzt Good TV nennen muss, nennen soll, oder ob man da Begriffe wie Home Improvement oder Dokutainment findet, das ist eine zweite Frage. "
Was der Hessische Rundfunk "SOS – Home und Garten" nennt und das N3 Fernsehen "Wohnträume", heißt bei RTL "Mein Garten oder Einsatz in 4 Wänden", und damit ist es Good TV – allein schon, weil beispielsweise das "Home-Improvement"-Programm bei RTL am Vorabend, "Einsatz in 4 Wänden", eben von Martin Hoffmanns MME-Produktionsfirma hergestellt wird. Und das soll auch noch eine Weile so bleiben.
Hoffmann: " Über die Lebensdauer von Formaten oder von Genres 'ne Prognose zu geben, ist immer schwierig. Es gibt ja schon ein paar Erfahrungswerte. Und die Programme, die gegenwärtig on Air sind, die gesendet werden in diesem Genre, die aus unserem Hause jetzt kommen, sind nachhaltig erfolgreich, sind zwei tägliche Programme und ein Prime-Time-Programm, die vom Zuschauer akzeptiert werden, und das deutet eben auf einen langen Lebenszyklus hin, weil sie für den Sender eine sichere Versorgung auch sind, und kein Sender gibt ein erfolgreiches Programm auf, so dass man sagen kann: ein Lebenszyklus – wenn Sie das etwas zeitlich präziser gefasst haben wollen – zwei Jahre."
Das ist die andere Good-TV-Sendung aus dem Hause MME: "Schmeckt nicht, gibt's nicht", die tägliche Koch-Show bei Vox. Kochen also wird zum Good TV, wenn es privat betrieben wird - also nicht in den eigenen vier Wänden, sondern im kommerziellen Fernsehen. Ein Schelm, wer denkt, hier habe jemand ein Schlagwort für bereits Bekanntes erfunden, weil alles andere schlicht durch – out – versendet ist. Auch Dschungel- und Container-Show, Quiz und Talk hatten nach zwei Jahren längst ihren Zenit überschritten. Wird Fernsehen gut, weil es sich selbst zum Good TV mit Daueranspruch ernennt? Wenn es so einfach wäre ... Friedrich Küppersbusch, einst öffentlich-rechtlich, heute privat, Geschäftsführer der Probono Fernsehproduktion:
" Ich glaube, dass man 'gutes Fernsehen' nicht definieren kann über möglichst moderne Attitude, sondern dass es auf die Inhalte ankommt, wenn wir nicht den großen, bunten Abend "Hab' Deine Ausländer lieb!" am Samstag um 20.15 Uhr machen, sondern wenn nicht in Deutschland geborene Bürger Fernsehen machen können. Das ist transparent und durchsichtig. Jetzt 'mal 'ne Modewelle zu machen "Seid lieb zu unseren Minderheiten, wollen noch'n paar Schwule, wollen noch'n paar Ausländer, wollen noch'n paar Behinderte", das ist kein gutes Fernsehen. Das ist der Missbrauch einer gesellschaftlichen Stimmung, um Quote zu machen. 'Gutes Fernsehen' ist transparent und durchgängig."