Grüne Führungsspitze

Übernimmt Habeck die Hauptrolle?

09:38 Minuten
Das Grünen-Duo Annalena Baerbock und Robert Habeck.
Nach der Bundestagswahl hat sich das Miteinander des grünen Führungsduos Annalena Baerbock und Robert Habeck sichtbar verändert. © picture alliance / AP / John MacDougall
Ulrike Winkelmann im Gespräch mit Korbinian Frenzel  · 30.09.2021
Audio herunterladen
Der veränderte Umgang von Annalena Baerbock und Robert Habeck nach der Bundestagswahl fällt vielen auf. Es erwecke den Eindruck, dass von Männern gesetzte Regeln schnell wieder zuschnappten, sagt taz-Chefredakteurin Ulrike Winkelmann über das Duo.
Seit der Bundestagswahl ist beim Führungsduo der Grünen eine deutliche Machtverschiebung sichtbar. "Robert Habeck spricht, er gibt die Leitlinien vor, er setzt den Rahmen", sagt die taz-Chefredakteurin Ulrike Winkelmann. "Das ist überdeutlich."

Die Rolle von Annalena Baerbock

Die Grünen waren bei der Wahl mit 14,8 Prozent unter ihren Erwartungen geblieben. Einige Stimmen lasten das der Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock an, der es auch nicht gelungen war, in ihrem Wahlkreis in Potsdam das Direktmandat zu erringen.
"Das erweckt jetzt den Eindruck, dass von Männern gesetzte Regeln so schnell zuschnappen, dass man nicht papp sagen kann zwischendurch", sagt Winkelmann. Da helfe es nicht, dass von Vorabsprachen zwischen Habeck und Baerbock die Rede sei. "In diesem Moment entsteht der Eindruck, die Baerbock hat die Wahl versemmelt und jetzt kann 'endlich' der Mann wieder dran, der das ohnehin besser gekonnt hätte."
Die Grünen seien eigentlich Meister darin, Eindrücke entstehen zu lassen, die so auch entstehen sollen. "Hier haben sie aber komplett danebengegriffen." Dabei sei nicht klar, wer eigentlich gegenüber den Medien durchgestochen habe, dass Habeck Vizekanzler werden soll. Da die Grünen es nie dementiert hätten, hält Winkelmann es für wahrscheinlich.


Im Wahlkampf von Baerbock seien immer wieder Elemente von Sexismus erkennbar gewesen, sagt Winkelmann. Es stelle sich auch die Frage, ob ein Mann auch so behandelt worden wäre. Das habe auch daran gelegen, dass Baerbock noch kein ausgeprägtes politisches Profil hatte. "Sie war neu und dann wird sie an bestimmten Kanten auch noch aufmerksamer beäugt und dann eben umso harscher kritisiert." Baerbock sei so angegriffen worden, wie man einen Mann vermutlich nicht attackieren würde.

Laschets Lacher

Bei dem CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet habe es eine vergleichbare Kritik erst gegeben, nachdem eine Abwärtsspirale bereits in Gang gesetzt gewesen sei, sagt die taz-Journalistin. Ihm habe vor allem das Bild von seinem Lacher im Ahrtal geschadet, sodass er danach angreifbar geworden sei. Einer Frau wie Baerbock werde dagegen auch noch ihre Stimme vorgeworfen oder wie sie sich als Mutter präsentiere.

Ulrike Winkelmann ist gemeinsam mit Barbara Junge Chefredakteurin der Zeitung "taz". Von 2014 bis 2020 arbeitete sie für den Deutschlandfunk. Davor war sie bei der " taz" als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin und Inlandsressortleiterin tätig. Zwischendurch arbeitete sie ein Jahr lang als Politikchefin bei der Wochenzeitung "Freitag".

Mehr zum Thema