Grenzgänger zwischen Musik und Physik
Musik ist etwas Persönliches. Sie kann Fragen stellen, in Frage stellen, Gefühle ausdrücken und sich tastend auf die Suche nach Ausdrucksmöglichkeiten machen. Bojan Vuletić, geboren 1971 in Belgrad, aufgewachsen in Düsseldorf, ist ein Musiker und Komponist, der genau das immer wieder versucht.
Musik - Windstück
Wenn der Wind weht in Hilterfingen am Thunersee in der Schweiz, ertönt eine sphärische Musik am Ufer. Die Töne kommen aus einer Skulptur aus dunklem Granit, die Bojan Vuletić 2009 mit einer anderen Künstlerin zusammen entworfen hat. Der Wind komponiert in dem Hohlkörper der schwarzen Stele ein sich ständig änderndes Lied.
"Mich interessiert halt das Neue, das andere. Und dementsprechend ist es wahrscheinlich auch nur logisch, dass ich dann in diese Kompositionsrichtung gegangen bin. Also ich reproduzier nicht so gerne."
Bojan Vuletić lernte als Kind zunächst Geige und Gitarre, als Erwachsener studierte er Jazzgitarre an der Hochschule der Künste in Arnheim. Obwohl der Weg zur Musik damit für ihn nahelag, nahm sein Werdegang zunächst eine völlig andere Richtung.
"Warum müssen wir unbedingt über Astrophysik sprechen? Nee, gerne. Ich bin nur nicht mehr ... Es ist ein altes Leben."
Nach seinem Abitur in Düsseldorf ging er nach München, um dort Physik zu studieren. Seine Diplomarbeit schrieb er über entfernte Galaxien. Ein Leben, das für den 41-jährigen Familienvater bereits 16 Jahre zurückliegt.
"Zu der Zeit, als ich mich entscheiden musste, wo ich studiere, habe ich bestimmte Leute sehr gern gelesen und wollte eigentlich Philosophie studieren, und dann hab ich gemerkt, dass so Bertrand Russel und so Leute halt so eine gewisse Klarheit im Denken haben, die mich instinktiv angesprochen hat, und dann hab ich rausgefunden, dass die eben Physik oder Mathematik vorher studiert haben, und dann dachte ich so: Ach, ein bisschen klarer Denken lernen ist vielleicht nicht schlecht."
Musik - Me all birds
Geboren in Belgrad im ehemaligen Jugoslawien, zog der Vater aus beruflichen Gründen mit seiner Familie nach Venezuela. Mit fünf kommt Bojan nach Deutschland, den Kopf voller Erinnerungen an Südamerika und an seine Heimat.
Musik - Bilja Krstic: Jana i Turcin
Musikalisch begleiten ihn bestimmte Rhythmen und traditionelle Melodien des Balkans bis heute.
"Das beschreibt es eigentlich ganz schön, weil es eine ganz eigene musikalische Logik hat, zum Beispiel diese Rufe, die da noch rausbrechen. In der klassischen, abendländischen Musik würde das so nicht passieren. Und das sind so Sachen, wo es immer wieder Klick macht, wenn ich so Sachen hör."
Die vielen Grenzüberschreitungen in seinem Leben haben Spuren bei Bojan Vuletić hinterlassen. Er liebt das Polyfone, den Zusammenklang verschiedener, eigenständiger Stimmen in der Musik. Und er sucht für seine Projekte gern die Zusammenarbeit mit internationalen Künstlern aus dem Balkan, den USA, Südkorea, Holland oder Spanien.
Musik - Estoy Aqui
Seine Werke komponiert und mischt Bojan in seinem Haus in Düsseldorf-Niederkassel. Hier hat er sich unter dem Dach ein kleines Studio eingerichtet, und unter dem Namen "Ignoring gravity" eine Plattform für neue und ungewöhnliche Musik ins Leben gerufen.
An der Wand hängt die Silhouette eines Astronauten, und der Screensaver über dem Mischpult zeigt im Wechsel Aufnahmen von Planeten und Sternennebeln. Der Wunsch, mit seiner Arbeit die Schwerkraft aufzuheben, wurde in ihm wach, als er den russisch-amerikanischen Tänzer Mikhail Baryshnikov in einem Film sah.
"Er ist in die Luft gesprungen und ist einfach länger in der Luft geblieben, als es erlaubt ist. Für einen Augenblick ist da die Magie quasi in seine Kunst reingekrochen und hat ihm erlaubt, die Gesetze der Physik oder die Naturgesetze für einen Augenblick aufzuweichen. Also irgendwie schlüpft da die Magie rein, und die große Frage ist: Wie passiert das?
Und das ist auch in der Kunst für mich die zentrale Frage. Und dementsprechend war dieser Gedanke von mir, weg von der Astrophysik zur Musik, war eigentlich: Ignoring gravity; also die Schwerkraft ein bisschen zu ignorieren."
Bojans Musik wirkt oft reduziert, minimalistisch, fast improvisiert. Er komponiert für Theateraufführungen und Kunstevents, und wenn die Zeit es zulässt, arbeitet er an einem neuen persönlichen Zyklus.
"Also ich habe eine Reihe begonnen, die heißt Recomposing Art, wo ich verschiedene Künstler, zwölf sind angedacht - Künstler, die mich jetzt persönlich subjektiv begeistern, berühren, bewegt haben oder immer noch tun - dass ich die nehme und die Wirkung dieser Werke auf mich, die völlig subjektive Wirkung auf mich, dazu führt, dass ich etwas Neues komponiere."
Nach einer Hommage an den Dichter Paul Celan und den Maler Gerhard Richter steht als nächstes der Schriftsteller Boris Vian auf dem Programm. Keine Musik für jedermann. Oder für die Charts. Aber da wollte Bojan Vuletić sowieso nie hin.
"Ich glaube, dass das Glück in der Nische liegt, da bin ich überzeugt von. Also ich glaube, wenn jemand ernsthaft Musik oder Kunst betreibt und da eine Vision hat, dann wird es auch mit Sicherheit ein paar zehntausend Menschen geben, die das berührt und anspricht.
Man muss diese Menschen halt versuchen zu erreichen, und umgekehrt auch: Die Menschen, die das hören wollen, die suchen ja auch das, was sie berührt. Im Idealfall klappt das, dass man sich findet."
Wenn der Wind weht in Hilterfingen am Thunersee in der Schweiz, ertönt eine sphärische Musik am Ufer. Die Töne kommen aus einer Skulptur aus dunklem Granit, die Bojan Vuletić 2009 mit einer anderen Künstlerin zusammen entworfen hat. Der Wind komponiert in dem Hohlkörper der schwarzen Stele ein sich ständig änderndes Lied.
"Mich interessiert halt das Neue, das andere. Und dementsprechend ist es wahrscheinlich auch nur logisch, dass ich dann in diese Kompositionsrichtung gegangen bin. Also ich reproduzier nicht so gerne."
Bojan Vuletić lernte als Kind zunächst Geige und Gitarre, als Erwachsener studierte er Jazzgitarre an der Hochschule der Künste in Arnheim. Obwohl der Weg zur Musik damit für ihn nahelag, nahm sein Werdegang zunächst eine völlig andere Richtung.
"Warum müssen wir unbedingt über Astrophysik sprechen? Nee, gerne. Ich bin nur nicht mehr ... Es ist ein altes Leben."
Nach seinem Abitur in Düsseldorf ging er nach München, um dort Physik zu studieren. Seine Diplomarbeit schrieb er über entfernte Galaxien. Ein Leben, das für den 41-jährigen Familienvater bereits 16 Jahre zurückliegt.
"Zu der Zeit, als ich mich entscheiden musste, wo ich studiere, habe ich bestimmte Leute sehr gern gelesen und wollte eigentlich Philosophie studieren, und dann hab ich gemerkt, dass so Bertrand Russel und so Leute halt so eine gewisse Klarheit im Denken haben, die mich instinktiv angesprochen hat, und dann hab ich rausgefunden, dass die eben Physik oder Mathematik vorher studiert haben, und dann dachte ich so: Ach, ein bisschen klarer Denken lernen ist vielleicht nicht schlecht."
Musik - Me all birds
Geboren in Belgrad im ehemaligen Jugoslawien, zog der Vater aus beruflichen Gründen mit seiner Familie nach Venezuela. Mit fünf kommt Bojan nach Deutschland, den Kopf voller Erinnerungen an Südamerika und an seine Heimat.
Musik - Bilja Krstic: Jana i Turcin
Musikalisch begleiten ihn bestimmte Rhythmen und traditionelle Melodien des Balkans bis heute.
"Das beschreibt es eigentlich ganz schön, weil es eine ganz eigene musikalische Logik hat, zum Beispiel diese Rufe, die da noch rausbrechen. In der klassischen, abendländischen Musik würde das so nicht passieren. Und das sind so Sachen, wo es immer wieder Klick macht, wenn ich so Sachen hör."
Die vielen Grenzüberschreitungen in seinem Leben haben Spuren bei Bojan Vuletić hinterlassen. Er liebt das Polyfone, den Zusammenklang verschiedener, eigenständiger Stimmen in der Musik. Und er sucht für seine Projekte gern die Zusammenarbeit mit internationalen Künstlern aus dem Balkan, den USA, Südkorea, Holland oder Spanien.
Musik - Estoy Aqui
Seine Werke komponiert und mischt Bojan in seinem Haus in Düsseldorf-Niederkassel. Hier hat er sich unter dem Dach ein kleines Studio eingerichtet, und unter dem Namen "Ignoring gravity" eine Plattform für neue und ungewöhnliche Musik ins Leben gerufen.
An der Wand hängt die Silhouette eines Astronauten, und der Screensaver über dem Mischpult zeigt im Wechsel Aufnahmen von Planeten und Sternennebeln. Der Wunsch, mit seiner Arbeit die Schwerkraft aufzuheben, wurde in ihm wach, als er den russisch-amerikanischen Tänzer Mikhail Baryshnikov in einem Film sah.
"Er ist in die Luft gesprungen und ist einfach länger in der Luft geblieben, als es erlaubt ist. Für einen Augenblick ist da die Magie quasi in seine Kunst reingekrochen und hat ihm erlaubt, die Gesetze der Physik oder die Naturgesetze für einen Augenblick aufzuweichen. Also irgendwie schlüpft da die Magie rein, und die große Frage ist: Wie passiert das?
Und das ist auch in der Kunst für mich die zentrale Frage. Und dementsprechend war dieser Gedanke von mir, weg von der Astrophysik zur Musik, war eigentlich: Ignoring gravity; also die Schwerkraft ein bisschen zu ignorieren."
Bojans Musik wirkt oft reduziert, minimalistisch, fast improvisiert. Er komponiert für Theateraufführungen und Kunstevents, und wenn die Zeit es zulässt, arbeitet er an einem neuen persönlichen Zyklus.
"Also ich habe eine Reihe begonnen, die heißt Recomposing Art, wo ich verschiedene Künstler, zwölf sind angedacht - Künstler, die mich jetzt persönlich subjektiv begeistern, berühren, bewegt haben oder immer noch tun - dass ich die nehme und die Wirkung dieser Werke auf mich, die völlig subjektive Wirkung auf mich, dazu führt, dass ich etwas Neues komponiere."
Nach einer Hommage an den Dichter Paul Celan und den Maler Gerhard Richter steht als nächstes der Schriftsteller Boris Vian auf dem Programm. Keine Musik für jedermann. Oder für die Charts. Aber da wollte Bojan Vuletić sowieso nie hin.
"Ich glaube, dass das Glück in der Nische liegt, da bin ich überzeugt von. Also ich glaube, wenn jemand ernsthaft Musik oder Kunst betreibt und da eine Vision hat, dann wird es auch mit Sicherheit ein paar zehntausend Menschen geben, die das berührt und anspricht.
Man muss diese Menschen halt versuchen zu erreichen, und umgekehrt auch: Die Menschen, die das hören wollen, die suchen ja auch das, was sie berührt. Im Idealfall klappt das, dass man sich findet."