Ein "Jugo" in Deutschland
Er wollte drei Monate in Deutschland bleiben. Es wurden 20 Jahre. In seinem Hörbuch "Der Balkanizer", benannt nach seiner Sendung "Balkanizer" im WDR, erzählt der Musiker und Moderator Danko Rabrenovic aus Serbien von seinem "Abo" bei der Ausländerbehörde - und dem schwierigen Verhältnis zur alten Heimat.
"Am glücklichsten bin ich, wenn ich im Flugzeug sitze, egal in welche Richtung!"
Dieser Satz bringt das Dilemma auf den Punkt: Aus der Ferne denkt der Exilant wehmütig an die verlorene Heimat. Kaum ist er dort, möchte er nur schnell wieder weg. "Zwischen zwei Welten" heißt die zentrale Geschichte des "Balkanizers" Danko Rabrenovic.
"Ich bin ein in Düsseldorf lebender Jugo, mit serbischem und kroatischem Pass. In meinem Fall heißt es also: Am glücklichsten bin ich, wenn ich im Flugzeug zwischen Deutschland und dem Balkan sitze, egal in welche Richtung…"
Im August 1991 sitzt Danko Rabrenovic erstmal im Flugzeug Richtung Deutschland. 22 Jahre alt, flüchtet er vor dem Kriegsdienst in seiner jugoslawischen Heimat. Drei Monate will Danko höchstens bleiben. Jahre vergehen, bis er Serbien wiedersieht.
"Die ersten Wochen und Monate waren furchtbar. Ich hatte ein glückliches Leben in Belgrad zurückgelassen, meine Familie, meine Freundin Vesna, mit der ich schon seit fünf Jahren zusammen war, meine Freunde, meine Band Amadis, wir hatten eine Platte bei einem Major Label herausgebracht und wollten gerade so richtig durchstarten."
Daraus wird aber nichts. Auf CNN darf Danko Rabrenovic live mitverfolgen, wie sein Land auseinanderbricht. Wie sich Jugoslawen plötzlich nur noch als Serben oder als Bosnier fühlen. Schwierig, wenn die Mutter Kroatin und der Vater Serbe ist.
"Wen sollte ich also zuerst umbringen, zuerst meine Mutter oder zuerst meinen Vater?"
Auch wenn vieles nervt in Deutschland: das 16 Jahre währende "Abo" bei der Ausländerbehörde, das "Emanzipationsgetue" deutscher Frauen, die sich nicht in den Mantel helfen lassen wollen; die Sitte, getrennt zu zahlen im Restaurant ... man gewöhnt sich dran. Zum fremden Land wird umgekehrt das neue Serbien. Rabrenovic erlebt es auf seinen vielen Besuchen ab Mitte der 90er Jahre und erzählt hier anschaulich davon: von den Kriminellen und Halbgebildeten an der Macht, von der Korruption, der Volksverdummung. Etwa durch den Turbo-Folk, eine seichte Mischung aus jugoslawischem Schlager, Volksmusik und Techno:
"Den Menschen in Serbien wurde eine rosarote Welt vorgegaukelt. Turbofolk passte sehr gut zu Milosevics Strategie, das Volk abzulenken. Es war sozusagen die Begleitmusik des Krieges."
Der Serbien-Kritiker bleibt trotz allem Patriot. Ein überzeugender "Balkanizer", - die Anspielung auf den Womanizer spricht Bände! Voller Charme und mit einnehmend sonorer Stimme schwärmt er von seiner Heimat. Von der jugoslawischen Küche, vom Humor auf dem Balkan, vom Reichtum des Fluch-Vokabulars. Und von der wunderbaren Musik seines Landes: gerade als Sänger kann Danko hier mit seinem Talent als "Womanizer/Balkanizer" so richtig punkten.
Schade, dass es nicht noch mehr Konzerteinlagen auf dem Hörbuch gibt. Eine kleine Mogelpackung, wenn explizit mit dem Autor und Musiker Danko Rabrenovic geworben wird. Über Musik kann er immerhin gut reden. Und erst recht perfekt seine leichtfüßigen Texte präsentieren. Sie tragen wunderbare Titel wie "Integration ohne Mutation" "Verein! Sonst allein!" oder: "Mein deutsches Frühstückstrauma". Gut zwei Dutzend Miniaturen in der Länge von drei bis acht Minuten, die den Deutschen den Spiegel vorhalten, vor allem aber sehr humorvoll über das Lebensgefühl eines "Jugos" in Deutschland erzählen. Das erinnert durchaus an den russischen Kollegen Wladimir Kaminer, mit dem Danko Rabrenovic auch schon auf der Bühne stand:
"Wir spielten gerade das Lied 'Malciki', darin gab es auch eine Strophe auf Russisch, die übernahm Kaminer. Ich stellte ihn vor, er legte los und rappte 16 Takte auf Russisch. Auch das ist Deutschland: Ein Berliner Russe und vier Düsseldorfer Balkanesen interpretieren im Ruhrgebiet gemeinsam ein 20 Jahre altes jugoslawisches New Wave Stück, bei dessen Entstehung sie noch in Moskau und Belgrad gelebt hatten."
Danko Rabrenovic: Der Balkanizer
Random House, zwei CD´s
Circa 132 Minuten Gesamtspielzeit
12,99 Euro
Dieser Satz bringt das Dilemma auf den Punkt: Aus der Ferne denkt der Exilant wehmütig an die verlorene Heimat. Kaum ist er dort, möchte er nur schnell wieder weg. "Zwischen zwei Welten" heißt die zentrale Geschichte des "Balkanizers" Danko Rabrenovic.
"Ich bin ein in Düsseldorf lebender Jugo, mit serbischem und kroatischem Pass. In meinem Fall heißt es also: Am glücklichsten bin ich, wenn ich im Flugzeug zwischen Deutschland und dem Balkan sitze, egal in welche Richtung…"
Im August 1991 sitzt Danko Rabrenovic erstmal im Flugzeug Richtung Deutschland. 22 Jahre alt, flüchtet er vor dem Kriegsdienst in seiner jugoslawischen Heimat. Drei Monate will Danko höchstens bleiben. Jahre vergehen, bis er Serbien wiedersieht.
"Die ersten Wochen und Monate waren furchtbar. Ich hatte ein glückliches Leben in Belgrad zurückgelassen, meine Familie, meine Freundin Vesna, mit der ich schon seit fünf Jahren zusammen war, meine Freunde, meine Band Amadis, wir hatten eine Platte bei einem Major Label herausgebracht und wollten gerade so richtig durchstarten."
Daraus wird aber nichts. Auf CNN darf Danko Rabrenovic live mitverfolgen, wie sein Land auseinanderbricht. Wie sich Jugoslawen plötzlich nur noch als Serben oder als Bosnier fühlen. Schwierig, wenn die Mutter Kroatin und der Vater Serbe ist.
"Wen sollte ich also zuerst umbringen, zuerst meine Mutter oder zuerst meinen Vater?"
Auch wenn vieles nervt in Deutschland: das 16 Jahre währende "Abo" bei der Ausländerbehörde, das "Emanzipationsgetue" deutscher Frauen, die sich nicht in den Mantel helfen lassen wollen; die Sitte, getrennt zu zahlen im Restaurant ... man gewöhnt sich dran. Zum fremden Land wird umgekehrt das neue Serbien. Rabrenovic erlebt es auf seinen vielen Besuchen ab Mitte der 90er Jahre und erzählt hier anschaulich davon: von den Kriminellen und Halbgebildeten an der Macht, von der Korruption, der Volksverdummung. Etwa durch den Turbo-Folk, eine seichte Mischung aus jugoslawischem Schlager, Volksmusik und Techno:
"Den Menschen in Serbien wurde eine rosarote Welt vorgegaukelt. Turbofolk passte sehr gut zu Milosevics Strategie, das Volk abzulenken. Es war sozusagen die Begleitmusik des Krieges."
Der Serbien-Kritiker bleibt trotz allem Patriot. Ein überzeugender "Balkanizer", - die Anspielung auf den Womanizer spricht Bände! Voller Charme und mit einnehmend sonorer Stimme schwärmt er von seiner Heimat. Von der jugoslawischen Küche, vom Humor auf dem Balkan, vom Reichtum des Fluch-Vokabulars. Und von der wunderbaren Musik seines Landes: gerade als Sänger kann Danko hier mit seinem Talent als "Womanizer/Balkanizer" so richtig punkten.
Schade, dass es nicht noch mehr Konzerteinlagen auf dem Hörbuch gibt. Eine kleine Mogelpackung, wenn explizit mit dem Autor und Musiker Danko Rabrenovic geworben wird. Über Musik kann er immerhin gut reden. Und erst recht perfekt seine leichtfüßigen Texte präsentieren. Sie tragen wunderbare Titel wie "Integration ohne Mutation" "Verein! Sonst allein!" oder: "Mein deutsches Frühstückstrauma". Gut zwei Dutzend Miniaturen in der Länge von drei bis acht Minuten, die den Deutschen den Spiegel vorhalten, vor allem aber sehr humorvoll über das Lebensgefühl eines "Jugos" in Deutschland erzählen. Das erinnert durchaus an den russischen Kollegen Wladimir Kaminer, mit dem Danko Rabrenovic auch schon auf der Bühne stand:
"Wir spielten gerade das Lied 'Malciki', darin gab es auch eine Strophe auf Russisch, die übernahm Kaminer. Ich stellte ihn vor, er legte los und rappte 16 Takte auf Russisch. Auch das ist Deutschland: Ein Berliner Russe und vier Düsseldorfer Balkanesen interpretieren im Ruhrgebiet gemeinsam ein 20 Jahre altes jugoslawisches New Wave Stück, bei dessen Entstehung sie noch in Moskau und Belgrad gelebt hatten."
Danko Rabrenovic: Der Balkanizer
Random House, zwei CD´s
Circa 132 Minuten Gesamtspielzeit
12,99 Euro