Gipfeltreffen der Gegenwartskunst
In Dresden sind Ausstellungen von den beiden vielleicht bedeutendsten deutschen Malern zu sehen: Georg Baselitz und Gerhard Richter. Beide sind in Sachsen geboren, beide verließen die DDR vor dem Mauerbau und schlugen künstlerisch ganz unterschiedliche Wege ein.
"Die Akustik ist wunderbar, wirklich. Auch in meinem Kopf findet etwas statt, was einfach akustisch voll funktioniert."
Sie streiten, lachen, höhnen, schmeicheln. In der temperamentvollen Ausstellung "Hintergrundgeschichten" von Georg Baselitz können die Besucher dem lebhaften Dialog der Bilder lauschen. Der Künstler hat zwölf Werke aus der Dresdner Sammlung Alter Meister ausgewählt. 1956, mit achtzehn Jahren, sah er diese Gemälde zum ersten Mal, nachdem die Sowjetunion sie an die DDR zurückgegeben hatte.
Nun kann man in der Gegenüberstellung studieren, wie Georg Baselitz seine Kunst auf diesem Bilderfundament aufbaut. Blattlos und winterbraun, mit einer knorrigen Eiche im Zentrum malt Ferdinand von Rayski um 1859 den Wermsdorfer Wald. Eine Rayski-Reproduktion hing in der Schule von Georg Baselitz:
"Als ich angefangen habe, die Bilder verkehrt herum zu malen, 1969, brauchte ich ja ein Modell für diesen Gegenstand verkehrt herum. Und dann habe ich nicht lange nachgedacht, ich habe einfach Rayski genommen und zwar dieses wenn Sie so wollen, belanglose Landschaftsbild und das ist der so genannte Wald auf dem Kopf."
Sie streiten, lachen, höhnen, schmeicheln. In der temperamentvollen Ausstellung "Hintergrundgeschichten" von Georg Baselitz können die Besucher dem lebhaften Dialog der Bilder lauschen. Der Künstler hat zwölf Werke aus der Dresdner Sammlung Alter Meister ausgewählt. 1956, mit achtzehn Jahren, sah er diese Gemälde zum ersten Mal, nachdem die Sowjetunion sie an die DDR zurückgegeben hatte.
Nun kann man in der Gegenüberstellung studieren, wie Georg Baselitz seine Kunst auf diesem Bilderfundament aufbaut. Blattlos und winterbraun, mit einer knorrigen Eiche im Zentrum malt Ferdinand von Rayski um 1859 den Wermsdorfer Wald. Eine Rayski-Reproduktion hing in der Schule von Georg Baselitz:
"Als ich angefangen habe, die Bilder verkehrt herum zu malen, 1969, brauchte ich ja ein Modell für diesen Gegenstand verkehrt herum. Und dann habe ich nicht lange nachgedacht, ich habe einfach Rayski genommen und zwar dieses wenn Sie so wollen, belanglose Landschaftsbild und das ist der so genannte Wald auf dem Kopf."
Baselitz' Malerei gewinnt an Witz und Leidenschaft
Für die Ausstellung in den rohen, unsanierten Sälen des Dresdner Residenzschlosses hat Georg Baselitz die Originale der Alten Meister reproduzieren und auf die Größe seiner eigenen Gemälde aufziehen lassen. Das Doppelporträt "Meine Eltern" zeigt den Vater mit Hitlerbärtchen.
Das Bild entstand ursprünglich nach einer Vorlage von Otto Dix, die heute in Basel hängt. Doch in Dresden fand der Künstler ein ähnliches Elternporträt des Dix-Schülers Curt Querner. Jetzt bilden die Paare einen unheimlichen Gegensatz zwischen Proletariat und Kleinbürgertum.
"Das war die Kultur des Proletkults und deshalb sind die Eltern bäurisch geraten. Und die Hände so groß. Dieses Zitat habe ich ganz einfach übernommen. Mein Vater war Lehrer, meine Mutter war Lehrerin und so große Hände hat mein Vater nicht, sondern das ist ein Bildzitat, Hitlerbärtchen, mein Vater war Nazi, mein Vater hat als Nazi im Gefängnis gesessen und so weiter, alle Zitate sind begründbar."
Zwar lassen sich bei diesem faszinierenden Blick auf den Entstehungsprozess auch die Versatzstücke erkennen. Aber in der Auseinandersetzung mit den Autoritäten gewinnt die Malerei von Georg Baselitz an Witz und Leidenschaft. Auf Raffaels Sixtinische Madonna antwortet er mit einem Hundebild. Ein Vorhang rahmt die spielende Meute. Im Zentrum klafft ein weißes Loch. Wo Raffael Anbetung fordert, läßt Baselitz frech einen blinden Fleck.
"Es gibt keine Bilder ohne das Nichts. Das heißt, dass ein Bild nur sein kann in Abwesenheit, von dem was es zeigt. Denn ein Bild gibt uns nicht die Madonna selbst, sondern das Abbild. Das heißt grundsätzlich zur Kunst, in dem Moment, wenn sie Bild ist, gehört, dass etwas abwesend sein muss."
Hartwig Fischer, der Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, nennt den Maler einen Augenprofi mit gusseisernem Gedächtnis. Die "Hintergrundgeschichten" erzählen von der Treue zu Bildern, vom Vertrauen ins Sehen.
Das Bild entstand ursprünglich nach einer Vorlage von Otto Dix, die heute in Basel hängt. Doch in Dresden fand der Künstler ein ähnliches Elternporträt des Dix-Schülers Curt Querner. Jetzt bilden die Paare einen unheimlichen Gegensatz zwischen Proletariat und Kleinbürgertum.
"Das war die Kultur des Proletkults und deshalb sind die Eltern bäurisch geraten. Und die Hände so groß. Dieses Zitat habe ich ganz einfach übernommen. Mein Vater war Lehrer, meine Mutter war Lehrerin und so große Hände hat mein Vater nicht, sondern das ist ein Bildzitat, Hitlerbärtchen, mein Vater war Nazi, mein Vater hat als Nazi im Gefängnis gesessen und so weiter, alle Zitate sind begründbar."
Zwar lassen sich bei diesem faszinierenden Blick auf den Entstehungsprozess auch die Versatzstücke erkennen. Aber in der Auseinandersetzung mit den Autoritäten gewinnt die Malerei von Georg Baselitz an Witz und Leidenschaft. Auf Raffaels Sixtinische Madonna antwortet er mit einem Hundebild. Ein Vorhang rahmt die spielende Meute. Im Zentrum klafft ein weißes Loch. Wo Raffael Anbetung fordert, läßt Baselitz frech einen blinden Fleck.
"Es gibt keine Bilder ohne das Nichts. Das heißt, dass ein Bild nur sein kann in Abwesenheit, von dem was es zeigt. Denn ein Bild gibt uns nicht die Madonna selbst, sondern das Abbild. Das heißt grundsätzlich zur Kunst, in dem Moment, wenn sie Bild ist, gehört, dass etwas abwesend sein muss."
Hartwig Fischer, der Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, nennt den Maler einen Augenprofi mit gusseisernem Gedächtnis. Die "Hintergrundgeschichten" erzählen von der Treue zu Bildern, vom Vertrauen ins Sehen.
Richters gläsernes Kartenhaus spiegelt sein Leben
Ein paar Schritte weiter im Albertinum erschüttert dagegen Gerhard Richter mit der Ausstellung "Streifen und Glas" die Verlässlichkeit der Wahrnehmung. Feine flirrende Farbstreifen dehnen sich über eine Breite von zehn Metern. Aus der Entfernung lassen sich die Linien kaum trennen, aus der Nähe wölbt sich der Horizont schwindelerregend. Für Hartwig Fischer ein Bild des Unfassbaren.
"Als Betrachter stehen Sie vor einer eigentlich unbegreifbaren Situation. Sie können nie das Ganze, die Totalität dieses Bildes in den Blick nehmen. Das entzieht sich Ihnen. Einmal durch diese unendliche Vielfalt der Linie, und dadurch dass sie horizontal aus dem Blickfeld hinaus laufen."
Für seine jüngste Serie "Strips" bearbeitete Gerhard Richter ein abstraktes Bild von 1990 digital, teilte und spiegelte es, bis es sich in unzählige hauchdünne Linien auflöste. Die "Strips" aus dem Tintenstrahl-Drucker bleiben allerdings etwas mechanisch. Umso aufregender wirkt das Zentrum der Ausstellung mit der Elbe Serie, einer von Richters frühesten Arbeiten.
Als Student in Dresden experimentierte er 1957 im Kurs für Holzschnitt mit der Farbwalze auf Papier. In den transparenten grau- und schwarz Tönen, in den vernebelten Schemen scheint schon Richters ganzes vielschichtiges Werk angelegt. Ein Dresdner Freund bewahrte die Blätter auf und gab sie ihm 1989 zurück. Jetzt konfrontiert Richter diese Anfänge mit einer melancholischen November-Serie aus dem Jahr 2008. In die Mitte des Raumes stellt er ein Kartenhaus aus schiefen Glasscheiben.
"Es spiegelt sich die Wand, es spiegelt sich der Boden, es spiegelt sich die Decke, es spiegelt sich das, was auf den Wänden hängt und es spiegelt sich der Betrachter oder die Betrachterin selbst in diesem Werk. Das heißt, man begegnet sich selbst beim Sehen. Lauter Zufallskonstellationen, die Sie nicht vorhersehen können."
In Doppelung und Durchsicht überblenden sich die Elbe- und November-Serie, obwohl zwischen den Arbeiten fast ein halbes Jahrhundert liegt. In den Bildern der Gegenwart lagert die Vergangenheit. Dazu kommen Zufall, Planung, Glück. Das gläserne Kartenhaus von Gerhard Richter spiegelt das ganze Leben.
Mehr auf dradio.de:
"Der hat halt irgendwie gemerkt, ich ticke anders"
Malen und reflektieren
Frühe Werke von Gerhard Richter & Co. in Düsseldorf
"Als Betrachter stehen Sie vor einer eigentlich unbegreifbaren Situation. Sie können nie das Ganze, die Totalität dieses Bildes in den Blick nehmen. Das entzieht sich Ihnen. Einmal durch diese unendliche Vielfalt der Linie, und dadurch dass sie horizontal aus dem Blickfeld hinaus laufen."
Für seine jüngste Serie "Strips" bearbeitete Gerhard Richter ein abstraktes Bild von 1990 digital, teilte und spiegelte es, bis es sich in unzählige hauchdünne Linien auflöste. Die "Strips" aus dem Tintenstrahl-Drucker bleiben allerdings etwas mechanisch. Umso aufregender wirkt das Zentrum der Ausstellung mit der Elbe Serie, einer von Richters frühesten Arbeiten.
Als Student in Dresden experimentierte er 1957 im Kurs für Holzschnitt mit der Farbwalze auf Papier. In den transparenten grau- und schwarz Tönen, in den vernebelten Schemen scheint schon Richters ganzes vielschichtiges Werk angelegt. Ein Dresdner Freund bewahrte die Blätter auf und gab sie ihm 1989 zurück. Jetzt konfrontiert Richter diese Anfänge mit einer melancholischen November-Serie aus dem Jahr 2008. In die Mitte des Raumes stellt er ein Kartenhaus aus schiefen Glasscheiben.
"Es spiegelt sich die Wand, es spiegelt sich der Boden, es spiegelt sich die Decke, es spiegelt sich das, was auf den Wänden hängt und es spiegelt sich der Betrachter oder die Betrachterin selbst in diesem Werk. Das heißt, man begegnet sich selbst beim Sehen. Lauter Zufallskonstellationen, die Sie nicht vorhersehen können."
In Doppelung und Durchsicht überblenden sich die Elbe- und November-Serie, obwohl zwischen den Arbeiten fast ein halbes Jahrhundert liegt. In den Bildern der Gegenwart lagert die Vergangenheit. Dazu kommen Zufall, Planung, Glück. Das gläserne Kartenhaus von Gerhard Richter spiegelt das ganze Leben.
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