Gewalt gegen ältere Frauen

Ein mit Scham besetztes Tabuthema

06:59 Minuten
Der Schatten einer Hand hinter einer Milchglasscheibe
Gewalt gegen ältere Frauen ist ein Tabuthema, das man nicht sehen wolle, sagt Claudia Mahler vom Deutschen Institut für Menschenrechte. © Getty Images / Xia Yuan
Claudia Mahler im Gespräch mit Nicole Dittmer · 15.06.2022
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Die Formen der Gewalt gegen ältere Menschen sind vielfältig. Betroffen sind davon vorwiegend Frauen. Viele scheuen davor zurück, die Fälle anzuzeigen. Deswegen sei die Politik gefragt, fordert Claudia Mahler vom Deutschen Institut für Menschenrechte.
Gewalt gegen ältere Frauen ist in Deutschland ein Tabuthema. Darauf weist Claudia Mahler vom Deutschen Institut für Menschenrechte hin. Die Formen der Gewalt sind dabei äußerst unterschiedlich und reichen von körperlicher über psychische bis hin zu sexualisierter Gewalt, wie die Expertin für die Rechte älterer Menschen der Vereinten Nationen erläutert.
Frauen seien von Gewalt im Alter besonders betroffen, weil sie deutlich älter werden als Männer.

Veränderte Machtverhältnisse

Mahler nennt als Formen der Gewalt zudem Vernachlässigung, wie dass zu wenig Flüssigkeit gegeben wird, oder auch Drohungen. Etwa wenn ältere Menschen fürchten müssen, nicht weiter versorgt zu werden. „Das kann in einem höheren Alter, wenn man abhängig ist, durchaus eine sehr fruchtbare Drohung sein.“
Zudem fügt die Expertin hinzu, sei finanzielle Ausbeutung ein kaum angesprochener Aspekt, von denen ältere Frauen betroffen sind.
Gewalt komme, so Mahler, sowohl im häuslichen Bereich wie in der Gemeinschaft vor, etwa in partnerschaftlichen Beziehungen oder im Bereich der Pflege. Gründe für die Gewalt könnten zum einen veränderte Machtverhältnisse sein, denn diese drehten sich im Alter um. Zum anderen spiele auch Überforderung eine Rolle.

Hohe Dunkelziffer

Wie groß das Problem ist, zeigt eine Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation. Demnach habe „jeder sechste ältere Mensch über 60 in seinem Leben bereits Gewalt erfahren“, so Mahler. Während der Coronapandemie sei häusliche Gewalt, auch gegen Ältere, noch einmal gestiegen. Doch sei die Dunkelziffer groß, gibt die Expertin zu bedenken. Viele Taten würden aus Scham nicht angezeigt.
Ein Problem sei dabei, dass es keine Ansprechpartner gibt. „Wo gehe ich denn hin mit diesem Thema?“ Dazu trage auch bei, dass das Problem in der Öffentlichkeit nicht breit diskutiert werde, so Mahler. „Das ist aus meiner Sicht ein Riesentabu, das man auch nicht sehen will.“

Information und Prävention

Von der Bundesregierung fordert die Expertin zum einen, dass es mehr Informationen zu dem Problem gibt. Wichtig sei zum anderen die Prävention, „damit es gar nicht zur Gewalt kommt“. Denkbar wären etwa Anlaufstellen. Außerdem brauche es Daten, um sehen zu können, wo Hilfe und Prävention angesetzt werden müssten.
Ein guter Schritt, der bereits getan werde, sei die Kampagne gegen Einsamkeit. Denn wer allein ist, ist laut Mahler prädestiniert dafür, Opfer zu sein, „weil sie keinen haben, an den sie sich wenden können“.
(rzr)

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