Gesellschaftliche Auswirkungen von Reichtum

Wozu verpflichtet Eigentum?

53:49 Minuten
Illustration: Ein Paar Paar segelt auf ruhiger See mit Euro-Scheinen
Wer finanziell völlig sorgenfrei durchs Leben segelt, hat in der Regel geerbt: Aus eigener Kraft ist Reichtum in Deutschland kaum erreichbar. © imago / Ikon Images / Mark Airs
Moderation: Annette Riedel · 27.01.2023
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Extrem ungleiche Einkommens- und Vermögensverhältnisse führen zu Konflikten und können die Demokratie gefährden. Vor allem, wenn Reichtum und Armut meist vererbt werden. Reichtum kann auch dem Gemeinwohl dienen. Aber nur unter bestimmten Bedingungen.
Ein Bruchteil der Bevölkerung verfügt über einen Löwenanteil des Vermögens. Das gilt global, aber das gilt im zunehmenden Maße auch für Deutschland. Das Problem dabei ist vor allem, dass Reichtum genauso wie Armut immer mehr "zementiert" scheint. Das heißt, dass die soziale Durchlässigkeit in den letzten Jahren abgenommen hat. Das Aufstiegsversprechen über Bildung und Leistungsbereitschaft scheint immer weniger zu gelten.
Aus eigener Kraft ist beispielsweise Wohnungseigentum zumindest in den Ballungszentren kaum noch erreichbar.
Wer in Deutschland reich ist, der hat in der Regel geerbt. Und er oder sie erbt eben nicht nur Geld und Güter. Er oder sie erbt eben damit auch Bildungschancen und Zugang zu den Entscheidern und Mächtigen im Land obendrauf.

Über Reichtum spricht man nicht

Während Armutsforschung vergleichsweise verlässliche Erkenntnisse über die (wachsende) Gruppe derjenigen liefert, die in finanziell prekären Verhältnissen lebt, führt die Reichtumsforschung noch ein ziemliches Nischendasein. Es ist schon allein deshalb schwer, verlässliche Informationen über Reichtum zu bekommen, weil die meisten Menschen nicht gern über ihr Vermögen sprechen. Oder sie empfinden sich im Vergleich mit anderen selbst gar nicht als reich.

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So gibt es keine allgemeingültige Definition von Reichtum. Aber der Elitenforscher Michael Hartmann spricht von Reichtum dann, wenn sich allein von den Vermögenserträgen "in gehobenem Wohlstand leben lässt". Dafür müssten sich Geld und Besitz zu etwa vier bis fünf schuldenfreien Millionen addieren. Die reichsten 10 Prozent verfügen in Deutschland über ungefähr zwei Drittel des Gesamtvermögens. Etwa 1,5 Prozent der Deutschen nennen Geld und Geldwertes in Höhe von mindestens einer Million ihr eigen.

Mit Steuern gegensteuern

Bis zu 400 Milliarden Euro werden jährlich in Deutschland bis 2027 vererbt, rechnen Wissenschaftlern vor. Weiten Teilen der Bevölkerung, die aber - laut Umfragen - knapp die Mehrheit verfehlen, erscheinen die geltenden Erbschaftssteuern als zu gering. Zumal sie nicht progressiv sind. Davon profitieren vor allem Superreiche.
Zwar wächst das Spendenaufkommen in Deutschland beständig und ein Gutteil davon kommt von den Reichsten des Landes, so spenden weniger gut Betuchte aber oft proportional zu ihren finanziellen Möglichkeiten mehr. Und Geld, das in Stiftungen, Stipendien oder philanthropisches Engagement geht, wird manchmal über Steuerersparnisse sogar überkompensiert. Zudem entzieht sich die Verwendung jeglicher demokratischer Kontrolle.
Wann ist extremer Reichtum ein Übel und unter welchen Bedingungen kann er für das Gemeinwohl nutzbar werden? Welche Verantwortung können und sollen reiche Menschen in Deutschland übernehmen? Wie viel Freiwilligkeit ist dabei möglich? Welchen Schaden nimmt eine Gesellschaft bei zu viel Ungleichheit?
Es diskutieren:

Prof. Dr. Hans-Jürgen Burchardt, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, Universität Kassel
Julia Friedrichs, Journalistin, Filmemacherin und Sachbuch-Autorin
Prof. Dr. Michael Hartmann, Soziologe und Eliteforscher an der TU Darmstadt und Buchautor
Marita Haibach, Expertin für Philanthropie und Fundraising und Gründerin des Erbinnen-Netzwerks Pecunia

Dieser Wortwechel ist bei einer öffentlichen Veranstaltung im Schloss Herrenhausen in Hannover aufgezeichnet worden. Die Veranstaltung ist in Zusammenarbeit mit der Volkswagenstiftung entstanden.
(AnRi)
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