Neue Designs

Wie Urban Culture Fußballtrikots beeinflusst

05:50 Minuten
Das DFB-Auswärtstrikot für die Fußball-Europameisterschaft 2024
Die deutsche Nationalmannschaft will erstmals beim Länderspiel gegen die Niederlande in Frankfurt in den rosa Trikots spielen. © Imago / Joaquim Ferreira
Von Constantin Eckner · 24.03.2024
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Das neue rosa DFB-Trikot für die Fußball-EM hat zu teilweise heftigen Reaktionen geführt, aber auch zu guten Verkaufszahlen. Mit solchen neuen Designs wollen Verbände und Klubs noch mehr Urban Culture vereinnahmen und neue Milieus erschließen.
Ein Stückchen Stoff sorgt für Furore. Der Launch der Nationalmannschaftstrikots für die Fußball-Europameisterschaft sollte Aufmerksamkeit erregen. Und genau das ist gelungen.

Das DFB-Trikot als gesellschaftliches Statement

Konkret das rosafarbene Auswärtstrikot des DFB-Teams: ein Hingucker und zugleich ein gesellschaftliches Statement.

"Du sprichst natürlich deutlich mehr Frauen an über die Farbgebung, deutlich mehr auch eine breite Bevölkerungsschicht und nicht nur die old white men", sagt der Sportvermarktungsexperte Kai Rippe:

Vielleicht hast du sogar eine Chance, jetzt auch bei migrantischen Zielgruppen deutlich präsenter zu sein, weil man etwas Cooles, etwas Zeitgemäßes macht, womit die sich auch mehr mit identifizieren können. Und du hast natürlich auch die ganze Creator-Influencer oder popkulturelle Szene, die viel mehr auf so ein zeitgemäßes Trikot anspringt und eine zeitgemäße Kampagne, als das klassische 'die Jagd auf den fünften Stern'.

Sportvermarktungsexperte Kai Rippe

Lange Zeit waren Trikots im Fußball vor allem Werbeartikel, die im Stadion oder der Fankneipe getragen wurden. Doch einige Clubs wollen mit ihren Farben auch neue Milieus erreichen, besonders jene in den urbanen Ballungsräumen.

Paris als ein Vorbild

Die Rede ist von Urban Culture. Dort, wo etwa Hip-Hop und gewisse Modemarken sehr verbreitet sind, möchte nun auch König Fußball Einzug halten. Ein Vorbild dafür ist Paris, sagt der Kulturjournalist und Szenekenner Niko Backspin:
"Paris Saint-Germain - das Beispiel ist ja allgegenwärtig - hat natürlich eine Verwurzelung in der Stadt und damit auch eine Verwurzelung in den Banlieues. Und damit ist es für diese Brand einfacher, dort subkulturell stattzufinden.“
Banlieues werden die Vorortgegenden von Paris und anderen französischen Metropolen genannt. In Bondy, einer bekannten Banlieue der Hauptstadt, wuchs beispielsweise der Starstürmer von Paris Saint-Germain, Kylian Mbappé, auf.  

Niko Backspin weiter:
„Generell ist es ja schon so, dass man sagen muss, dass große, traditionsreiche, strahlkräftige Fußballvereine in ganz Europa einen Charme versprühen, der quasi Street Couture ist, nicht Fashion Couture, sondern Street Couture. Und damit glaube ich, wenn Brands sich dem bewusst sind und auch diese Zielgruppe als diese annehmen, ist es ein relativ leichter Weg, um dort dann auch positioniert zu werden."

Die Bedeutung des Basketballs in urbanen Subkulturen

Auch aus diesem Grund hat sich die bekannte Marke Jordan von Nike mit dem Pariser Club zusammengetan. Zuvor war Jordan mit dem berühmten Namensgeber Michael Jordan vorrangig im Basketball aktiv. Gerade dieser Sport ist dem Fußball in vielen urbanen Subkulturen ein Stück weit voraus.

Was wahrscheinlich daran liegt, dass die NBA und die Stars darin vornehmlich schwarz waren und sie damit auch Sprachrohre für ihre Communities gewesen sind. Dadurch entsteht diese Coolness von bottom to top. Diese Coolness im Fußball hast du in der Vergangenheit nicht gehabt. Frankreich ist auf jeden Fall ein Land, das da vorreitend war, geschichtlichen Teil zur Seite gestellt, aber eine sehr multikulturelle Nationalmannschaft aufgestellt hat, die dann zweifelsohne auch Vertreter eines Landes war, das in sich sehr multikulturell ist."

Kulturjournalist Niko Backspin

Jordan Poole von den Washington Wizards guard Jordan Poole im NBA-Spiel gegen die Philadelphia 76ers
Jordan von Nike war lange vor allem im Basketball präsent (hier der NBA-Spieler Jordan Poole von den Washington Wizards).© dpa / picture alliance / Nick Wass
Auch Deutschland ist, selbst wenn es manche Politiker*innen bestreiten möchten, ein multikulturelles Land, in dem junge Generationen ganz diverse religiöse, sexuelle und ideologische Hintergründe haben. Umso wichtiger scheint es, dass sich das DFB-Team dieser Realität nicht verschließt.
Sportvermarktungsexperte Kai Rippe sagt:
"Zum einen ist eine Nationalmannschaft immer irgendwo gesellschaftlich relevant, sozial bedeutend und politisch. Und niemand von uns, also auch gerade von jüngeren Menschen, können sich von diesen Themen freimachen. Sei es Integration, sei es das Thema Nachhaltigkeit, sei es das Thema Diversität respektive Gleichberechtigung auch von Frauen. Das sind ja alles Inhalte unseres täglichen Lebens - und da muss so eine Plattform wie die Nationalelf auch den Anspruch haben, dazu eine Haltung zu entwickeln."

Auch der FC Bayern geht neue Wege bei Trikotdesigns

Auch der FC Bayern München hat seine Trikotstrategie angepasst. Er verkauft nicht mehr nur Trikots im Oktoberfestdesign, sondern ist vor einer Weile eine Kollaboration mit Ashraf eingegangen:

"Einer der größten Streetart-Untergrundmogule, die wir in Deutschland haben. Ein klares Zeichen, dass man bei München verstanden hat, wie man zumindest versuchen muss, an die junge nächste Generation heranzukommen", meint Niko Backspin.

Neben Bayern und Paris haben sich auch Arsenal, AC Milan oder die SSC Napoli zuletzt mit Designern zusammengetan. Das grundsätzliche Ziel ist immer, cool zu wirken und den Klub in neuen Zielgruppen zu etablieren. Auch wenn es sich beim Trikot nur um ein Stückchen Stoff handelt, kann dieses doch eine Menge ausstrahlen.

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