Friedensnobelpreis für Abiy Ahmed

Der Reformer mit dem langen Atem

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Äthiopiens Präsident Abiy Ahmed reckt die Arme in die Luft.
Abiy Ahmed ist nicht nur Friedensnobelpreisträger, er stifte auch wirklich Frieden, so Benno Müchler. © imago images/epd
Benno Müchler im Gespräch mit Axel Rahmlow · 11.10.2019
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Äthiopiens Premier Abiy Ahmed entließ politische Gefangene und leitete Reformen ein, um den Grenzkonflikt mit Eritrea zu beenden. Dafür erhält er nun den Friedensnobelpreis. Doch bis zum endgültigen Frieden im Land ist der Weg noch lang.
Der Friedensnobelpreis 2019 geht an den äthiopischen Premierminister Abiy Ahmed. Die schwedische Akademie verleiht Ahmed den Preis für seine Initiative für einen Friedensschluss mit dem Nachbarland Eritrea. Doch auch seine Vermittlungsversuche im Sudan in den letzten Jahren sowie eine Reihe innenpolitischer Maßnahmen dürften bei der Entscheidung der Jury eine Rolle gespielt haben.
So habe Ahmed unter anderem zahlreiche politische Gefangene freigelassen und viel für die Presse- und Meinungsfreiheit getan, sagt Benno Müchler, Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Demokratischen Republik Kongo.
Müchler hielt sich in Äthiopiens Hauptstadt auf, als es zum historischen Friedensschluss kam. "In Addis Abeba herrschte Volksfeststimmung. Das war eine ganz neue Erfahrung im Alltag der Menschen, für die sich vieles änderte", sagt Müchler. Viele Äthiopier hätten Familie und Freunde im Nachbarland Eritrea. Selbst einfache Kommunikation zwischen den Ländern sei vorher sehr schwer umzusetzen gewesen, geschweige denn Besuche.

"Druck aus dem System gelassen"

Zu den größten innenpolitische Errungenschaften zählt Müchler, dass die Bürger Äthiopiens nun frei und offen auf Straße über Politik sprechen könnten. Das sei im Vergleich zu früheren Jahren eine große Verbesserung, die "viel Druck aus dem System" gelassen habe.
Aber auch wenn der Friedensschluss den Menschen eine Perspektive eröffne, habe sich noch nicht so viel verändert, wie anfangs erhofft. "Die kurzzeitig offenen Grenzübergänge wurden wieder geschlossen. Auch wenn beide Länder Botschaften im anderen Land eröffnet haben, ist die Situation nach wie vor schwer. Im Gesamtergebnis wird man Abstriche machen müssen."
Eine junge Frau hält einen Ansteck-Button mit einem Porträt von Abiy Ahmed in die Kamera.
Ein Ministerpräsident, den man sich gern an die Brust heftet: Äthiopiens Abiy Ahmed. © imago/epd
Dass der Preis zu früh an Ahmed vergeben worden sei, glaubt Müchler indes nicht. Man hoffe immer, dass sich die Dinge schneller zum Besseren wandelten. Doch die Verwaltungen im Hintergrund arbeiteten eben in einem anderen Tempo. Und zu einem Frieden gehören immer zwei Seiten. Während Äthiopien sich geöffnet habe, sei Eritrea nach wie vor eine Diktatur.

Spannungen zwischen Ethnien bleiben

Ein Problem, dass der Premierminister noch nicht gelöst habe, sind die Spannungen zwischen verschiedenen Ethnien in Äthiopien. Ahmed selbst gehört den Oromo an, der größten Gruppe im Land. Doch er spiele diese Karte nicht aus, so Müchler: "Das darf er nicht, das würde nur weitere Probleme bereiten." Generell sei Ahmeds Krisenmanagement in dieser Frage aber verbesserungswürdig.
Wie geht es weiter in Äthiopien? Das Wichtigste nach solch gewaltigen Umbrüchen sei vor allem ein langer Atem, glaubt Müchler. Diesen werde der Premierminister brauchen, um all seine Reformen durchzusetzen. "Er hat noch einiges zu tun. Er muss darauf achten, dass das Land sicher bleibt. Aber er muss auch darauf achten, dass die Veränderungen den Menschen auch monetär etwas bringen." Die Konrad-Adenauer-Stiftung eröffne daher in den nächsten Monaten ein neues Büro in Äthiopien, mit dem man das Land bei der Umsetzung der Reformen unterstützen wolle.
(rod)
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