Flüchtlingsroman

"Kein einziges Mal Passagierschiff gefahren"

Der deutsche Autor Burkhard Spinnen
Der deutsche Autor Burkhard Spinnen © picture alliance / ZB / Peter Endig
Moderation: Andrea Gerk · 09.07.2014
Der Schriftsteller Burkhard Spinnen schöpft sein Wissen für seine Romane größtenteils aus alten Büchern. So war auch er auch für seinen neuen Roman "Zacharias Katz" nicht auf eine Vor-Ort-Recherche angewiesen.
Für den Schriftsteller Burkhard Spinnen wurzelt der große Schrecken des 20. Jahrhunderts in der Zeit vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs. "Das große Elend beginnt schon in den 1910er-Jahren mit dem Zusammenbruch der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts", sagte Spinnen im Deutschlandradio Kultur anlässlich seines neuen Romans "Zacharias Katz". Erzählt wird darin die Geschichte eines jungen Deutsch-Amerikaners und das Ende des deutschen Kaiserreichs aus der Perspektive der Gäste auf einem Schiff im Pazifik.
Burkhard Spinnen schöpft sein Wissen für solche Romane größtenteils aus alten Büchern: "Es gibt Bücher aus der Zeit und über die Zeit, Fotos, Bilder, vor allen Dingen gibt es aber die Literatur, die nach meinem Dafürhalten die Orte immer noch besser festhält, weil sie ihr Wesen beschreibt."
Deshalb sei es für ihn auch nicht nötig gewesen, auf einem Schiff zu recherchieren: "Ich bin kein einziges Mal in meinem Leben auf einem Passagier- oder Kreuzfahrtschiff gefahren, wünsche es mir allerdings sehr." Im Grunde genommen habe er es wohl nur deswegen nicht getan, "weil ich fürchtete, dass der gegenwärtige Zustand dieser Reisekultur mich sehr abschrecken würde".
Leidenschaft für historische Stoffe
Spinnen befasst sich nach eigenen Worten seit seiner frühen Studentenzeit schwerpunktmäßig mit der deutschen Literatur der Moderne. Er habe mehrere dieser Autoren sehr intensiv gelesen. Daher komme auch seine Leidenschaft für historische Stoffe: "So etwas darzustellen, also über die Historie hinaus solche Bögen zu schlagen, ist eine Aufgabe von Literatur." Von der Geschichte des Ozeandampfers "Der Präsident" habe er vor einigen Jahren durch Zufall erfahren. "Das ist eine kleine Kuriosität, die damit zusammen hängt, dass zum damaligen Zeitpunkt die deutschen Reedereien ein weltumspannendes Netz aufgebaut hatten."
Zacharias Katz, die Hauptfigur seines Romas, ist ein junger Deutsch-Amerikaner, der sich als Journalist und Songtexter am Broadway durchschlägt, und im Sommer 1914 durch einen Zufall zu einem Dauerflüchtling auf der "Präsident" wird. Zacharias müsste entscheiden, wo er stehen und wer er sein will. Doch gerade weil er das nicht tut, zieht es ihn immer tiefer in den Krieg hinein.
Für den Autor Burkhard Spinnen liegt auf der Hand, dass in seinem Protagonisten auch ein Stück von ihm selbst steckt: "Figuren mir irgendwo zusammenzukleistern, immer drauf zu schreiben: Das bin ich nicht! Das bin ich nicht! Das finde ich heuchlerisch. Eine Hauptfigur ist immer eine Beschäftigung mit dem eigenen Verhältnis zum Leben, eine kritische Auseinandersetzung damit. Und das kann natürlich nicht immer sympathisch zugehen."
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