Festivalkultur

Raven und rocken auch im Rentenalter

08:31 Minuten
Menschen vor einer Bühne, im Vordergrund eine Familie.
Metallica-Fans beim Pinkpop-Musikfestival: ein generationenübergreifendes Großereignis. © picture alliance / ANP / Marcel Van Horn
Von Laura Aha · 06.08.2022
Audio herunterladen
Dass Festivals nur etwas für junge Menschen sind, die sich Dosenbier trinkend im Schlamm wälzen, ist ein Klischee. Längst sind die Großveranstaltungen zu generationsübergreifenden Events geworden.
Nicht nur auf der Bühne werden immer noch tourende Stars wie die Rolling Stones oder Paul McCartney immer älter. Auch unter den Festivalbesucher*innen gibt es mittlerweile viele, die das Rentenalter längst überschritten haben.
Sie bleiben den jeweiligen Festivals als Stammpublikum treu, sind gemeinsam mit ihnen gealtert. Etwa beim Glastonbury, das zum ersten Mal 1970 stattfand, vor 52 Jahren. Wer dabei war, ist heute wohl schon über 70. Oder das Roskilde Festival in Dänemark. Es ging 1971 zum ersten Mal an den Start, und mittlerweile besuchen einige es zusammen mit ihren Kindern und Enkeln.
Den Musikgeschmack von 20- und 60-Jährigen unter einen Hut zu bekommen, ist dabei die neue Herausforderung, vor der Booker*innen stehen. Aber es verwundert heutzutage niemanden mehr, wenn – wie auf dem Glastonbury – Diana Ross, Billie Eilish und Paul McCartney nebeneinander auf einem Line-up stehen; oder auf dem Roskilde Dua Lipa gleichberechtigt als Headlinerin neben Robert Plant von Led Zeppelin.

Pop ist generationsübergreifend

Pop ist ein generationsübergreifendes Thema geworden – und war nie so zeitlos wie heute. Durch Apps wie TikTok ist das popmusikalische Archiv so präsent wie nie zuvor. Junge Fans der Serie „Stranger Things“ haben dieses Jahr Kate Bush wieder an die Spitze der Charts befördert – mit einem Song von 1985.
Menschenmenge vor einer Bühne im Abendhimmel
Nach einer Corona-Pause feiern Musikliebhaber die Rückkehr des legendären Glastonbury Festivals.© picture alliance / AP / Scott Garfitt
Warum aber tuen sich Über-60-Jährige das Drumherum eines Festivals an – im Zelt schlafen, durchgängig laute Musikbeschallung und in der prallen Sonne am Bierstand anstehen? „Es kam sehr viel Energie und Liebe und die Aura stimmte, und die jungen Leute waren ganz begeistert“, erzählt die 71-jährige Anna Vitiello von ihrem ersten Besuch des Techno-Festivals Nation of Gondwana. Annas Sohn Gianni Vitiello ist DJ und hat das Festival damals mit aufgebaut. Anna selbst konnte mit Techno eigentlich erst so gar nichts anfangen, aber irgendwann hat ihr Sohn sie einfach mal mitgenommen.
„Wenn ich heute dahinkomme, werde ich behandelt wie eine Königin und die sind alle sehr, sehr lieb zu mir und verwöhnen mich. Dann macht das noch viel mehr Spaß“, erzählt sie. Durch das Festival habe sie viele jüngere Menschen kennengelernt und Freundschaften geschlossen.

Glamping und Soulfood

Statt im Zelt übernachtet Anna auf dem Festival im Wohnwagen, darf Backstage gehen und dort die sanitären Anlagen benutzen. Aber mittlerweile sorgen viele Festivals auch regulär für mehr möglichen Komfort, bieten Unterbringung in Bungalows oder nahegelegenen Hotels an. Es gibt familienfreundliches Camping, Yoga-Sessions und gesundes, hochwertiges Essen. Auf dem Glastonbury gibt es Tea and Scones und beim Nation of Gondwana können Medikamente im Sanitätszelt gekühlt werden.
Schließlich steigt die Anzahl der Festivals, und mit der steigenden Konkurrenz müssen Veranstalter*innen ganz genau darauf schauen, was ihre Zielgruppe erwartet.
(lkn)

Abonnieren Sie unseren Weekender-Newsletter!

Die wichtigsten Kulturdebatten und Empfehlungen der Woche, jeden Freitag direkt in Ihr E-Mail-Postfach.

Vielen Dank für Ihre Anmeldung!

Wir haben Ihnen eine E-Mail mit einem Bestätigungslink zugeschickt.

Falls Sie keine Bestätigungs-Mail für Ihre Registrierung in Ihrem Posteingang sehen, prüfen Sie bitte Ihren Spam-Ordner.

Willkommen zurück!

Sie sind bereits zu diesem Newsletter angemeldet.

Bitte überprüfen Sie Ihre E-Mail Adresse.
Bitte akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung.
Mehr zum Thema