Schriftsteller Lukas Bärfuss

Erbschaft als Erkenntnis

14:06 Minuten
Die Illustration zeigt einen Mann der eine Box öffnet und viele Fragen aus einer Box frei legt.
Wieviel Herkunft tut uns gut? - Der Autor Lukas Bärfuss warnt vor Herkunftsneurosen. © imago images / Ikon Images / Gary Waters
Lukas Bärfuss im Gespräch mit Christian Rabhansl · 10.12.2022
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Eine Kiste von seinem Vater ließ den Schweizer Autor Lukas Bärfuss über Herkunft nachdenken. Diese sei wie Familie eine soziale Konstruktion. Doch es gebe auch andere Bezüge, etwa diejenigen, die man selbst wählt.
Der Schweizer Autor und Dramatiker Lukas Bärfuss war nicht mit einem reichen Erben gesegnet. Vielmehr war sein Vater ein Kleinkrimineller, der sich nicht um seinen Sohn sorgte. Trotzdem sehe er sich nicht als Opfer.

 Andere Bezüge als die Kernfamilie

Über die Kulturen hinweg gebe es zwei Dinge, die heilig und menschlich seien, sagt der Schriftsteller: die Gastfreundschaft und der Totendienst. Letzteres habe er bei seinem Vater angenommen. Dieser habe ihn eine Kiste vererbt. Erst habe er sich darum nicht gekümmert, weil er daran kein Interesse hatte.
Doch nun habe er sich damit auseinandergesetzt. Herausgekommen ist dabei der Essay „Vaters Kiste“.

Lukas Bärfuss: "Vaters Kiste. Eine Geschichte über das Erben"
Rowohlt Verlag 2022
96 Seiten, 18 Euro

So seien für ihn Herkunft und Familie keine physikalischen Gegebenheiten, urteilt Bärfuss, „sondern Erfindungen, die Interessen und Machtverhältnisse widerspiegeln“. Viel wichtiger sind ihm deswegen andere Bezüge „als die biologische oder die Kernfamilie“.

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Das können frei gewählte Beziehungen sein. Diese bedeuten auch mehr Freiheit, ist der Schriftsteller überzeugt. Denn in der Gesellschaft würden Herkunftsneurosen überhandnehmen. Menschen würden so auf ihre Herkunft reduziert. Das zeige sich etwa in der Auseinandersetzung um das Erbrecht oder um das Staatsbürgerschaftsrecht.

Müll ins Erbrecht integrieren

Doch dies seien Konstruktionen – mitunter gar nicht so alt, wie man denkt. Sie könnten auch durch andere Erzählungen ersetzt werden. „Wir sollten, wenn uns Gerechtigkeit und Frieden etwas wert sind, versuchen, diese schicksalshaften Dinge wie Nationalität und Familienherkunft nicht zur alleinigen Definition eines Lebens machen. Diese Möglichkeiten haben wir“, unterstreicht Bärfuss.
Selbst sei er in einer reichen Industriegesellschaft aufgewachsen. Doch durch seine Eltern habe er auch einen anderen Blick drauf. Etwa, dass die Individuen vor allem eins zurücklassen: Müll. Dieser müsse auch in das Erbrecht einbezogen werden, fordert der Autor. „Das wäre eine gute Idee.“
(rzr)
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