Entdeckung Korea!

Von Ulrike Gondorf |
Unter den Kulturen des Fernen Ostens ist die koreanische die unbekannteste. Es dem Ostasiatischen Museum in Köln zu verdanken, dass diese Lücke nun geschlossen wird. Für die Entdeckung Koreas sind Kunstschätze aus zehn deutschen Museen zusammengetragen worden.
Respekt gebietend, beinah furchteinflößend ist der Wächter, den man erst einmal passieren muss: fast drei Meter groß, ganz schwarz gekleidet, und dann fletscht er auch noch drohend die Zähne. Er steht aber nicht da, um die Besucher zu vergraulen, sondern um die Schätze zu behüten und böse Geister in die Flucht zu schlagen. Die Arbeit im Museum ist wahrscheinlich etwas ungewohnt für ihn, früher wachte er am Eingang eines koreanischen Dorfs. Die aus einem massiven Baumstamm in rohen Formen herausgehauene Figur ist ein Beispiel für die Volkskunst, mit die Schau im Kölner Ostasiatischen Museum beginnt. Die Wächtergottheiten gehören zum Kult des Schamanismus, der ursprünglichen Volksreligion Koreas, erläutert die Kuratorin Dr. Petra Rösch:

"Und als der Buddhismus anfing, hat er den Schamanismus aufgenommen und in sich eingearbeitet. Wir stehen jetzt hier vor den Hängerollen, die verschiedene Gottheiten zeigen, die von Schamaninnen angerufen worden sind, da gibt es rein schamanische Gottheiten, wie die Sonne-Mond-Gottheit, steht auch für Harmonie, oder den Berggott , aber wir stehen auch vor dem Bodhisattwa, einem buddhistsichen Erleuchtungswesen, der auch von der Schamanin mitbenutzt wurde, also, man hat so vermischt."

Auf Stoff gemalt sind die farbenprächtigen Bilder dieser Gottheiten, noch bis ins vergangene Jahrhundert hinein haben sie vor allem auf dem Land das Leben der Menschen geprägt. Im Museum sind es nur ein paar Schritte von der naiven Volkskunst bis zur perfekten, weltberühmten Seladon-Keramik. Auf der Zeitachse führt der Weg fast ein Jahrtausend zurück. Denn die eleganten Gefäße in mattem Graugrün mit ihren schlichten, harmonischen Formen und glatt schimmernden Oberflächen stammen aus dem 12. Jahrhundert, auch wenn sie wie Musterstücke für maßstabsetzendes modernes Design wirken.

Am Ende des 19. Jahrhunderts von den ersten Sammlern nach Europa gebracht, setzten sie wichtige Impulse für die Glas- und Keramikkunst des Jugendstils. Insofern sind die Vitrinen mit der Seladonkeramik, in denen Spitzenstücke aus deutschen Museen versammelt sind, nicht nur ein Highlight der Ausstellung. Sie bringen auch besonders gut zum Ausdruck, was die Schau sich vorgenommen hat: Brückenschläge aufzuzeigen zwischen Korea und Europa. Die Anregung kam von der Korea Foundation, die etwa mit den Goetheinstituten vergleichbar ist.

"Die hat das angestoßen und wollte zeigen, wie eng Deutschland und Korea auch in der Geschichte verbunden waren."

Kurios, aber schlagend tritt ein märchenhaftes Gewand den Beweis dafür an: es gehörte einem Deutschen, der Anfang des 20. Jahrhunderts eine hohe Position in der koreanischen Bürokratie eingenommen und das Schulwesen, die Justiz und die Finanzverwaltung mitgestaltet hat.

"Das war seine offizielle Staatsrobe, da gehört noch der Hut dazu, mit Pfauenfeder, und so ne rote Quaste, und so eine Bernsteinkette aus gelben Steinen. Das ist auch typisch koreanisch, dass man sehr farbenfroh ist. Das ist ein strahlendes Blau und ein Rosa-Pink, dann ist ein schwarzes Obergewand drübergezogen, drunter sind verschiedene andere Kleidungsstücke, man konnte das je nach Anlass und Jahreszeit variieren."

Schmunzeln lässt einen das dazugehörige Foto im Katalog: Dieser Paul Georg von Möllendorff trug zur koreanischen Staatsrobe eine runde Nickelbrille und einen Bart. Solche zeittypischen Elemente sind in der fernöstlichen Kunst kaum auszumachen. Über 500 Jahre dauerte die letzte koreanische Dynastie, von 1392 bis 1910. Aber nur Experten können die luxuriösen Zeugnisse dieser Hochkultur korrekt datieren. Der Museumsbesucher erkennt weder stilistische noch handwerkliche Unterschiede an den kostbaren Lack-Kästchen, die mit Perlmuttornamenten eingelegt sind, auf den Windschirmen, deren Malereien episodenreiche Geschichten oder kunstvoll angelegte Gärten schildern, an den reich verzierten Spiegeln aus Bronze. Das letzte Kapitel der Schau gehört den Büchern. Seit dem 14. Jahrhundert wurde in Korea mit beweglichen Lettern gedruckt.

"Hier sehen wir einige von diesen kleinen beweglichen Lettern, was in Ostasien - es gibt ja über 40.000 Zeichen, immer schwierig war, nicht wie bei unserem Alphabet 24."

Die Resultate sieht man in dicken Folianten, teilweise illustriert. Und während der Besucher die rätselhaften kalligraphischen Zeichen bewundert, klingt von nebenan der Schlussakkord dieser inspirierenden und lehrreichen Reise durch 1500 Jahre fernöstlicher Kultur: Eine Video-Installation von Nam June Paik, dem prominentesten Grenzgänger zwischen Korea und Deutschland.

Weitere Infos zum Museum für Ostasiatische Kunst in Köln
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