Ein Drittel der Menschen in Deutschland engagieren sich ehrenamtlich. Und entgegen allen vermeintlich negativen gesellschaftlichen Entwicklungen wächst die Zahl der Menschen, die freiwillig mit anpacken. Laut den
Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) stieg er von 24 Prozent im Jahr 1992 auf 35 Prozent im Jahr 2021. Ein Trend, der optimistisch stimmen kann, auch wenn Daten aus den jüngeren Jahren noch nicht vorliegen. Die hohen Zahlen zeigen, dass das Eintreten für Gemeinschaft und Demokratie „sehr in der DNA unserer Gesellschaft verankert ist“, sagt zumindest Thomas Klie vom Institut AGP für Sozialforschung.
Vor allem unter älteren Menschen (ab 64 Jahren) und unter jungen Menschen (zwischen 17 und 29 Jahren) nimmt das freiwillige Engagement weiter zu. Allerdings verändert sich die Art und Weise. Gerade junge Menschen präferieren anstelle eines langfristigen Engagements - beispielsweise im Sportverein - eher phasenweise Hilfe zu leisten. Vor allem im Bereich Sport und Kultur nimmt die Bindungskraft ab.
Ob nun ein langfristiges Engagement bei der Feuerwehr, im Sportverein oder beim Mitmachtheater – oder nächste Woche einfach mal zwei Stunden beim Weihnachtsfest im Seniorenheim helfen:
Freiwilligenagenturen bringen Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, mit denen zusammen, die Unterstützung brauchen.
Was gibt es für Ehrenämter? Ein paar Beispiele:
Die Rettungshundestaffel des Landkreises Leipzig
Rund um die Uhr, 24/7, könnte die Polizei sie alarmieren, damit sie Vermisste suchen, in Wäldern, im Gebirge oder auf Industriebrachen. Orientierungslose Senioren, davongelaufene Kinder oder Menschen, die sich das Leben nehmen wollen. Bei den Einsätzen ist die Suche oft ein Wettlauf gegen die Zeit. Gegen Kälte, Dehydrieren oder Selbstverletzungen. Damit Hund und Mensch fit für solche Extremeinsätze sind, muss natürlich auch regelmäßig trainiert werden. Die Rettungshundeführer sind außerdem umfangreich ausgebildet. Sie kennen verschiedene Einsatztaktiken, navigieren mit Karte, Kompass, GPS und haben eine Ersthelfer-Ausbildung.
Du hast Freude daran, gemeinsam was zu schaffen. Du hast dieses Gefühl von: Du machst etwas Gutes, weil du ja auch etwas zurückkriegst. Wir machen das hier alle, weil wir das Gefühl haben: Das ist auch schön. Und das ist bereichernd!
Katrin Madela, Leiterin der Rettungshundestaffel des Landkreises Leipzig
Medienmentoring für Senioren in Weimar
Monika Brühl war im IT-Bereich tätig. Nach ihrer Pensionierung und ihrem Umzug von Berlin nach Weimar wollte sie sich ehrenamtlich engagieren. So kam sie zu „Weimars Gute Nachbarn“. Nun organisiert sie alle zwei Wochen das Mediencafé für Senioren – und beantwortet Fragen rund um Computer und Smartphone. Beispielsweise: Wie installiere ich eine App? Wie kann ich mit meinen Enkeln im Ausland per Video sprechen? Oder wie kann ich mit der Deutschen Bahn-App ein Ticket kaufen?
Mir bedeutet das sehr viel, und es gibt mir sehr viel. Es ist für mich auch keinerlei Belastung, sondern ich empfinde das als Schenken und ich bekomme ja auch viel zurück. Die Leute sind so dankbar! Und es haben sich auch teilweise schon so kleine Freundschaften entwickelt.
Monika Brühl von „Weimars Gute Nachbarn“
Theater im Kino (TiK) in Berlin
Das Theater im Kino in Berlin-Friedrichshain wird komplett ehrenamtlich betrieben. Es ist ein Mitmachort. Auf dem Spielplan stehen neben Impro-Theater auch Konzerte, Open Stages und Comedy. Nicht nur das, was gespielt wird, ist oft improvisiert, auch das Theater selbst hat Werkstattcharakter. Junge Schauspieler testen sich hier aus, wagen das ein oder andere Experiment – und manche Schauspieler, die früher im TiK mitgemacht haben, sind heute deutschlandweit bekannt.
Ich glaube, ganz viele kommen zu uns, weil sie Menschen kennenlernen wollen. Es sind Menschen, die einen Ort suchen, wo man sich verwirklichen kann, ohne dass man gleich bewertet wird, wo man sich austauschen kann. Und ich mache es vor allem, weil ich Lust habe, Menschen Perspektiven zu eröffnen, von denen sie vielleicht vorher nichts geahnt haben.
Bea Beng, Leiterin der Impro-Gruppe im TiK
Der Zuhörraum in München
Wer über Probleme sprechen möchte, ohne dass gleich Ratschläge gegeben werden oder das Gesagte bewertet wird, kann in den Zuhörraum in München kommen. Betrieben wird er vom Verein „Momo hört zu“. Die Idee hat man 2023 aus Hamburg importiert, wo Ehrenamtliche einen solchen Raum in einem ehemaligen U-Bahn-Kiosk eingerichtet haben. Die ehrenamtlichen Zuhörerinnen und Zuhörer werden vorher in einem Onlinekurs geschult, in dem es um Themen wie Respekt, Wertschätzung und Dankbarkeit geht.
Ich habe schon immer gern und auch oft zugehört. Es entsteht einfach etwas Besonderes. Es entsteht eine Beziehung oder eine Verbundenheit, wenn zwei Menschen sich wirklich begegnen. Und das ist mir auch wichtig, dass es echt ist und spannend ist, was es alles für Geschichten im Leben so gibt. Es ist einfach eine Bereicherung und oft gehe ich auch erfüllt raus.
Marianne, ehrenamtliche Zuhörerin