LSD, Pilze, MDMA

Drogen gegen Depressionen?

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Zwei Pilze stehen in bläulichem Licht auf grünlichem Moos im Wald.
Können Drogen, die etwa aus Pilzen gewonnen werden, gegen Depressionen helfen? Die ersten Versuche scheinen vielversprechend zu sein. © Getty Images / Misha Kaminsky
Andrea Jungaberle im Gespräch mit Nicole Dittmer · 01.11.2022
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Nicht alle illegalen Drogen sind schädlich, einige Psychedelika können sogar als Medikamente bei psychischen Erkrankungen nützlich sein. Andrea Jungaberle forscht daran und sieht ein Potenzial, das bald vielen Menschen helfen könnte.
Drogen wie LSD, Meskalin und Magic Mushrooms, sogenannte Zauberpilze, verändern das Bewusstsein und können auch zu Panikattacken und Horrortrips führen. Doch können sie richtig angewendet auch als Medizin dienen?
Die Anästhesistin und Psychotherapeutin Andrea Jungaberle setzt Psychedelika bereits in ihrer Praxis ein. Sie ist Gründerin der MIND Foundation, einer gemeinnützigen, europäischen Wissenschaftsorganisation, die psychedelische Forschung und Therapie fördert.

Lebensqualität von Kranken verbessern

"Psychedelika sind nicht das Erste, was man machen sollte, wenn jemand mit einer psychischen Erkrankung zum Arzt kommt", sagt sie. Allerdings könnten Patienten stark von ihnen profitieren, wenn diese Substanzen in einer Psychotherapie mit verwendet werden.
Derzeit werde an mehreren Substanzen geforscht, am vielversprechendsten seien die sogenannten Magic Mushrooms, also psilocybinhaltige Pilze, da sie bei Depressionen und Angststörungen helfen könnten, aber auch bei der "end of life anxiety", also Menschen mit einer tödlichen Krankheit im Endstadium, wie etwa Krebs, AIDS oder Multiple Sklerose. Die Drogen könnten ihre Lebensqualität verbessern.

In fünf Jahren als Medikament zugelassen?

MDMA (Ecstasy) könnte bei schwerer posttraumatischer Belastungsstörung eine Therapie unterstützen. "Psilocybin und MDMA könnten binnen der nächsten fünf Jahre als Medikamente in der Psychotherapie zur Marktreife kommen", sagt Jungaberle.

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Die Patienten, die die Substanzen in den Versuchen verabreicht bekommen, erlebten Veränderungen der Wahrnehmung, des Gefühlslebens und der Denkmuster. Menschen könnten mit biografischen Prozessen in Kontakt kommen, indem sie Szenen aus der Kindheit wiedererleben und einen neuen Blick darauf bekommen.

Keine Sucht oder regelmäßige Einnahme

Andere machten "mystische oder quasi-mystische Erfahrungen", in denen sie mit etwas Göttlichem in Kontakt kommen, sagt die Ärztin. Diese Erfahrungen könnten bei Sinnverlust als Korrektiv dienen und neuen Lebensmut verleihen. Patienten könnten so neue Perspektiven und Gedanken einnehmen. Das sei hilfreich, um anders auf Probleme zu schauen.
Abhängig können Psychedelika laut Jungaberle nicht machen, weil sie nicht in den Dopaminhaushalt eingreifen. Im Gegensatz zu Antidepressiva nehmen die Patienten die Drogen nicht regelmäßig ein, sondern nur ein- oder zweimal während einer Substanzsitzung, in der sie begleitet werden von Therapeuten.

Andrea Jungaberle spricht am 5. November 2022 bei der Berlin Science Week.

(leg)
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