Drei Jahre im Exil

Die winzige Welt des Julian Assange

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Wikileaks-Gründer Julian Assange wirkt bei seiner Erklärung in der ecuadorianischen Botschaft erschöpft: "Ich werde die Botschaft bald verlassen."
Wikileaks-Gründer Julian Assange wirkte bei seiner Erklärung in der ecuadorianischen Botschaft erschöpft: "Ich werde die Botschaft bald verlassen." © AFP / John Stillwell
Von Jochen Spengler · 19.06.2015
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Er hat nur ein Zimmer mit Bett, Dusche, Kochplatte und einen Computer. Seit drei Jahren sitzt der Wikileaks-Gründer Julian Assange in London in Ekuadors Botschaft fest. Würde er auf die Straße treten, wäre seine Verhaftung sicher.
Nur minimale Bewegung und kein Ende in Sicht in der unendlichen Geschichte: im März vollzog Schwedens Staatsanwaltschaft die Kehrtwende und kündigte an, Julian Assange in der Botschaft Ekuadors vernehmen zu wollen, also das zu tun, was der Wikileaks-Gründer schon Anfang 2011 angeboten hatte. Sein Anwalt, Per Samuelson, schilderte im März die Reaktion seines Mandanten:

"Er war sehr zufrieden. Er sagte, das ist ein großer Sieg für mich; ich habe darum seit mehr als vier Jahren gebeten. Zugleich war er irritiert, dass die Staatsanwältin Marianne Ny so lange brauchte, um einzusehen, dass sie dies tun musste."

Doch es brauchte weitere Monate, bis es konkret wurde mit der Befragung. Vorgestern sollte sie stattfinden; und dann sagte Schwedens Staatsanwaltschaft in letzter Minute ab. Sie hatte den Behörden Ekuadors die Bitte um Befragung zu spät zugestellt, um rechtzeitig eine Genehmigung zu erhalten. Sollen die Vorwürfe sexueller Belästigung und Nötigung nicht verjähren, muss Assange bis Ende Juli vernommen werden.

Nur die ihm zur Last gelegte mutmaßliche Vergewaltigung in einem minderschweren Fall verjährt erst 2020. Julian Assange wird vorgeworfen, dass er im August 2010 ungeschützten Geschlechtsverkehr mit einer Wikileaks Unterstützerin hatte, obwohl die auf einem Kondom bestanden habe. Einige Tage später erkundigte sich die Frau bei der Polizei, ob man den Whistleblower zu einem HIV-Test zwingen könne. Das brachte den Stein ins Rollen, weil Vergewaltigung ein Offizialdelikt ist, nach dem die Behörden automatisch ermitteln müssen.

In Großbritannien wehrte sich der heute 43-Jährige in drei Gerichts-Instanzen erfolglos gegen das Auslieferungsersuchen und flüchtete am 19. Juni 2012 in Ekuadors Botschaft.
Sein Botschaftsexil ist wie Knast ohne Hofgang

Seit 1065 Tagen hockt er in einem kleinen Zimmer, mit Bett, Dusche, Kochplatte, einem Computer, einem Laufband und einer Höhensonne. Wollte er das Gebäude hinter dem Nobelkaufhaus Harrod‘s verlassen, würde er sofort verhaftet werden. Sein Botschaftsexil ist wie Knast ohne Hofgang und schon vor einem Jahr sagte Assange:
"Wie sie sich vorstellen können – ohne Anklage vier Jahre auf verschiedene Weise in diesem Land eingesperrt zu sein – und davon zwei Jahre in dieser Botschaft, die keinen Auslauf hat, kein Sonnenlicht, das ist eine Umgebung, in der jede gesunde Person gewisse Schwierigkeiten hätte."

Seine Anhänger haben verbreitet, dass der Whistleblower an einer Herz- und chronischen Lungenerkrankung und an Bluthochdruck leide. Zumindest ist sein Haupthaar ist in der Zeit von aschblond zu grau mutiert. Vor zehn Monaten lud er zu einer merkwürdigen Pressekonferenz und verkündete:

"I am leaving the embassy soon."
Ich werde die Botschaft bald verlassen! Eine Aussage, die sich offensichtlich als voreilig entpuppte. Jetzt sagte Ekuadors Präsident Rafael Correa gegenüber Euronews:

"Assange kann den Rest seines Lebens in unserer Botschaft bleiben und wird immer willkommen sein. Schon morgen könnte das Problem leicht gelöst werden, wenn ihm das Vereinigte Königreich Immunität anböte. Schweden hätte ihn schon längst in der Botschaft befragen sollen. Beide könnten das Problem schon morgen lösen."

Doch danach sieht es auch nach drei Jahren nicht aus.
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