"Drecksack - Lesbare Zeitschrift für Literatur"

"Wir wollten sehen, was auf der Straße los ist"

08:34 Minuten
Drei "Drecksack"-Exemplare liegen auf einem Tisch.
"Es geht eigentlich um den Dreck, mit dem wir uns im Leben befassen, den müssen wir zur Literatur machen", sagt Florian Günther über seine Zeitschrift. © Deutschlandradio / M. Funk
Florian Günther im Gespräch mit Christine Watty |
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In Berlin gibt der Schriftsteller und Fotograf Florian Günther die Zeitschrift "Drecksack" heraus. Dort fänden sich auch Texte von Leuten wieder, die sonst nirgendwo eine Stimme hätten, sagt er. Unter den Autoren sind auch Obdachlose.
Seit zehn Jahren erscheint in Berlin-Friedrichshain der "Drecksack", Untertitel die "Lesbare Zeitschrift für Literatur". Herausgeber ist der Schriftsteller, Dichter und Fotograf Florian Günther, der das Projekt am Anfang allein stemmte. Inzwischen sei man zu dritt, viert, manchmal auch zu sechst, sagt der Berliner. Die Mitarbeiter seien über ganz Deutschland verteilt.
Florian Günther steht im Studio von Deutschlandfunk Kultur vor einem Mikrofon.
"Drecksack"-Herausgeber Florian Günther © Deutschlandradio / M. Funk
Die Autoren kämen aus allen Bereichen, sagt Günther. "Es sind teilweise brillante Autoren, teilweise sind es Obdachlose, die aus ihrem Leben berichten. Kurze Texte, nicht brillant geschrieben, aber sehr lesenswert. Bei uns finden auch Leute ihre Texte wieder, die sich sonst nirgends äußern könnten."

Der Dreck aus dem Leben

Wie die Zeitschrift genau zu ihrem auffälligen Titel kam, das wisse er auch gar nicht mehr ganz genau.
"Es geht ja eigentlich um den Dreck, mit dem wir uns im Leben befassen, den müssen wir zur Literatur machen. Die Dinge, die die Literatenzeitungen eben nicht zur Literatur machen. Die kümmern sich um Literatur und Kunst, um sich selbst, um ihre Befindlichkeiten. Wir wollten sehen, was auf der Straße los ist. Wie reden diese Leute? Was haben die zu erzählen? Wir wollten für die da sein. Und da sind wir wieder bei lesbar – um von denen gelesen zu werden, muss man lesbar sein."
Zum Auswahlprozess bei dem Blatt, das alle drei Monate erscheint, sagt Günther: "Wir sind genauso ungerecht, wie alle andere Redaktionen auch. Wenn uns ein Text gefällt, wenn er zu passen scheint, dann nehmen wir ihn. Und wenn nicht, dann nehmen wir ihn nicht." Etliche Texte würden auch eingeschickt, ohne dass die Autoren die Zeitschrift überhaupt kennen, sagt Günther: "Da kommen die irrwitzigsten Sachen. Da muss man schon rabiat aussortieren."
(mfu)
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