Der Tag mit Friedrich Küppersbusch

"Abhängigkeit ist ein großes Wort"

31:52 Minuten
Portrait des Journalisten Friedrich Küppersbusch am Tisch sitzend, mit übereinander liegenden Händen.
Der Journalist Friedrich Küppersbusch spricht über die neuen US-Sanktionen, den Pkw-Maut-Untersuchungsausschuss und den Armutsbericht. © picture alliance / dpa / Oliver Berg
Moderation: Korbinian Frenzel · 12.12.2019
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Für Aufregung sorgt die Nachricht über die US-Sanktionen gegen am Nordstream-Bau beteiligte Firmen. Darüber sprechen wir mit dem Journalisten Friedrich Küppersbusch. Ebenfalls im Programm: der Pkw-Maut-Untersuchungsausschuss und der Armutsbericht.
Viel politische Aufregung um eine aktuelle Meldung aus dem US-Repräsentantenhaus: Die US-Parlamentskammer hat am Mittwoch Sanktionen verhängt gegen viele der an dem umstrittenen Gasleitungsprojekt "Nordstream 2" beteiligten Unternehmen. Die Pipeline soll direkt von Russland durch die Ostsee nach Deutschland führen.
Für den Journalisten Friedrich Küppersbusch ist diese Reaktion ein weiterer Beleg für die amerikanische Sichtweise, sich durchaus auch auf anderen Kontinenten in die Wirtschaftskreisläufe einzumischen.

"Abhängigkeit ist ein großes Wort"

Dies geschehe allerdings auch aus einem guten Grund: "Es ist schwer, das nur als ein wirtschaftspolitisches Thema zu sehen: Dann wäre die Debatte schnell vorbei. Die Amerikaner, insbesondere die Trump-Administration, argumentieren, Deutschland werde sich hier in Abhängigkeit von Russland begeben."
Doch müsse man bei diesem Argument ein wenig genauer über den Stellenwert von Erdgas auf dem deutschen Energiemarkt sprechen, so Küppersbusch: "Gas als Energieträger auf dem deutschen Markt - 20 Prozent, davon weniger als die Hälfte russisches Gas. Es gibt also andere Anbieter. Norwegen ist nur einer. Das mit der Abhängigkeit ist ein großes Wort."
Aber wenn man dann fragt, ob es den Amerikanern eher um sich selbst als Anbieter von Gas geht, dann spreche man im Zusammenhang mit diesen Sanktionen über Politik als verlängertem Arm amerikanischer Fracking-Gas-Anbieter.

Streit um die Deutung der Armutsfakten

Außerdem: Der aktuelle Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes stellt zum ersten Mal seit Jahren einen leichten Rückgang der Armut fest. Die Spaltung zwischen Regionen und Bundesländern vertieft sich aber weiter. Längst verläuft sie nicht mehr zwischen Ost und West.
Küppersbusch betont mit Ironie, dass die positive Nachricht über die Armut offenbar sei, dass die Armut nun endlich weitergezogen sei:
"Was mich wirklich bestürzt ist, dass das Ruhrgebiet der Ausreißer nach unten ist - bundesweit: Vielleicht sollten wir jetzt sagen: 'Behaltet doch den Soli und nehmt das Ruhrgebiet als neues Bundesland dazu."
Eigentlich könne man angesichts des positiven Trends in den ostdeutschen Bundesländern aber doch sagen: "Wir haben gelernt, dass es den fünf jüngeren Bundesländern besser geht." Gegen solche Einsichten aber spreche: "Ein Merkmal all dieser politischen Debatten ist eben mörderische Ungeduld."

Weitere Themen der Sendung

Ein weiteres Tagesthema ist der Auftakt des Untersuchungsausschusses zur gescheiterten Pkw-Maut: Das Gremium soll vor allem das umstrittene Vorgehen von Verkehrsminister Andreas Scheuer durchleuchten. Doch Scheuer streitet hier jedes Versäumnis oder Fehlverhalten ab. Wie groß sind die Chancen, ihm nachzuweisen, dass er millionenschwere Risiken zulasten der Steuerzahler eingegangen ist, die er hätte vermeiden können? Und natürlich kann sich Küppersbusch noch sehr genau an die Zeit erinnern, als in der alten Bundesrepublik der Nato-Doppelbeschluss diskutiert wurde und das Land zu teilen schien.

Friedrich Küppersbusch, geboren 1961 in Velbert bei Düsseldorf, ist Journalist, Moderator und Produzent. Seit 1987 arbeitete er als Autor für die WDR-Politiksendung ZAK, die er später auch moderierte. Dafür erhielt er 1991 den Adolf-Grimme-Preis. Die Moderationen aus ZAK sind 1997 als Buch erschienen. Von 2000 bis 2006 produzierte Küppersbusch die n-tv-Sendung "Maischberger". Seit 2003 schreibt er die Interview-Kolumne "Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?" für die taz.

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