Der große Einzelgänger Arno Schmidt

„Das Volk hat sich gefälligst zur Kunst hinzubemühen!“

54:13 Minuten
Porträt von Arno Schmidt mit seinem Zettelkasten, ca. 1955.
Arno Schmidt, circa 1955, mit Katze an seinem Schreibtisch beim Exzerpieren. Seine mit Notizen reich gefüllten Zettelkästen sind legendär. © picture alliance / akg images
Von Helmut Böttiger · 12.09.2021
Audio herunterladen
Von hinten durch die Brust ins Auge, aber direkt und treffsicher – so zielte Schriftsteller Arno Schmidt auf Adenauermief und Frömmelei. Durch die Literatur des 18. Jahrhundert gelangte der Einzelgänger in den 1950er-Jahren in seine eigene Moderne.
Lud man ihn zu Lesungen ein, sagte er wutschnaubend ab &* nutzte noch den letzten Satz, um das seltsame Ansinnen ins Lächerliche zu ziehen: "Muss man bei der Gruppe 47 auch singen oder braucht man nur nackt vorzulesen?"
Fragte man wegen eines Besuches an, sagte er postwendend ab. Wer dennoch zu kommen wagte, musste sich auf einiges gefasst machen. Ein Tapferer bekam zu hören, zum Geburtstag wünsche sich der Künstler neben einer festen Monatsrente zehn Jahre lang keinen Besucher ...

Schrulliger Kauz?

Schnell, zielstrebig &* rücksichtslos erarbeitete sich Arno Schmidt in den 1950er-Jahren den Ruf eines Sonderlings der deutschen Literatur. Seine wohlgemuten Äußerungen über die schiere Blödigkeit des Leservolks taten ein Übriges.
Wären da nicht seine Bücher, hätte Schmidt nur ein Andenken als schrulliger Kauz verdient. Als Schriftsteller aber löst er ästhetisch ein, was er als Person verkörpert.
In die Wiege gelegt war Schmidt es nicht, zur avantgardistischen Speerspitze der deutschsprachigen Literatur in der Mitte des 20. Jahrhunderts zu werden. An ihr standen nämlich zunächst Feen &* Zwerge, &* im Märchenton der romantischen Ritter- und Schauerromane ging es lange weiter.
Nach dem Krieg jedoch wurde aus dem "großen Zauberer" der schlesische Flüchtling, dessen Kunst das Leben aufsaugt, ihm Sinn &* Halt verschafft und dazu eine eigene Typographie, die die Lektüre verlangsamt - ! - oder / &* beschleunigt. Helmut Böttiger zeichnet nach, wie im Nahkampf mit der Zeit Schmidts Ästhetik entsteht.
(pla)

Es sprechen: Ingo Hülsmann, Tonio Arango & Renate Steininger
Ton: Christoph Richter
Regie: Giuseppe Maio
Redaktion: Jörg Plath
Produktion Deutschlandfunk Kultur 2021

*&...Ja, das ist ein "und"!
Mehr zum Thema