Programmheft mit ausführlichen Informationen zu Werken und Künstlern: hier.
Debüt im Deutschlandfunk Kultur mit Dirigentin Tianyi Lu
Für die Dirigentin Tianyi Lu geht es bei Musik immer um Kommunikation, um das Erleben des einzelnen Moments. © Antony Potts
Große Bühnen erobert
118:29 Minuten

Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin beschließt die Saison mit einem Debütkonzert für Deutschlandfunk Kultur. Vorgestellt wird Jungstar Tianyi Lu. Sie dirigiert Neues und Spätromantisches mit Bratscher Ionel Ungureanu und Pianistin Mirabelle Kajenjeri.
Seit 1959 gibt es die Reihe „Debüt“, in der jungen Musikerinnen und Dirigenten – vielversprechenden Talenten – die große Bühne geboten wird. Mit einem solchen Konzert beschloss das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin die diesjährige Saison. Dieses Mal sind drei junge Künstler zu Gast.
Jung-Star am Pult
An erster Stelle steht die junge erfolgreiche Dirigentin Tianyi Lu. Die international aufstrebende Dirigentin ist Neuseeländerin, in China geboren, und kann bereits auf zahlreiche Wettbewerbserfolge zurückblicken, darunter etwa der erste Preis beim Internationalen Sir Georg Solti-Dirigierwettbewerb 2020. Das macht sich bezahlt – seitdem debütierte sie bereits bei Orchestern wie den New Yorker Philharmonikern und dem London Philharmonic Orchestra, und letztes Jahr war sie auch bei den BBC Proms zu Gast.
Tianyi Lu eröffnet das Konzert mit einem zeitgenössischen Werk „Tupaia“ der neuseeländischen Komponistin Salina Fisher, das 2018entstand und vom polynesischen Priester und Navigator Tupaia inspiriert wurde. Dieser begleitete die erste Pazifikreise des britischen Seemannes James Cook, der mit seinem Segelschiff Endeavour Richtung Tahiti aufgebrochen war, um das Vorbeiziehen der Venus vor der Sonne zu beobachten. Damit wollte er den Abstand zwischen Sonne und Erde bestimmen.
Astrologie und Naturgewalten
„Tupaia“ ist auch von der Idee der Himmelsnavigation inspiriert: ständige und allmähliche Verschiebungen der Perspektive verweisen auf Auf- und Untergang der Sterne.
In einigen Passagen improvisiert das Orchester frei, um die Unregelmäßigkeit von Naturereignissen zum Klingen zu bringen.
Ionel Ungureanu, Sohn rumänisch-tschechischer Eltern, fing mit 4 Jahren an, Geige zu spielen, um mit der Familie musizieren zu können. Da er bereits der dritte Geiger im Verbund war, übernahm er meistens die Bratschenstimme. So kam er zur Viola, mit der er seitdem einen erfolgreichen Weg geht.

Ionel Ungureanu war schon von Stunde eins an von Musik umgeben. © Michael Wegler
So gewann er beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD 2023 gleich 3 Preise, darunter den Sonderpreis für die beste Interpretation der Auftragskomposition. Er ist Solobratschist beim MDR-Sinfonieorchester und hat ein eigenes Ensemble: Borsch4Breakfast tritt mit Arrangements klassischer Werke auf, vermischt mit osteuropäischer Folklore und Balkan-Jazz.
Ionel Ungureanu spielt das im Jahr 2021 uraufgeführte Konzert für Viola und Orchester von Anders Hillborg. Sein Werk widersetzt sich den Vorurteilen, die der Bratsche entgegengebracht wird. Von wegen zweitklassig, von wegen einfache Partie.
Alleskönner Bratsche
Das Bratschenkonzert besteht aus sieben Teilen, die ohne Pause aufeinander folgen und beginnt mit der Passage 'Rage', also Wut. Wilde Akkordwiederholungen donnern, bis der langsame Teil 'Fade' erreicht ist. Die warme Seite der Bratsche kommt zum Beispiel in 'Still' zum Tragen. Das Konzert bietet Wildes und Klagendes und damit ein breites Spektrum für einen jungen Virtuosen.
Humorvolles Anrempeln gegen die Altvorderen
Die Spielanweisung „con umore“ - „mit Humor“ - kommt gleich zweimal in der Partitur von Richard Strauss’ Burleske für Klavier und Orchester vor. Sie gibt einen deutlichen Hinweis darauf, wie Strauss die vielen pathetischen Übertreibungen und zahlreichen plakativen Anspielungen in diesem Frühwerk gemeint haben könnte. Der damals 21-Jährige bezog sich beim Komponieren mit frechen Augenzwinkern auf die Klänge von Wagner, Liszt und Brahms.
Strauss überzog auch das pianistische Niveau derart, dass sich niemand für eine Uraufführung fand. So bearbeitete er das Werk einige Jahre später, um es wenigstens für die großen Virtuosen zugänglich zu machen.
Mit wichtigen Preisen auf die Bühne
Solistin ist die französische Pianistin Mirabelle Kajenjeri. 1998 als Tochter burundischer und ukrainischer Eltern geboren, absolvierte sie ihr Studium in Wien, Hannover und Brüssel. Inzwischen kann sie auf große Wettbewerbserfolge zurückblicken: sie gewann bei „Santa Cecilia International Competition“ und erlangte die Finalrunde des „Concours Reine Élisabeth“. Daneben ist sie Stipendiatin verschiedener namhafter Stiftungen, etwa der Fondation Gautier Capuçon.
2024 wurde sie außerdem als „Artist in Residence“ an der Queen Elisabeth Music Chapel in Brüssel aufgenommen. Ihr Debütalbum Étincelles veröffentlichte sie im Jahr 2022.

Mirabelle Kajenjeri ist offizielle Künstlerin der Flügel-Manufaktur Bechstein.© Sofija Palurovic
Das letzte Werk des Abends ist ebenfalls eine Burleske. Igor Strawinsky erzählt in vier Orchesterbildern die bitterböse Geschichte um „Petruschka“, einer verlebendigten Puppe inmitten eines russischen Jahrmarkts. Die Partitur zeichnet sich durch innovative Rhythmen und eine vielfältige Instrumentation aus und verbindet Folkloristisches mit avantgardistischen Elementen.
Aufzeichnung vom 05.07.2025 in der Philharmonie Berlin
Salina Fisher
"Tupaia“ für Orchester
Anders Hillborg
Konzert für Viola und Orchester
Zugabe:
Henri Vieuxtemps
Capriccio „Hommage a Paganini“ in c-Moll op. 55 für Bratsche
Konzertpause
Elisabeth Hahn im Gespräch mit den Debütanten
Richard Strauss
Burleske in d-Moll für Klavier und Orchester
Igor Strawinsky
"Petruschka“. Burleske Szenen für Orchester (rev. Fassung von 1947)
Ionel Ungureanu, Viola
Mirabelle Kajenjeri, Klavier
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Leitung: Tianyi Lu