Debatte um aufgeklärten Patriotismus

"Man liebt nicht ein Land, man liebt Menschen"

Fotografiert vor der Fußball-EM im Juni 2016: Deutschlandfahnen schmücken den Eingang zu einem Haus.
Deutschland ist bunter und toleranter geworden, findet Alan Posener. © picture alliance / dpa
Alan Posener im Gespräch mit Korbinian Frenzel |
Hymne, Kultur, Grundgesetz? Nein, sagt der Publizist Alan Posener, wenn er seine Liebe zu Deutschland in Worte fassen solle, dann fallen ihm die Menschen ein. Diese Form von Patriotismus sei der AfD und auch rechten Intellektuellen völlig fremd.
"Ja, wir dürfen sagen, Deutschland ist toll", antwortet der Publizist Alan Posener im Deutschlandfunk Kultur auf die Frage nach den Möglichkeiten eines deutschen - aufgeklärten - Patriotismus. Spätestens seit der Fußball-WM 2006 sei die Frage, ob die die Freude am eigenen Land erlaubt sei, doch eigentlich vom Tisch, meint Posener.
Die Sorge, ob Deutschland als liebenswert bezeichnet werden könne, sei heute die "Sorge einer kleinen, aber einflussreichen, gerade in der Publizistik einflussreichen Schicht von Leuten". Man müsse sich halt überlegen, was man an Deutschland lieben wolle, dann löse sich diese Problematik auf. Und für ihn seien das ganz klar die Menschen in diesem Land. Mit britischen Wurzeln könne er klar erkennen, wie viel angenehmer das Leben hierzulande geworden sei:
"Deutschland hat sich so verbessert in den letzten 30 Jahren, allein wie mich die Leute in Läden ansprechen - im Bus, die dummen Sprüche der Busfahrer, die inzwischen selbstironisch geworden sind. Dass Deutschland so viel bunter, so viel toleranter geworden ist."
Wenn er U-Bahn fahre, schaue er um sich herum und sage sich: "Leute ich mag euch."

Die Menschen lieben, Patriot sein

Und genau das passe der AfD nicht. Die AfD-Anhänger seien zu dieser Form von Patriotismus nicht fähig, sagt Posener und ergänzt:
"Wer nicht in der Lage ist, Menschen zu lieben, kann natürlich auch nicht Patriot sein. Und das ist der Punkt beispielsweise bei den Rechten und bei der AfD: Sie verachten gut zwei Drittel der Menschen mindestens in diesem Land, weil die sie nicht gewählt haben. Überall heißt es 'links-grün versiffte Mehrheit', 'die links-grün versifften Medien', von den Ausländern ganz zu schweigen. Für die AfD sind wir Deutschen, die Mehrheit von uns Deutschen, sind wir Schlaffis."
Die Neuetablierung des Rechtsintellektuellentums halte er für sehr "unglücklich", betont Posener. Denn die Rechtsintellektuellen unterschieden sich deutlich von den Konservativen. Sie setzen darauf, pointiert reaktionär sein zu wollen - "dieses 'Ich will jetzt Neger sagen dürfen', obwohl es Millionen von Menschen beleidigt". Letztlich sei das eine pubertäre Haltung.
(huc)
Hören Sie hier beide Teile des Gesprächs mit Alan Posener:
Teil 1
Teil 2
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