Das Buch meines Lebens

V. S. Naipaul: "An der Biegung des großen Flusses"

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Gregor Hens schaut direkt in die Kamera. Das Bild befindet sich auf einem Hintergrund mit aufgeschlagenen Buchseiten in der Nahaufnahme.
Begeistert vom sprachlichen Naipaul-Ton: Gregor Hens. © Milena Schloesser
Von Gregor Hens · 15.03.2019
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Der Schriftsteller und Übersetzer Gregor Hens hat sich an "A Bend in the River" von V. S. Naipaul berauscht. Allerdings nicht an der Geschichte - sondern an der Sprache. "Ich habe immer noch diesen Ton im Ohr", schwärmt Hens.
Mich haben sehr viele Bücher beeinflusst und haben mein Leben verändert. Das ganze Leben ist eine einzige Veränderung des Lesers. Was mich aber wirklich umgehauen hat, war V. S. Naipauls "A Bend in the River", auf Deutsch "An der Biegung des großen Flusses". Ein Buch, das ich auf Englisch gelesen habe, das aber auch fantastisch übersetzt ist. Es handelt von einem jungen Mann, der indischstämmig ist, an der afrikanischen Ostküste lebt und ins Landesinnere reist, um dort einen kleinen Gemischtwarenladen zu übernehmen.
Das Land kann man erkennen als Zaire, es gerät in die Wirren der postkolonialen Zeit. Im Hintergrund der Präsident des Landes - man erkennt Mobutu Sese Seko, den Diktator. Das Buch spielt ungefähr in den Siebzigerjahren. Was mich umhaut, ist nicht diese Geschichte, auch nicht diese Person. Ich habe überhaupt keine Identifikation mit diesem Typen. Ich habe nichts mit dem gemein, aber die Sprache und der Stil dieses Buchs "A Bend in the River": Schon der Titel fließt wie ein großer träger Fluss.
Und das ganze Buch ist unglaublich sauber, auch ein bisschen lakonisch erzählt. Das ist großartig. Eigentlich sollte man gar nicht warm werden mit dem Buch, weil es so weit weg ist - also Afrika, postkoloniale Zeit in den Sechziger- und Siebziegerjahren. Was habe ich damit zu tun? Aber: Trotzdem packt es einen. Die Sprache bringt es einfach. Sie zieht einen mit. Großartiges Buch. Ich habe die Details der Geschichte längst vergessen, natürlich. Ich hab das Buch vor 20 Jahren gelesen, aber ich habe immer noch diesen Ton im Ohr. Das ist das Tolle.
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