Das Blaue Sofa

"Bildung ist zur Religion geworden"

Schüler malen an einer Hauptschule in Arnsberg (Sauerland).
Kunstunterricht in einer Schule: Nicht jedes Kind ist hochbegabt, glaubt Konrad Paul Liessmann © dpa / picture alliance / Fabian Stratenschulte
Moderation: Rene Aguigah  · 09.10.2014
Der Buchautor Konrad Paul Liessmann hat mit seiner Streitschrift "Geisterstunde - Die Praxis der Unbildung" eine neue Debatte über die Kompetenz sogenannter Bildungsexperten angefacht. Er hält viele "einfache Lösungen" für blanken Unsinn.
Es gehe ihm nicht darum, den Bildungsexperten die Expertise abzusprechen, sagte der Philosoph Konrad Paul Liessmann. Dennoch will er mit seinem neuen Buch "Geisterstunde - Die Praxis der Unbildung" offen legen, dass gewisse "Formen von Bildungsexpertentum" falsche Ansätze hätten und eher zur "Praxis der Unbildung" beitrügen. Manche Ratschläge stifteten eher Verwirrung, seien mitverantwortlich für bedenkliche und desaströse Entwicklungen im deutschsprachigen Bildungssystem.
Kritik am Gestus der Bildungsexperten
"Mir gefällt der Gestus nicht so gut, mit dem hier aufgetreten wird", sagte Liessmann über Bildungsexperten wie den Philosophen Richard David Precht oder den Hirnforscher Gerald Hüther. "Mir gefällt es nicht, dass Bildung praktisch zur säkularen Religion geworden ist und die Bildungsexperten quasi als Propheten auftreten." Auf der einen Seite gebe es die Warnung, dass das Land nicht mehr wettbewerbsfähig bleibe. Er schätze Precht zwar als Philosophen, aber einfache Lösungen wie das Abschaffen von Schulstunden oder Schulfächer seien doch "Unsinn".
"Ich halte das wirklich für Irrwege"
Der Philosoph machte deutlich, dass er nicht daran glaube, dass die Bildungseinrichtungen so versteinert seien noch im 19. Jahrhundert wurzelten und sich alles verändern müsse. "Ich halte das wirklich für Irrwege", sagte Liessmann. "Obwohl mir Bildung wichtig ist, glaube ich nicht, dass Bildung alle Probleme der Menschheit löst", sagte Liessmann. "Obwohl ich glaube, dass Schule wichtig ist, glaube ich nicht, dass Schule alle Defizite der Gesellschaft kompensieren kann." Er glaube zwar, dass jeder Mensch die Anlage habe, sich weiter zu entwickeln, zu entfalten und zu bilden. Aber er sei nicht davon überzeugt, dass jedes Kind hochbegabt sei und nur an einem völlig verknöcherten Schulsystem scheitere.

Konrad Paul Liessmann: Geisterstunde.- Die Praxis der Unbildung", Hanser-Verlag, 17,90 Euro

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