Daniel Buren in den Chemnitzer Kunstsammlungen

Der Streifenmeister lässt es leuchten

Der französische Künstler Daniel Buren vor einer von ihm gestalteten Wand im Hotel Yooma in Paris, aufgenommen am 24.4.2017
Der französische Künstler Daniel Buren vor einer von ihm gestalteten Wand in Paris © picture alliance / dpa / Frédéric Dugit / MAXPPP
Von Carsten Probst · 16.03.2018
Sein Markenzeichen ist inspiriert von Pariser Markisen: Vertikale Streifen haben Daniel Buren berühmt gemacht. Nun feiert eine Ausstellung in Chemnitz den französischen Künstler, der in wenigen Tagen 80 Jahre alt wird. Die leuchtenden Glasfaser-Textilien sind eine Weltpremiere.
Daniel Buren gehört zu den bekanntesten und wichtigsten Gegenwartskünstlern der Welt. Berühmt ist der Franzose für seine vertikalen Streifen, die er oft als große Interventionen in den Stadtraum einbringt. Bekannt sind seine Konstruktion aus gestreiften Säulen im Pariser Palais Royal, auch in Deutschland hat er einige markante und oft auch umstrittene Werke hinterlassen.

Warum Chemnitz zu Buren passt

In wenigen Tagen, am 25. März, wird Buren 80 Jahre alt und diesen Anlass feiert eine Ausstellung - nicht in New York, nicht in Paris, nicht in Berlin - sondern in: Chemnitz. Der Künstler beantwortet die Frage, warum ausgerechnet die sächsische Stadt für ihn so interessant ist, aus der Logik seines Werkes heraus:
"Ich arbeite ja immer an bewohnten Orten – werde also kein Projekt in der Wüste machen. Dabei ist es gleich, ob eine Stadt groß oder klein ist oder ob ein Dorf ist auf dem Land. Und ich arbeite gern in Gegenden, die sich am Stadtrand befinden, weniger im Zentrum großer schöner Städte. Also auch in nicht so schönen Städten und Radgebieten. Aber genau so gern habe ich das Projekt im Pariser Palais Royal gemacht zum Beispiel."

Ein Riesenkunstwerk im Hintergrund der Ausstellung

Im Hintergrund dieser Ausstellung steht vor allem der seit dem Jahr 2012 farblich neu gestaltete des Schornsteins des Kraftwerkes Chemnitz-Nord. Das ist nicht irgendein Schornstein, sondern der vierthöchste der Welt, also mit 302 Metern fast so hoch wie der Berliner Fernsehturm. Und diesen Schornstein, der mitten in Chemnitz steht und trotz seiner Größe bislang nicht gerade ein Wahrzeichen der Stadt war, hat Buren durchaus zu etwas Besonderem werden lassen.
Nachts wird der Turm außerdem von einer "Spirale der Freude" erleuchtet, einem Band aus 1200 LED-Leuchten, die sich spiralförmig das Bauwerk hinaufwinden.
Dazu gibt es jetzt eine Weltpremiere in den Kunstsammlungen Chemnitz zu sehen, nämlich quadratische Textilien aus Glasfaser, die aus sich heraus leuchten und die in den Farben Blau und Weiß eben auch das berühmte 8,7 Zentimeter Standard Streifenmuster tragen, für das Buren ja so bekannt ist.

Mit Streifen weltberühmt geworden

Mit diesem den Pariser Markisen nachempfundenen Streifen ist er weltberühmt geworden, auch sehr einflussreich für viele jüngere Künstler. Er selbst weiß, dass das für manche Betrachter seiner Kunst gewöhnungsbedürftig ist:
"Ich nehme als Grundlage meiner Arbeit immer diese gleiche Form in der gleichen Größe, damit rechne ich und damit plane ich auch meine Werke. Die ist immer gleich, egal ob es sich jetzt um eine Fläche von 15.000 Quadratmetern handelt oder um ein DIN A 4-Blatt, es wird immer die gleiche feste Größe sein. So etwas gab es in der westlichen Tradition nicht, die mir vorausging."
Er ist sehr viel gereist, zum Beispiel nach Mexiko oder Afrika und trennt Kunst und Ornament nicht so stark, wie es der traditionelle westliche Kunstbegriff eigentlich tut. Das war in den 60er-Jahren mit den erwähnten Markisen eben auch seine Revolte gegen die Malerei und den westlichen Kunstbegriff. Hat die Malerei dafür geöffnet, ortsspezifisch zu werden.

Viele jüngere Künstler beeinflusst

Darauf basiert auch der Einfluss seiner Schriften auf viele jüngere Künstler: Er sagt er möchte weg vom dominanten Kunstwerk, das den Betrachter bannen möchte, stattdessen soll das Werk die Wahrnehmung des umgebenden Raumes schärfen. Das war lange ungewohnt, aber heute sind solche künstlerischen Strategien längst Gang und Gäbe.
Erstaunlich genug an seiner Karriere ist, dass sie inzwischen nahezu seit fünf Jahrzehnten andauert. Eine Seltenheit in der Gegenwartskunst. Aber der Grund für seinen Ruhm versteht man, wenn man akzeptiert, dass Buren immer das Kunstwerk von seiner Dominanz befreien und es durchlässig für den Wahrnehmung des umgebenden Raumes machen wollte. Dass ihn mittlerweile auch Städte anfragen, die ihre Tristesse womöglich mit dem Werk eines so berühmten Künstlers aufhübschen wollen, gehört wohl zu den Ambivalenzen jedes Künstler-Ruhms.
Ingrid Mössinger, die im Frühsommer scheidende, langjährige Chefin der Kunstsammlungen Chemnitz, hat mit dieser Schau noch einmal einen Coup gelandet, der zeigt, weshalb sie schwer ersetzbar sein wird.

"Quand le textile s’éclaire : fibres optiques tissées. Travaux situés 2013–2014" vom 18. März bis 10. Juni 2018 in den Kunstsammlungen Chemnitz
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