Ein Raum aus bunten Kreisen

Von Ursula Welter · 10.05.2012
Für die fünfte Pariser "Monumenta" hat der französische Künstler Daniel Buren 377 bunte Plastikkreise im Grand Palais ausgestellt. Ein außergewöhnliches Farbenspiel, das das ehrwürdige Gebäude aus der Belle Époque in einem neuen Licht erscheinen lässt.
Der Weg ins Innere führt diesmal über den Nordeingang. Das ist unüblich und durchdacht. Nein, man muss erst ein Stück laufen, erklärt Marie, eine der vielen Assistentinnen der "Monumenta 2012", man muss sich die Sache erarbeiten, das ist kein Geschenk.

Der Ticketstand diesmal draußen, gleich an der Metrostation, ein Tor aus schwarz-weißen Streifen, dem Markenzeichen des Daniel Buren, und dann der Tunnel, eine Art Hürde, hinter der sich, der Besucher ahnt es, nimmt es bereits wahr, das Licht auftut. Ein Wald farbiger, transparenter Kreise auf schwarz-weißen Stelen, mittendrin schwarze Kleidung, weiß schimmerndes, weil ergrautes Haar, der Künstler Daniel Buren:

"Die Grundidee war, das Licht zu nutzen, das hier außergewöhnlich ist. Das Licht beschäftigt mich stets. Wenn ich in einem geschlossenen Museum bin, will ich zuerst wissen, wie kann man das öffnen?"

Öffnen, das war im Grand Palais mit seinem gewaltigen Glasdach, der Glaskuppel, dem Tempel großer Ausstellungen seit mehr als 100 Jahren, nicht nötig.

"Hier ist das alles schon gegeben, hier ist das Licht prächtig. Die Architektur hier ist sozusagen auf den Himmel ausgerichtet, wo immer man ist, bietet das Glasdach des Grand Palais die Sicht auf den Himmel, keine Gebäude, kein Eiffelturm stört hier die Sicht. Nur der Himmel."

"Ein Himmel wie im Himmel", schrieb Ludwig Börne, Daniel Buren sieht das kaum anders. Denn das Glasdach gibt den Blick frei auf nicht irgendeinen Himmel:

"Es ist zudem der Himmel von Paris, das Licht in der Ile de France ist ein besonderes Licht."

Und hier kommt der Künstler ins Spiel. Daniel Buren hat seine Installation für die Monumenta 2012 "Excentrique(s)", getauft, "work in situ", an Ort und Stelle.

"Um dieses Licht unmittelbar sichtbar zu machen, habe ich eine Methode genutzt, die ich oft genutzt habe, ich habe das Licht gefärbt."

Vier Farben, blau, gelb, orange, grün. Transparente Kreise verschiedener Größen, die sich aneinanderlehnen, berühren, die Architektur des Raums bestätigen, Rundungen sind allgegenwärtig:

"Die Position der Kreise beträgt in der Höhe zwischen 2,50 Meter und 2,80 Meter, die niedrigste Stellung, die in einem solchen öffentlichen Gebäude erlaubt ist, aus Gründen der Sicherheit, also wir sind in einer Raumhöhe eines durchschnittlichen Appartements."

Nahezu die komplette Fläche unter der Glaskuppel des Grand Palais, 13.500 Quadratmeter, ließen sich so abdecken. Die Idee sei ihm gekommen beim Blättern in einem Buch über alte arabische Architekturkunst, sagt Daniel Buren. Das Farbspiel ist außergewöhnlich. Der Lichteinfall verändert die Szene ständig, das Licht wird herangeholt, verstärkt durch kreisförmige Spiegelflächen auf dem Boden, im Zentrum der Installation. Es gibt ein unten, ein oben, der straßenartige, graue Betonboden färbt sich, ebenso das Glasdach des Grand Palais in 35 Metern Höhe, das im Kuppelbereich mit blauer Folie überzogen wurde. Die Mischung der Farben macht die Wirkung aus:

"Wenn man eine Stunde bleibt, kann man sechs oder sieben Varianten des Licht sehen, das war es, was mich interessierte, das ändert sich stets, ob Sonnenlicht oder grauer Himmel, das Licht verändert das ganze Werk."

Für Daniel Buren ist das Glasdach des Grand Palais weniger Dach, mehr Hülle, Schutz gegen Wind und Regen. Ein öffentlicher Raum also, in dem ihm zur Natürlichkeit nur eines fehle, ein wenig Vandalismus, ein Graffiti hier und da. Seine Arbeit sei nie autonom, nie unabhängig vom Ort. Der Ort so wichtig wie das Kunstwerk, und auch dieser Platz nur geliehen:

"Die Mehrheit meiner Werke verschwindet wieder, seit 40 Jahren, 90 Prozent meiner Arbeiten sind wieder verschwunden, es bleibt ein Foto im Katalog und die Erinnerung derer, die es gesehen haben."

300.000 Besucher erhofft sich das französische Kulturministerium zur "Monumenta 2012 " im Grand Palais in Paris, geöffnet bis zum 21. Juni. Wie das Spiel der Farben, des Lichts auf die Betrachter wirken wird: "Keine Ahnung", sagt Buren, Monumenta, das sei wie ein Geschenk, ohne feste Funktion. Er wisse, was er habe realisieren wollen. Der Rest sei Freiheit.