Coronainfektionen

Kurzquarantäne statt kostenloser Tests

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Wegweiser mit Richtungspfeil zeigen in Richtung der Covid-19 Testzentren mit Abstrichzentrum von Centogene im Flughafen Frankfurt.
"Durch diese massenhaften Tests von Reiserückkehrern werden unsere Testkapazitäten ziemlich ausgelastet", bestätigt der Virologe Martin Stürmer vom IMD Labor in Frankfurt. © imago images / Ralph Peters
Martin Stürmer im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 24.08.2020
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Reiserückkehrer aus Corona-Risikogebieten direkt bei der Einreise zu testen, sei zu früh, betont der Virologe Martin Stürmer, weil so Ansteckungen am letzten Tag nicht erfasst würden. Er und empfiehlt stattdessen eine Kurzquarantäne.
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern beraten an diesem Montag darüber, ob sich die unterschiedlichen Coronaregeln bundesweit vereinheitlichen lassen. Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité hat zuvor, gemeinsam mit anderen Laborleitern, in einem Aufruf gefordert, die kostenlosen Coronatests an Flughäfen wieder einzustellen.
"Durch diese massenhaften Tests von Reiserückkehrern werden unsere Testkapazitäten ziemlich ausgelastet", bestätigt der Virologe Martin Stürmer vom IMD Labor in Frankfurt.
In den Laboren fehlten nun mitunter Materialien und Komponenten, die ein Test benötige:
"Wenn die Testanzahl von jetzt auf gleich fast verdoppelt wird, dann müssen natürlich auch unsere Lieferanten mit dem Ganzen nachkommen. Und wenn da nicht eine gute Vorratshaltung passiert ist, kann es sein, dass das eine oder andere Labor plötzlich keine Tests mehr auf Lager hat."
Wer freiwillig in ein Risikogebiet fahre, solle daher vielleicht auch die Kosten für einen Test selbst tragen, so Martin Stürmer.

Tests bei Einreise zu früh

Ein grundsätzliches Problem beim Testen der Reiserückkehrer sei, dass es zu früh sei, direkt nach der Einreise den PCR-Test durchzuführen, da mögliche Ansteckungen auf der Rückreise und am Abend zuvor so nicht vom Test erfasst werden.
"Sinnvoller wäre es, Reiserückkehrer, gerade aus Risikogebieten, in eine Kurzquarantäne zu schicken und erst am Ende dieser Kurzquarantäne einen Test durchzuführen."
Es sei grundsätzlich hilfreich, wenn Menschen auf Reisen in Risikogebiete verzichten würden – egal, wie streng dort die Schutzmaßnahmen wie die Maskenpflicht seien.
"Ich denke auch, dass das Gros der Touristen sich vernünftig verhält. Wir sehen aber auch, dass deutlich mehr als ein Drittel der Fälle, die wir in Deutschland haben, von Reiserückkehrern verursacht werden."

Risiko private Feiern

Besonders viele Menschen stecken sich derzeit allerdings in Deutschland bei privaten Feiern an. Martin Stürmer findet, dass die Politik hier zu zögerlich sei. "Ich würde tatsächlich die Gruppengröße deutlich reduzieren." Mit dieser Maßnahme ließe sich die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung deutlich senken.
Für das Infektionsgeschehen sei auch die Minderheit der Menschen, die die Maskenpflicht missachte, nicht unerheblich.
"Es ist eine Respektsbezeugung anderen Menschen gegenüber, sich an die Regeln zu halten. Ich finde, jeder Mensch sollte die Maske tragen", sagt Stürmer. "So schlimm ist es nun wirklich nicht."
Er mache sich Sorgen, wenn er Richtung Herbst schaue, so der Virologe. "Ich denke, im Herbst werden wir deutlich höhere Zahlen haben."
(jfr)
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