"Buy Now Pay Later"

Der unscheinbare Kredit

07:52 Minuten
Ein Smartphone mit der Klarna-App vor ein paar Rechnungen
Klarna ist Marktführer bei den "Buy Now Pay Later"-Angeboten und galt lange als Europas wertvollstes Start-up. © IMAGO / photothek / IMAGO / Ute Grabowsky / photothek.net
Annabel Oelmann im Gespräch mit Katja Bigalke und Martin Böttcher · 10.09.2022
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Sie heißen Klarna oder Afterpay und werden immer beliebter: Sogenannte “Buy Now Pay Later”-Anbieter machen den Einkauf im Internet einfach. Doch der schnelle Kauf wird schnell zur Kreditfalle – auch wenn niemand es so nennt.
„Buy Now Pay Later“ dürften viele unter dem Namen Klarna kennen, denn das Unternehmen war lange Zeit Europas wertvollstes Start-up. Deren Produkte wie Kauf auf Rechnung oder auch eine Ratenzahlung werden auf vielen Webseiten eingebunden und machen es einfach, sofort zu kaufen und eventuelle Rücksendungen schon auf den Weg zu schicken, bevor man überhaupt einen einzigen Cent zahlen muss.
Dabei hat das Angebot viel mit klassischen Kreditkarten gemeinsam, die bei Einhaltung des Zahlungsziels auch kostenlos sind, erklärt Annabel Oelmann, Vorstand bei der Verbraucherzentrale Bremen. Doch der Unterschied ist: Unter der 200-Euro-Grenze wird keine Bonitätsprüfung vorgenommen, die eigentlich zum Kundenschutz dient.

Die Finanzen aus dem Blick

Die größte Gefahr von „Buy Now Pay Later“ sieht Oelmann allerdings in dem großen Komfort, der dazu führen kann, dass Verbraucherinnen und Verbraucher die Übersicht über ihre Finanzen verlieren.
„Dann denke ich: ‚Ach, das kann ich ja hier noch machen. Da kann ich mir das Kleid oder die Schuhe noch leisten. Und bis die Rechnung kommt, bis das Geld eingefordert wird, habe ich bestimmt wieder Geld auf dem Konto.‘ Wenn ich das einmal mache, funktioniert das problemlos“, erklärt sie. „Aber viele Menschen verlieren da schnell den Überblick, gerade wenn sie es mehrfach machen, und dann können die Schulden sich schnell anhäufen.“

Die Überschuldungsfalle droht

Verbraucherinnen und Verbraucher würden sich nicht bewusst in die Schuldenfalle drängen, sagt Oelmann. Vielmehr passiert das im Moment, weil es zu bequem ist, über diese Methoden einzukaufen, und die betroffenen Personen nicht sorgfältig überlegen, ob sie sich die Produkte wirklich leisten können, sondern einfach klicken.
„Das passiert mir aber in anderen Varianten des ganz normalen Zahlungsverkehrs auch schnell. Hier gilt es immer: Geld, das ich nicht habe, sollte ich im Idealfall nicht ausgeben“, rät sie.
Während Deutschland, im Gegensatz zu anderen Märkten, für Kreditkarten nie sonderlich empfänglich war, wird der Anteil von „Buy Now Pay Later“ auch hierzulande stark zunehmen, ist Oelmann überzeugt. Gerade die junge Zielgruppe sei dabei sehr empfänglich. Diese ist jedoch auch am vulnerabelsten, da sie oft unerfahrener ist und leichter den Überblick verliert. Das erhöht die Gefahr der Überschuldung deutlich.

„Es braucht mehr Aufklärung“

Deshalb wünscht die Verbraucherschützerin sich: „Es braucht mehr Aufklärung, damit mir als Verbraucherin einfach klar ist, das ist eine Art Kredit, und ich muss es im Blick behalten. Ich denke auch, dass es digitale Lösungen geben wird, die das in meinen Kontostand schon mit einplanen und berücksichtigen können. Aber auch Regulierung wird hier garantiert noch mal nachsteuern. Es ist eine sehr neue Variante am Markt und wie immer am Anfang haben wir in den Kinderschuhen gewisse Fehler, die später behoben werden.“

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Gerade im Anblick rasant steigender Energiepreise rät Oelmann die Finger von „Buy Now Pay Later“-Angeboten zu lassen, damit man nicht in eine Überschuldungsfalle läuft und das Geld an essenzieller Stelle fehlt. Auch in Anbetracht der drohenden Rezession warnt sie, dass viele Bürgerinnen und Bürger sich die anfallenden Zahlungen nicht mehr leisten können.
(hte)
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