Bücherschatz

Revolutionäres Aschebuch

Journalisten fotografieren am 15.08.2014 im Studienzentrum der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar (Thüringen) die wiederentdeckte Erstausgabe des Hauptwerks von Nikolaus Kopernikus "De Revolutionis Orbium coelestium, Libri VI" von 1543.
Die wiederentdeckte Erstausgabe des Hauptwerks von Nikolaus Kopernikus "De Revolutionis Orbium coelestium, Libri VI" von 1543. © picture alliance / dpa / Candy Welz
Von Henry Bernhard · 02.09.2014
Zwischen Tausenden Pappkisten mit verbrannten Büchern aus der Anna Amalia Bibliothek in Weimar wartet eine Entdeckung: Kopernikus' "De revolutionibus", in dem er ausführte, dass sich die Erde um die Sonne dreht.
"Auf den ersten Blick erscheint die Schadenslage sehr gering zu sein. Auf den zweiten Blick sieht das ganz anders aus. Der Rückenbereich ist verbrannt, der obere Schnitt ist auch verbrannt."
Der Restaurator Günter Müller öffnet sehr vorsichtig eine graue Pappkiste, die aussieht, wie alle anderen in seiner Werkstatt.
"Man erkennt hier schon anhand des Vorsatzes, dass es vollständig ist."
"Vor uns liegt Weltkulturerbe. Das ist die Erstausgabe von Nikolaus Kopernikus mit dem Titel 'De revolutionibus'. Es ist eines der wichtigsten und berühmtesten Bücher der Menschheitsgeschichte."
Auf dem Markt für eine Millionen Euro gehandelt
Katja Lorenz, die sich um die Wiederbeschaffung verbrannter Bücher kümmert, weiß: Dieses Buch von 1543 hätte sie niemals antiquarisch kaufen können, denn es wird für über eine Million Euro gehandelt. "Über die Umläufe der himmlischen Kreis" hatte Kopernikus sein Buch genannt.
"Dieses Buch hat zu seiner Zeit ein circa 2000 Jahre gültiges Weltmodell völlig auf den Kopf gestellt, nämlich, dass die Erde der ruhende Mittelpunkt der Schöpfung sei."
Vor ein paar Monaten haben sie dieses wertvolle Aschebuch in einer der grauen Kisten in der Weimarer Karlsmühle gefunden und schnell identifiziert. Es ist stark beschädigt, aber restaurierbar. Wertvoll ist nicht nur das Buch an sich, sondern sind auch die handschriftlichen Anmerkungen aus dem 16. Jahrhundert.
Handschriftliche Ergänzungen von Gelehrten
"Weil eben diese Ausgabe oft unter Gelehrten weitergereicht wurde, die dann auch Zusätze zu dieser Theorie handschriftlich ergänzt haben. Das ist höchst interessant heute, diese Netzwerke zu erforschen."
In Weimar hofft man, in den Tausenden Pappkisten noch weitere Schätze zu finden, die dann den Präsidenten der Klassikstiftung, Helmut Seemann, schwärmen lassen.
"'De revolutionibus orbium coelestium' – also, der Himmelskreis ist in dieser Bibliothek enthalten! Das ist das Universum in der Provinz, das ist das Säkulare im Aufgeklärten, das ist das Innige im Öffentlichen."
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