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Lucy Fricke empfiehlt "Serpentinen" von Bov Bjerg

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Das Buchcover von Bov Bjergs Roman "Serpentinen" auf ockerfarbenem Aquarell.
Träger des Deutschlandfunk-Preises 2018: "Serpentinen" von Bov Bjerg. © Claassen / Deutschlandradio
Von Lucy Fricke · 18.12.2020
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Der Roman "Serpentinen" erzählt von einem Jungen und seinem Vater, deren Vorväter sich seit Generationen das Leben nahmen. Lucy Fricke schenkt ihn ihrem besten Freund, der gute Literatur liebt und sich nach der Lektüre weniger allein fühlen wird.
In "Serpentinen" fährt ein Vater mit seinem siebenjährigen Sohn zurück in die Heimat, die schwäbische Alb. Zurück zu den Schauplätzen seiner Kindheit und seiner Familie, in der sich die Väter seit Generationen das Leben nahmen.
Dieses Schicksal und die Angst vor seiner Fortsetzung ist auf der Reise ein ständiger Begleiter.
Bov Bjergs Roman ist aber nicht nur ein Buch über Schicksal und die Liebe zwischen Vater und Sohn, es ist auch ein großes Buch über Herkunft, über sozialen Aufstieg und das Gefühl, trotzdem nicht anzukommen, in einem Milieu fremd zu bleiben, dem alten aber genauso entfremdet zu sein. Keinen sicheren, vertrauten Platz im Leben zu haben.

Eindringlich, ohne aufdringlich zu sein

Mich hat dieser Roman wirklich umgehauen, er ist mir nah gekommen wie selten einer. Er ist eindringlich, ohne aufdringlich zu sein. Verdammt klug, voller Verzweiflung und dabei immer wieder auch von großer Komik.
Außerdem ist er fantastisch geschrieben. Lakonisch, elegant und mit einem starken eigenen Rhythmus, dem ich sofort verfallen bin. Es gibt hier keine Redundanzen und Verschnörkelungen, kein Adjektivgewimmel, keine ausschweifenden Landschaftsbeschreibungen. Dieser Roman braucht keine Deko, er ist klar, präzise und er trifft immer den wunden Punkt. Eine seltene Mischung aus Schonungslosigkeit und Liebe.

Dieses Buch bringt im besten Sinne um den Schlaf

Ich durfte Serpentinen damals noch vor dem offiziellen Erscheinungstermin lesen und hatte keine Ahnung, was mich erwartet. Ich fing am Abend an und hörte erst morgens wieder auf. Dieses Buch hat mich wirklich im besten Sinne um den Schlaf gebracht.
Ich werde Serpentinen meinem besten Freund schenken. Nicht nur, weil er selber Vater ist, sondern weil er gute Literatur liebt. Außerdem glaube ich, dass er in diesem Roman einen Verbündeten findet. Und das ist vielleicht das Schönste, was Bücher leisten können, dass man sich während des Lesens – und auch noch danach – weniger allein fühlt.

Bov Bjerg: "Serpentinen"
Claassen Verlag, Berlin 2020
272 Seiten, 22 Euro

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