Fotograf Max Sher

Für die russische Kunstwelt ist der Krieg ein Albtraum

15:29 Minuten
Die Hände einer Person zeigen aus einem Gefangenentransporter. Die Person wurde während einer nicht genehmigten Kundgebung in Moskau gegen den russischen Krieg in der Ukraine festgenommen.
Die politische Lage in Russland habe sich in den vergangenen Jahren rapide verschlechtert, findet der Fotograf Max Sher. © picture alliance / dpa / TASS / Sergei Savostyanov
Max Sher im Gespräch mit Gesa Ufer · 31.03.2022
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Immer mehr Russen verlassen ihre Heimat wegen des Kriegs gegen die Ukraine. Darunter sind auch Künstler. Der Fotograf Max Sher kam bereits im letzten Herbst nach Deutschland. Er blickt pessimistisch auf die Kunstszene seines Heimatlands.
Russland erleidet zurzeit einen "Braindrain": Viele Künstler und Intellektuelle verlassen das Land, ob sie wieder zurückkommen, ist ungewiss. Einer, der bereits im vergangenen Herbst Russland in Richtung Deutschland verließ, ist der Fotograf Max Sher.

Propaganda in der Schule hat zugenommen

Er habe lange über die Entscheidung nachgedacht, sagt Sher. Doch habe er das Gefühl gehabt, dass sich die politische Situation „rapide verschlechtere“. So gebe es weniger Meinungsfreiheit, auch habe „die Propaganda“ in der Schule zugenommen. Der habe er seinen sechsjährigen Sohn nicht aussetzen wollen.
Für die russische Kunstwelt sei der Krieg „ein Albtraum“, so Sher. „Alles ist zerstört.“ Doch auch andere Menschen verließen Russland. Er habe gehört, dass es zwischen 200.000 bis 300.000 seien, die überall hingingen – auch nach Kasachstan oder Usbekistan. Und dies betreffe auch nicht nur Künstler, sondern auch IT- oder Geschäftsleute.
Zwar sei er zurzeit selbst nicht künstlerisch tätig, doch stelle er sich die Frage, was er zukünftig machen werde. So werde etwa unter Künstlern darüber diskutiert, was „'postsowjetisch' heutzutage noch bedeute. Das Adjektiv wurde lange dazu benutzt, nicht 'russisch' zu sagen. „Das Wort ist innerhalb eines Tages obsolet geworden“, unterstreicht Sher.

Künstler versuchen unter dem Radar zu bleiben

Der Fotograf findet zudem, das Problem der russischen Kunst sei, dass sie im vergangenen Jahrzehnt erheblich vom Staat und Oligarchen unterstützt worden ist. Doch dies sei auch ein internationales Problem: „In jedem Land mit Kapital tauchen Mäzen auf.“
Künstler, die nun noch in Russland bleiben, würden versuchen, unter dem Radar zu bleiben, vermutet Sher. Doch es gebe auch eine Tradition von Untergrundkunst. So werde es vielleicht Ausstellungen in privaten Wohnungen geben, so wie sich Kunst womöglich ins Private verlagern werde.
(rzr)

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