Blackfishing-Debatte um Shirin David

Soll dunkle Hautfarbe für Reichweite sorgen?

11:08 Minuten
Deutschrap-Star und Influencerin Shirin David während ihrer Geburtstagsfeier
Wird ihr zu Recht "kulturelle Aneignung" vorgeworfen? Die Deutschrapperin Shirin David - hier mit einem Hairstyle im Afro-Look. © imago images / Photopress Müller
Malcolm Ohanwe im Gespräch mit Max Oppel · 12.05.2020
Audio herunterladen
Die Deutschrapperin Shirin David hat mit ihrer neuen Single "90-60-111" eine Blackfishing-Debatte ausgelöst. Ihr wird vorgeworfen, sich für das Musikvideo dunkler geschminkt zu haben, um für schwarz gehalten zu werden.
Deutschsprachige Rapperinnen dominieren momentan die deutschen Singlecharts und sammeln fleißig Nummer-eins-Hits. Zwei von ihnen – Loredana und Shirin David – werden nun allerdings heftig dafür kritisiert, wie sie es so weit nach oben geschafft haben. Denn das soll auch mit ihrem dunklen Make-up und ihren Afro-Frisuren zu tun haben.

Stylen, schminken und reden wie die Schwarzen

"Ihnen wird sogenanntes Blackfishing unterstellt", sagt der Kulturjournalist Malcolm Ohanwe. Also dass sie sich so stylen, schminken oder reden, wie es schwarze Frauen tun. Ein Stück Kulturaneignung, dem längst nicht jeder etwas abgewinnen kann.
"Der Begriff kommt aus der US-amerikanischen Realityshow Catfish. Da geben sich Leute eine falsche Identität, um andere in eine Liebesbeziehung zu locken. Und bei Blackfishing geht es dann entsprechend darum: Du vermittelst Leuten den Eindruck, du seiest schwarz oder halb-schwarz."
Allgemein sei es sehr verbreitet unter deutschen Rapperinnen und Rappern, Anleihen bei der afroamerikanischen Kultur zu machen. Aber gibt man sich gleich als schwarz aus, nur weil man sich etwas dunkler schminkt? Darüber gebe es heftige Diskussionen, berichtet Ohanwe.
Für manche schwarze Vordenkerin hat das Phänomen jedenfalls eine klare Ursache: die sogenannte Ein-Tropfen-Regel, nach der man in den USA als schwarz gilt, sobald man auch nur eine schwarze Großmutter oder einen schwarzen Großvater hat.

Verwässertes Verständnis von schwarzer Schönheit

Dies verwässere das Verständnis von schwarzer Schönheit, so die Argumentation der Kritikerinnen, und mache es erst möglich, dass eine Frau mit sonnengebräunter Haut oder lockigem Haar als schwarz missverstanden werden könne. Manche forderten daher eine Orientierung an "Dark-Skin-Promis", wenn es um schwarze Schönheit gehe, so Ohanwe.
Aber ist es überhaupt so schlimm, einem afroamerikanischen Look nachzueifern? Schließlich glätten sich afromamerikanische Frauen auch die Haare oder bleachen ihre Haut, um auszusehen wie Weiße. Dabei komme es aber nicht zu einem "ebenbürtigen Austausch", sagt Ohanwe. Schließlich würden Menschen noch immer aufgrund ihres afroamerikanischen Aussehens diskriminiert.
"Insofern muss man festhalten, dass schwarze Frauen sich nicht aus Lust und Laune die Haare glätten, sondern weil sie gesellschaftlich unter Druck gesetzt werden. Das ist Assimilierung und nicht Aneignung. Schwarze tragen das, um zu überleben, und Weiße tragen das, um trendy zu sein."
(lkn)
Mehr zum Thema