Lebensmittelpreise

Wie der Krieg die Brezeln teurer macht

05:30 Minuten
Brezeln auf einem Backblech
Die Herstellung von Brezeln verbraucht viel Energie. Unter anderem deswegen stehen Bäcker wie Jochen Baier in Herrenberg vor der Notwendigkeit, die Preise ihrer Waren zu erhöhen. © picture alliance / Tobias Hase
Von Katharina Thoms · 17.03.2022
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In Deutschland merkt man den Ukraine-Krieg nicht nur an der Tankstelle, auch Lebensmittel werden teurer. Der Biobäcker Jochen Baier hat Mühe, seine Zutaten zu bekommen. Wenn es so weitergeht, muss er zum zweiten Mal in diesem Jahr die Preise erhöhen.
Die letzten Backbleche werden weggeräumt für heute. Die große Halle in einem Industriegebiet in Herrenberg, nicht weit weg von Stuttgart, wird saubergemacht. Am frühen Nachmittag sind hier schon alle Brote, Brezeln und Kuchen gebacken für den Tag.
Firmenchef Jochen Baier betreibt vier Bäckerei-Filialen, beliefert Supermärkte. Noch läuft hier alles nach Plan. Aber auch Biobäcker wie er spüren, wie sich der Ukraine-Krieg auswirkt. Der Ölpreis steigt – nicht nur der an der Tankstelle. „Der konventionelle Markt für Sonnenblumenöl ist leer. Die größte europäische Ölmühle hat ungefähr noch für zwei bis drei Wochen Ware am Lager, um Öl zu produzieren“, sagt Baier.

Sonnenblumenöl kommt nicht mehr durch

Wenige Wochen könne die Ölmühle in Neuss in NRW noch liefern, das bestätigt auch der deutsche Verband der Ölsaatenindustrie. Die Ukraine gehört in Friedenszeiten zu den größten Lieferanten von Sonnenblumenöl. Aktuell kommen gar keine Lieferungen mehr durch.
„Wenn solche extremen Nöte entstehen, hat es mehr Auswirkungen auf so einen kleinen geschützten Markt wie den Biomarkt. Das heißt, es ist dann für die großen Unternehmen interessant, das teure Bio-Öl zu kaufen, weil sie das günstiger einkaufen“, sagt Jochen Baier.
Kleinere Betriebe wie der von Jochen Baier hätten dann das Nachsehen, weil sie mit den Preisen schwer mithalten könnten. Schon jetzt seien für ihn die Kosten für Rohstoffe wie Sonnenblumenöl zwischen 20 und 40 Prozent gestiegen. Die großen Supermarktketten in Deutschland haben auch Verbraucherinnen und Verbraucher schon vor Hamsterkäufen gewarnt. Der Bäcker hat sich trotzdem mal eine Palette zusätzlich Sonnenblumenöl ins Lager gestellt.

Auch Tierfutter kommt aus der Ukraine

Schwieriger bei Eiern: Die seien 6 bis 8 Cent teurer, sagt Baier. Auch hier hängt die Preissteigerung indirekt mit dem Krieg zusammen, sagt Baier: „Es hat tatsächlich was mit dem Futter zu tun. Ein Großteil des Tierfutters kommt eben aus der Ukraine. Das heißt, es gibt keine großen Futterlager-Hallen mehr hier, sondern das wird in der Ukraine gelagert. Und es gibt dann quasi eine permanente Logistikkette, die uns versorgt mit Tierfutter.“

Und wenn die wie jetzt zusammenbricht, dann ist das auch für andere Nutztiere ein Problem: Schweine, Kühe. Jochen Bauer befürchtet, auch Butter, Milch und Quark werden deshalb weiter im Preis steigen und das setze der ganzen Branche zu.
Seinen Weizen bekommt der Biobäcker zwar vom regionalen Bauern und der liefert aktuell auch weiter. Aber auch der Biobauer bekomme schon mehr Anfragen, sein Getreide könnte teurer werden, weil kein Weizen mehr aus der Ukraine geliefert werde. Die europäischen Lieferketten leiden außerdem, weil schlicht LKW-Fahrer fehlen. Bis zu 100.000 kommen aus der Ukraine, so der deutsche Logistikverband – und viele kämpfen jetzt im Krieg, sitzen irgendwo fest und fehlen auf den Logistikrouten.
Das spürt auch der Bäcker in Baden-Württemberg: „Die fahren unsere Lebensmittel natürlich durch ganz Europa. Das heißt: Kalamata-Oliven aus Griechenland oder spanische Oliven. Die brauchen wir dringend für unser Grillbrot. Aber die werden vermutlich jetzt knapp werden.“

Die Energiekosten sind ein Problem

Im Bäckerei-Café ist am Nachmittag einiges los. Nach der zeitweisen Schließung im Corona-Lockdown ein Glück, sagt Jochen Baier. Der Umsatz war fast um die Hälfte eingebrochen. Mit erhöhtem Verkauf an der Kuchentheke und staatlichen Hilfen sei er ganz gut durchgekommen.
Umso mehr Sorgenfalten hat Jochen Baier, wenn er an die nächsten Monate denkt: „Wir brauchen Unmengen an Erdgas, um unsere Öfen zu heizen. Wir brauchen irre viel Strom, um die Kühlung und die Tiefkühlung und die Heizung für die Gär-Räume zu betreiben. Die Energiekosten lagen in einer Bäckerei früher so zwischen vier und fünf Prozent vom Gesamtumsatz. Heute liegen wir bei zehn Prozent.“

Staatshilfe will Baier nicht

Da geht es den kleinen wie den großen Unternehmen: Die steigenden Energiekosten fürchten fast alle. Das hat auch eine aktuelle Umfrage des Verbands Südwestmetall in der Metall- und Elektroindustrie ergeben - in Baden-Württemberg die zentrale Wirtschaftsbranche. Die Logistikbranche fürchtet vor allem die zusätzlichen Spritkosten.
Im Kleinen merkt das auch Bäcker Jochen Baier: Mehr als 1.500 Euro kommen für die Lieferautos, mit denen er täglich seine Filialen und Supermärkte rund um Herrenberg anfährt, im Monat oben drauf, schätzt er.
Trotzdem, bei den Rufen nach Entlastung durch den Staat hält er sich noch zurück: „Jede Hilfe, die wir heute bekommen, müssen wir morgen wieder zurückzahlen. Wir versuchen, dass wir die Kosten bei uns so gering halten, wie es irgendwie geht, um das aus eigener Kraft zu schaffen.“ Im Zweifel will er lieber nochmal die Preise für seine Backwaren erhöhen. Zum zweiten Mal in diesem Jahr.
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