Aus den Feuilletons

Zwischen Filmegucken und Filmriss

Von Gregor Sander · 10.02.2016
Berlin und die Feuilletons stehen ganz im Zeichen der Berlinale. Deren Jury-Präsidentin Meryl Streep verrät im "Tagesspiegel" ihre Pläne für die nächsten Tage. Auch Jury-Mitglied Lars Eidinger verbreitet Party-Laune.
Mit einer Hollywood-Groteske der Coen-Brüder wird am Donnerstag die 66. Berlinale eröffnet und David Steinitz von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG ist damit zufrieden.
"Auch vor der Premiere von 'Hail, Caesar' kann man schon mal attestieren, dass selbst ein sehr schlechter Coen-Film wohl immer noch deutlich besser ist als vieles andere, was es so auf die Leinwände der Welt schafft."
Das klingt eher solide als aufregend und so kann man auch das angekündigte Berlinale-Programm in der SZ deuten.
"Das 2016er-Wettbewerbsprogramm, in dem 'Hail, Caesar!' außer Konkurrenz gezeigt wird, ist ein solides Best-Of des internationalen Autorenfilms, große und kleine Namen, große und kleine Filmnationen sind recht salomonisch ausgewählt worden."
Juryvorsitzende ist die allseits geschätzte Meryl Streep, die von der TAZ mit folgenden Worten zu ihrer Aufgabe zitiert wird:
"Die Verantwortung ist fast etwas einschüchternd."
Von Katja Nicodemus in der Wochenzeitung DIE ZEIT gefragt, welche ihrer Filmrollen Vorbild für die Jury-Präsidentschaft sein könnte, antwortet Streep:
"Ich denke, dass ich am ehesten Ms. Sheridan aus 'Mamma Mia!' als Vorbild wählen würde, und zwar wegen ihrer Freude am Feiern und ihrer Fähigkeit, das Geschenk des Lebens im Hier und Jetzt zu würdigen und es als Privileg schätzen zu können. Ich beabsichtige (und das meine ich todernst), Spaß zu haben und die anderen Jurymitglieder ebenfalls dazu zu ermuntern."
Der Berliner Schauspieler Lars Eidinger
Der Berliner Schauspieler Lars Eidinger© dpa / picture alliance / Uwe Zucchi

Eidingers Filmriss

Das wird bei Lars Eidinger nicht nötig sein. Der Schauspieler, der in diesem Jahr ebenfalls in der Jury sitzt, verriet dem Berliner TAGESSPIEGEL auf die Frage, was er denn bei diesem Festival auf keinen Fall verpassen wolle:
"Am 16. Februar lege ich wie jedes Jahr auf der 'Director's Night' auf. Letztes Jahr hatte ich dort den zweiten Filmriss meines Lebens. Ich erinnere nur noch einen penetranten Anisgeschmack auf der Zunge und wie ich auf dem nasskalten Fußboden einer Toilettenkabine aufgewacht bin."
Die Berliner freuen sich natürlich wie jedes Jahr auf die Berlinale. Und da will auch ihr Bürgermeister nicht abseits stehen.
"Herr Müller, was macht der neue Regierende Bürgermeister auf der Berlinale anders als der Regierende Party-Bürgermeister?", fragt Hanns-Georg Rodeck in der Tageszeitung DIE WELT und Michael Müller antwortet:
"Als Regierender Bürgermeister des wichtigsten Standortes der Filmindustrie in Deutschland freue ich mich, die Internationalen Filmfestspiele Berlin zu Gast zu haben, und ich freue mich natürlich auch, privat den einen oder anderen Film zu sehen."
Es liegt wohl an Antworten wie dieser, dass viele Berliner immer noch nicht wissen, wie ihr Bürgermeister überhaupt aussieht. Aber der Mann soll ja auch Politik machen und keine Party, und daher weist er auf die Drehortkonkurrenz aus Osteuropa hin.
"Wir müssen aufpassen, dass wir nicht noch mehr Produktionen verlieren, wenn wir nicht gegensteuern. Wenn sie erst einmal weg sind, ist es verdammt schwer, sie zurückzuholen. Alles, was man bei uns dreht, kann man eigentlich auch anderswo drehen.
Die Schauspielerin Cate Blanchett 
Die Schauspielerin Cate Blanchett© picture alliance / dpa / Frédéric Dugit

Cate Blanchett verkörpert Kunstmanifeste

Dass Konkurrenz ja auch belebend sein kann, ist eine alte Weisheit. Und so ist es bestimmt kein Zufall, dass im Hamburger Bahnhof in der Hauptstadt gerade zur Berlinale eine Ausstellung des Installationskünstlers Julian Rosefeldt gezeigt wird. In zwölf Filmen verkündet Cate Blanchett historische Kunstmanifeste. Von Claes Oldenburg bis André Breton. Dorion Weickmann von der SZ ist hingerissen:
"Ob Blanchett als Penner über Zivilisationsbrachen stapft oder als Tanz-Domina das Revue-Ballett des Berliner Friedrichstadtpalastes mit Yvonne Rainers 'No Manifesto' von 1965 traktiert – 'No to virtuosity!' –, das grandiose Spiel ihrer Hände skizziert die ganze Figur, das ganze Fatum."
Bleibt für uns Kunstkonsumenten aber die Frage, wie man das in den nächsten Tagen alles schaffen soll. Lars Eidinger rät im TAGESSPIEGEL:
"Kaffee ist mein Lebenselixier. Die Qualität? Unwichtig. Hauptsache: viel."
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