Aus den Feuilletons

Wenn Andy Warhol den Haushalt saniert

Die Andy Warhol Kunstwerke (l-r) "Triple Elvis" (1963) und "Four Marlon" (1966). Die Westdeutschen Spielbanken wollen in New York zwei ihrer wichtigsten Bilder versteigern lassen und erhoffen sich dafür 100 Millionen Euro.
Die Andy Warhol Kunstwerke (l-r) "Triple Elvis" (1963) und "Four Marlon" (1966). Die Westdeutschen Spielbanken wollen in New York zwei ihrer wichtigsten Bilder versteigern lassen und erhoffen sich dafür 100 Millionen Euro. © dpa / Christie's/The Andy Warhol Found
Von Gregor Sander · 15.10.2014
Andy Warhol als Schmuckstück in einem Aachener Casino - schon das ist ungewöhnlich. Dass jetzt aber durch den Verkauf der millionenschweren Werke die staatliche Spielbank saniert werden soll, erzürnt die Feuilletonisten.
Eine merkwürdige Form der Haushaltssanierung hat man in Nordrhein-Westfalen entdeckt. Zwei dem Land gehörende Bilder von Andy Warhol sollen versteigert werden, wie die TAZ berichtet:
"'Triple Elvis' von 1963 und 'Four Marlons' von 1966, die jahrzehntelang im Aachener Spielcasino hingen. Das wurde 1976 eröffnet und mit rund 100 Kunstwerken von Dalí bis Warhol geschmückt. Die Sängerin Daliah Lavi und Curd Jürgens warfen damals die erste Kugel. Doch die Glanzzeiten der Spielbank sind lange vorbei, der Wert der Kunstwerke ist allerdings gestiegen."
Nun sollen zwei verkauft werden. Da das Casino der staatlichen Westspiel gehört und somit dem Finanzministerium in Düsseldorf unterstellt ist, protestierten 26 Direktoren von nordrheinwestfälischen Museen dagegen und auch Rose-Marie Gropp von der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG ist empört:
"Es ist den deutschen öffentlichen Museen und Sammlungen (anders als privaten Häusern) prinzipiell untersagt, aus ihren Beständen Werke zu veräußern. Auch wenn eine staatlich alimentierte Spielhölle kein Tempel ist, sollten dort dieselben Regeln für den Umgang mit Kunst gelten."
Noch wütender wird Gropp wenn sie erklärt, was mit den geschätzten 130 Millionen Euro passieren soll, die die Warhols einspielen könnten:
"Mit den Erlösen will Westspiel seine Standorte modernisieren. Zwar geht das nicht direkt, aber im Haushaltsplan 2015 soll dann stehen, 'dass der für die Investitionen des Unternehmens benötigte Betrag an das Unternehmen zurückfließt'. Um das Maß voll zu machen, ist auch noch ein neues Casino in Köln geplant."
Das Kultusministerium in Düsseldorf wollte sich der FAZ gegenüber nicht zu diesem Deal äußern.
"Vielleicht sind viele Kritiker auch einfach zu alt"
Hand in Hand: Apple-Chef Tim Cook und U2-Sänger Bono
Hand in Hand: Apple-Chef Tim Cook und U2-Sänger Bono© dpa / picture alliance / Monica Davey
Verschwiegenheit war noch nie eine Eigenschaft von Bono, dem Sänger der Band U2. Jetzt äußert er sich in der Wochenzeitung DIE ZEIT zum Geschäft mit Apple. Die irische Band hatte ihr neues Album an den Computerriesen verkauft, der damit seine 500 Millionen iTunes-Kunden, werbewirksam und für sechs Monate exklusiv, beglückt.
"Sie bereuen nichts an der Apple-Aktion?", will Christoph Dallach von der ZEIT wissen und Bono antwortet:
"Der Ablauf war wohl unglücklich, ich glaube aber, mittlerweile haben die meisten Menschen das verstanden. Vielleicht sind viele Kritiker auch einfach zu alt. Meine Kinder haben unseren Plan sofort kapiert. Und das würde ich allen Zwanzigjährigen zutrauen."
Faszinierend an diesem Interview ist eigentlich nur, wie Bono versucht, sich und der Welt selbst diesen kommerziellen Deal als Dienst an der Menschheit zu verkaufen:
"Die Art und Weise, wie Musiker heute von Streaming- Diensten bezahlt werden, gefällt auch mir überhaupt nicht", so der 54-jährige. "Das muss sich ändern! Ich habe genug Musikerfreunde, denen es schlecht geht. Wenn wir nur zehn Prozent der 500 Millionen iTunes-Kunden dazu bekehren, anständig für Streaming zu zahlen, wird alles gut."
"Unsinkbare Songfregatte"
Kann man als Band denn nicht in Würde altern, fragt man sich an dieser Stelle und findet die Antwort in der FAZ: "Zwanzig Jahre alt, die Zukunft im Blick 'Die Sterne' zeigen in Heidelberg, warum man sie noch lange nicht abschreiben darf", schreibt Jan Wiele über die Diskursrocker der Hamburger Schule, deren Hits "Universal Tellerwäscher" oder "Was hat dich bloß so ruiniert" noch heute hoch und runter laufen.
Das jüngst erschienene Album "Flucht in die Flucht" hat es dem FAZ-Kritiker angetan: "
Vom überraschenden Clubsound des Discofunk-Albums '24/7' (2010) sind noch gewisse Spuren vorhanden, dann wagt die Band aber auch schon wieder etwas Neues mit dem Rockabilly-Stück 'Mach mich vom Acker', einer kleinen, gemeinen Abrechnung mit der Provinz, aus der wir alle kommen."
Und auch die Bühnenshow klappt nach 20 Jahren noch ganz hervorragend, wie Jan Wiele betont:
"Es wird schwitzig und heiß, bevor die mitgealterten wie auch manche junge Zuhörer endlich auf der unsinkbaren Songfregatte von 'Was hat Dich bloß so ruiniert' inbrünstig singend nach Hause segeln dürfen."
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