So sexy können Philosophen sein

Der Schriftsteller Peter Sloterdijk ist nicht nur in der Philosophie, sondern auch in der Erotik bewandert. Gerade schreibt er an einem Roman über Männer und Frauen - und das "von hinten zu nehmende Tier", berichtet die "Süddeutsche Zeitung".
"Peter Sloterdijk schreibt einen erotischen Roman", lesen wir in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Vor allem aber sehen wir. Das Bild dazu nämlich. Da sitzt der große Philosoph, ein zerknitterter Zausel, mit halb professorenzerstreuter, halb belehrender Altherrenmiene vor dem Wasserglas, eine Lesung. Offenbar traut sich Sloterdijk nicht so recht aus der Deckung bei seinem erotischen Roman. Ulla Unseld-Berkéwicz, Suhrkamp-Verlegerin, schaut ihn an, schwer aufmunternd, leicht vornüber gelehnt, so als könne ihr Blick die Erotik des Romans entschieden auf Touren bringen.
Bilder sind eben echt gemein - aber gut! Wie das in der"Süddeutschen Zeitung". Der Philosoph Peter Sloterdijk also schreibt einen Roman, und die "Süddeutsche" traut der Sache nicht so ganz über den Weg, sieht gewisse Diskrepanzen. Die Paläontologie spielt eine gewichtige Rolle, das ist die Wissenschaft von Lebewesen vergangener Erdzeitalter, Fossilienkunde also, "Knochen hier, Zähne da, von den Hormonen weiß keiner zu berichten".Das klingt nicht so wirklich zielführend für einen erotischen Roman, aber warten wir's ab.
Peter Sloterdijk, der "Weltmeister im Nuscheln"
Es war ein wichtiger Termin der Buchmesse, die Lesung Sloterdijks bei Suhrkamp. Der TAGESSPIEGEL und die FAZ waren auch da. Der "Tagesspiegel"-Autor offenbart gleich, dass er nicht so viel verstanden hat, er hat nur den "Dinosauriergalopp durch die paläontologische Geschichte" mitbekommen, um Erotik geht's mit keinem Wort, die Pressebeschauerin hat extra zweimal gelesen. Das mag auch daran liegen, dass der Philosoph Peter Sloterdijk "Deutschlandmeister im kühnen Denken" ist, aber "leider auch Weltmeister im Nuscheln" – vielleicht hat der "Tagesspiegel"-Kollege die entscheidenden Sätze also einfach nicht mitgekriegt. Aber die "FAZ" horcht auf, ebenso wie die "Süddeutsche":
"Peter Sloterdijk liest bei Suhrkamp. Aus einem erotischen Roman. Himmel hilf! Noch so ein Intellektueller, der endlich zu den Erzählungen will, noch so ein älterer Herr, der halb wehmütig, halb schamlos-aufdringlich-greisenhaft von den Liebesgenüssen redet? Nichts von alledem. Sloterdijk verbindet den subtilsten, wachsten Geist mit einer außerordentlichen Nähe zu seinen Instinkten."
Na bitte, geht doch, bleiben wir also neugierig - zumal der Mann ja schon ein paar sehr populäre und auch ein paar wirklich große Bücher hingelegt hat, eines heißt: Du musst Dein Leben ändern. "Kann man den wegretuschieren?" fragt die FAZ, und das bezieht sich nicht auf das Bild von Peter Sloterdijk und Ulla Unseld-Berkevic – das hat ja die SÜDDEUTSCHE.
Gespanntes Verhältnis zwischen Brandt und Schmidt
"Kann man den wegretuschieren?",fragte, so oder so ähnlich, Helmut Schmidt, als er ein Bild von 1970 sah, auf dem neben ihm und dem US-Präsidenten Richard Nixon auch Willi Brandt zu sehen war, Parteifreund, Konkurrent und Gegner. Brandt hielt es ganz ähnlich, Fotos gemeinsam mit Schmidt und Wehner in politischen Büchern: "Muss das sein?" Die Anekdote erzählt viel über das oft gespannte Verhältnis zweier politisch nicht immer verbündeter, aber eng aneinander gekoppelter Männer, eben Helmut Schmidt und Willi Brandt. Deren Briefwechsel, gesammelt über mehr als drei Jahrzehnte, erscheint – weshalb die FAZ einen ausführlichen Artikel bringt, geschrieben von Thomas Karlauf, der für beide arbeitete, für Brandt und für Schmidt.
Irgendwie landet man derzeit immer bei Büchern. Nur Jonathan Franzen hat den Abflug gemacht – er ist nicht in Frankfurt bei der Buchmesse. Sondern auf der schönen Insel Mainau. Da gibt es mehr Vögel. Und die sind die vielleicht noch größere Leidenschaft des großen amerikanischen Schriftstellers. "Jeden Morgen entscheidet er sich, ob er schreibt oder Vögel ansieht, letzteres macht ihm sehr viel mehr Freude", lesen wir in der SÜDDEUTSCHEN über Jonathan Franzen, und weiter:
"Wahrscheinlich braucht die Natur tatsächlich Menschen wie ihn, die sich in andere Arten von Lebewesen nicht nur vergucken, sondern sie auch beschwören können, die den Pirol und den Zilpzalp retten wollen, nicht die Welt."