Aus den Feuilletons

Kurioser Streit um ein Gemälde

Farben und Pinsel auf der Palette eines Künstlers
"Ein historisch beispielloser Prozess", schreibt die "FAZ". © imago / Westend61
Von Tobias Wenzel · 09.08.2016
Eine offensichtliche Verwechslung hat zu einem Prozess in den USA geführt, über den die "FAZ" berichtet. Dort muss sich der Maler Peter Doig für ein Bild verantworten, das er wahrscheinlich nie gemalt hat.
"Ich will eine sichere Zukunft für meine Kinder."
Mit diesen Worten zitiert Yavuz Baydar in seinem "Türkischen Tagebuch" für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG einen Freund. Der gehöre zu den "führenden öffentlichen Intellektuellen der Türkei" und wolle nun das Land verlassen.
"Die Sorge um die Zukunft wächst immer mehr in der türkischen Elite. Für die Mitglieder dieses vorwiegend säkularen, gebildeten Teils der Gesellschaft ist die Situation noch klaustrophobischer als für alle anderen", schreibt Baydar und erwähnt, dass die türkische Elite verstärkt Anfragen zu ausländischen Immobilien stelle. Das beliebteste Auswanderziel seien die USA.

Verachtung gegenüber Schwarzen in den USA

Ein trauriges Bild von den USA zeichnet dagegen der in Princeton lehrende Sozialwissenschaftler Didier Fassin in seinem Artikel "Die Zerstörung der Gleichheit" für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
"Die Vereinigten Staaten werden von einer Protestwelle gegen rassistisch motivierte Polizei erfasst", schreibt Fassin. "Mindestens ebenso erschütternd aber ist die alltägliche Verachtung, die schwarzen Amerikanern entgegenschlägt."
Dem Leben eines Schwarzen messe man in den USA einen "niedrigeren Wert" bei.
"Die Polizei zeigt ihre Verachtung für das Leben von Afroamerikanern nicht nur durch dessen physische Zerstörung. Sie tut es auch, indem sie die afroamerikanische Bevölkerung sozial erniedrigt."
Mit übermäßig häufigen Kontrollen bei kleineren Vergehen zum Beispiel.
"Und selbst bei ein und demselben Delikt sind die Strafen für Afroamerikaner deutlich höher", schreibt Didier Fassin und erläutert das so:
"Bei Crack, das vor allem von ärmeren Schichten konsumiert wird, liegt die Mengengrenze, von der an Haftstrafen verhängt werden, achtzehn mal, und bis vor Kurzem sogar hundert Mal, niedriger als bei dem teureren und wohlhabenden Schichten vorbehaltenen Kokainpulver."

Der Sportreporter als "Kraftmeier"

Was würde wohl der Sozialwissenschaftler aus "Jetzt wollen wir mal gucken, was die Blondine zu sagen hat" herauslesen, einem Kommentar des ARD-Reitsportexperten Carsten Sostmeier? Das Olympia-Fernsehen habe seinen ersten Fall von "male chauvinist pig", schreibt Joachim Huber im TAGESSPIEGEL. Denn Sostmeier habe unter anderem eine deutsche Olympia-Debütantin als "Angsthasen" bezeichnet und ihr einen "braunen Streifen" in der Hose unterstellt.
"Der Verbal-Hippologe Sostmeier lässt sich von seiner sprachlichen Eitelkeit hinreißen. Kommentatoren und Reporter dürfen live nicht aussprechen, wovor sich die Zuschauer vor dem Fernseher überhaupt nicht scheuen: Asi-Sprüche und Schlimmeres. Carsten Sostmeier hat die Rollen verwechselt. Und wurde zum Kraftmeier."

Gefängniswärter verklagt Maler

Apropos "verwechselt": Eine offensichtliche Verwechslung hat zu einem kuriosen Rechtsstreit in den USA geführt, über den die FAZ nun berichtet.
"Man hat sich daran gewöhnt, dass jeder, der einmal plagiiert hat, einst zur Rechenschaft gezogen wird", schreibt der Autor mit dem Kürzel "kjr". "Jetzt muss sich umgekehrt der Maler Peter Doig in einem historisch beispiellosen Prozess für ein Bild verantworten, das er wahrscheinlich nie gemalt hat."
Ein ehemaliger Gefängnisaufseher behauptet, er habe vom weltberühmten Maler 1976 ein Bild gekauft, als der ein Häftling gewesen sei. Peter Doig sagt, er sei aber nie im Gefängnis gewesen. Auch sei sein Nachname in der Signatur falsch geschrieben, nämlich mit "e" am Ende. Das Gemälde stamme nicht von ihm. Daraufhin verklagte der Gefängnisaufseher den Maler auf fünf Millionen Dollar Schadenersatz. Und Peter Doig erschien nun vor Gericht und bestritt weiter seine Autorenschaft.
"Das schlagendste Argument sticht aber direkt ins Auge", schreibt die FAZ. "Das Bild sieht einfach kein Stück, also wirklich absolut gar nicht, also nicht auch nur im Entferntesten aus wie ein Bild von Peter Doig."
Der Prozess wurde trotzdem eröffnet.
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