Geständnisse eines Kunstfälschers
Wolfgang Beltracchi berichtet, wie er vor dem Kaffee einen fast echten Pechstein malte. Martin Scorsese gesteht, dass er Angst vor kriminellen Brokern hat. Vom "Krieg" und "Thriller" um den Suhrkamp Verlag erzählen andere Feuilletons.
"Manchmal war es das Schwierigste für mich, nicht so gut zu malen, wie ich es gekonnt hätte", sagt Wolfgang Beltracchi. Die Wochenzeitung DIE ZEIT hat sich mit dem selbstbewussten Kunstfälscher und seiner Frau Helene zum Interview getroffen. Er hatte sich auf die Werke von Max Ernst, Heinrich Campendonk und Max Pechstein spezialisiert, und seine Fälschungen schafften es bis ins Museum of Modern Art. Bis Beltracchi aufflog und zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde. Geschätzte Schadenssumme: 34 Millionen Euro. "Gibt es denn keinen Maler, der definitiv mehr kann als Sie?", fragen Iris Radisch und Adam Soboczynski und Wolfgang Beltracchi antwortet: "Doch, natürlich, zum Beispiel ein paar alte italienische Meister wie Bellini etwa."
Helene Beltracchi hingegen hat ganz praktische Tipps, um künftigen Fälschern das Handwerk zu legen: "Die Naturwissenschaftler und Experten müssten sich vernetzen. Es gibt bis heute keine Datenbanken, die sie gemeinsam nutzen, um beispielsweise zusammenzutragen, welcher Maler wann welche Farben benutzt hat."
Beim Rowohlt Verlag erscheint nun neben einem Gefängnisbriefwechsel des Paares auch deren Erinnerungen an die Falschmalerei. Beltracchis Arbeit an einer Flusslandschaft von Pechstein liest sich dort so: "Mit länger gezogenen, bewegten Pinselstrichen malte ich das Wasser fast träge, deutete die Gebäude im Hintergrund als farbige, nahezu monochrome Flächen nur an und setzte den Himmel mit kürzeren, fast flächigen Strichen darüber. Nach zwei Stunden war das Werk vollbracht. Ich ging in die Küche hinunter, setzte Wasser auf, holte meine Kaffeemühle heraus, brühte für Lene und mich einen Kaffee und setzte mich unter die Palmen vor die Küchentür."
Wolfgang Beltracchi ist inzwischen übrigens Freigänger, seine Frau ist bereits aus dem Gefängnis entlassen. Die heutigen Einnahmen werden mit den Gläubigern geteilt.
Vor Gericht wird auch der Fall Suhrkamp verhandelt. Und das schon sehr lange. Doch der Kampf Ulla Unseld-Berkéwicz gegen Hans Barlach könnte nun ein Ende haben. Oder, wie es Andreas Zielcke in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG beschreibt: "Einen Krieg in einen zivilen Konflikt zu wandeln, darum geht es."
Am Mittwoch bestätigte ein Berliner Gericht nun den Insolvenzplan. Der Verlag darf in eine Aktiengesellschaft umwandeln werden. "Bedeutsam für die Zukunftsaussichten des Verlages wird sein, wer im Vorstand der AG sitzen, also die Leitung dieses so legendären, aber auch so schwer in Mitleidenschaft gezogenen Verlags ausüben wird. Zumindest für die Anfangsphase scheint Ulla Berkéwicz sich die Führungsfunktion reservieren zu wollen – auch wenn die in der ersten Instanz erfolgreiche Klage Barlachs auf ihre Abberufung als Verlagsleiterin weiterläuft."
Harald Jähner von der BERLINER ZEITUNG sieht in diesem Fall einen "juristischen Thriller". Auch wenn er bekennt: "Für etliche Juristen hinterlässt Ulla Berkéwiczs Sieg allerdings einen schlechten Beigeschmack. Vor dem Geschick ihrer Anwälte muss man zwar den Hut ziehen. Sie haben es geschafft, den vermeintlichen Sieg Barlachs, im März 2013 den Verlag zu einer Zahlung von knapp 2,2 Millionen Euro Gewinnanteil zu verurteilen, in dessen wohl endgültige Niederlage zu verwandeln. Hierzu konstruierten sie aus der Millionenforderung eine 'Insolvenz in Eigenregie'. Zu deren Sanierung sahen sie eben jene nun gebilligte Umwandlung in eine Aktiengesellschaft vor – und damit die Ausbootung Barlachs."
Die Tageszeitung DIE WELT beschäftigt sich mit dem großen Verbrechen. Martin Scorsese, dessen Film „The Wolf of Wall Street“ gerade in die Kinos kommt, wird gefragt: "Sind die kriminellen Banker von heute das zeitgemäße Pendant zu all den Mafia-Gangstern, die Sie in früheren Filmen immer wieder gezeigt haben?"Und Scorsese antwortet: "Viele dieser kriminellen Broker haben – vor allem in der jüngeren Finanzkrise – gar kein Unrechtsbewusstsein. Sie fühlen sich noch moralisch auf der richtigen Seite, obwohl sie genauso kriminell und korrupt sind wie Gangster. Vor solchen Typen habe ich Angst."
Dagegen wirkt das Bilderfälschen doch fast wie ein Lausbubenstreich.