Aus den Feuilletons - Die fiktionale Kulturpresseschau!

Trump bekommt Asyl in Moskau

06:19 Minuten
US-Präsident Donald Trump wird per Handschlag vom russischen Präsidenten Vladimir Putin begrüßt.
Blick in die Zukunft: Vladimir Putin heißt Donald Trump in seinem neuen russischen Asyl willkommen. Später wird es dann aber böses Blut wegen eines gewünschten Golfplatzes mitten im Kreml geben. © picture alliance / AP / Susan Walsh
Von Klaus Pokatzky · 31.12.2020
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Zum Jahresabschluss taucht unser Pressebeschauer in ein selbstgeschaffenes Paralleluniversum ein und nimmt uns mit auf eine Reise durch einige schräge Feuilletons, die es zwar so nicht gibt, aber ausschnittweise vielleicht geben könnte.
"Die Welt ist aus den Fugen", stellt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vier Wochen nach den Bundestagswahlen im September fest. "Aber wenigstens Deutschland scheint auf einem hoffnungsvollen Wege", schreibt Eberhard Bölcke. "Wir werden uns an Neues gewöhnen müssen; aber verglichen mit anderen Ländern winken bei uns Stabilität und Kontinuität".

Kanzler-Doppelspitze mit Söder und Habeck

Wohl wahr! Neu ist, dass wir die erste schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene haben; und neu ist, dass sich der Unionskanzlerkandidat Markus Söder und der grüne Spitzenmann Robert Habeck darauf geeinigt haben, dass der Bayer Söder die ersten beiden Jahre als Kanzler regieren wird und ihn dann der Norddeutsche Habeck ablösen wird.
"Die Koalition verfügt über eine stabile Mehrheit", so Susanne Murkmardt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. "Fast vierzig Prozent für die Union und knapp 24 Prozent für die Grünen haben ihr fast zwei Drittel der Wählerstimmen gebracht. Dies sind beste Aussichten, dass Angela Merkel im kommenden Jahr zur ersten Bundespräsidentin unseres Landes gewählt werden wird." Und die SPD hat ja mit elf Prozent immerhin die Fünf-Prozent-Hürde locker geschafft.
"Eine exzellente Wahl", befindet die Tageszeitung TAZ - allerdings nicht zu der des Deutschen Bundestages, sondern zum "Unwort des Jahres": Impfies. "'Impfies' ist ja nun auch wirklich ein unerträglicher Begriff", schreibt Bianca Käfer. "Er hat sich in unseren Medien gedankenlos eingebürgert, nachdem seit vergangenem Dezember eine triumphale Impfstrategie die Pandemie in den Griff bekommen hat. Aber die, die sich impfen lassen, als 'Impfies' zu bezeichnen, klingt nun einfach zu sehr nach 'Blödies', 'Dummies' oder 'Spasties'. Wieviel schöner ist da doch das Wort des Jahres."

Wort des Jahres: "Impfanterie"

In der Tat; es gibt ja nicht nur immer ein schreckliches Unwort des Jahres - sondern auch ein vorbildhaftes Wort des Jahres, das die Gesellschaft für deutsche Sprache ausruft. "'Impfanterie' ist einfach nur genial", freut sich die Wochenzeitung DIE ZEIT. "Die Infanterie ist ja die Kampftruppe der Bundeswehr", erklärt Nikolaus Lonatzki. "Und ohne Tausende Soldaten wären die Corona-Impfungen überhaupt nicht möglich gewesen. Dass ihnen nun mit der wunderbaren Wortschöpfung 'Impfanterie' ein hoffentlich bleibendes verbales Denkmal gesetzt wurde, haben sie mehr als verdient."
Ein Wort fiel ja beim "Unwort des Jahres" durch, das vor zwei Jahren zum "Anglizismus des Jahres" gekürt worden war: Gendersternchen. Dafür macht der Begriff aber nun Rundfunkpolitik. "Wir reiben uns die Augen; nein: die Ohren", steht im Berliner TAGESSPIEGEL. "Will Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff uns nun beweisen, dass er auch zu klugen Aktionen fähig ist oder hat er sich neuerdings intelligente Berater engagiert?", fragt Matthias Ripski - nachdem der CDU-Mann, der im vorigen Jahr noch die Erhöhung der Rundfunkgebühren verhindert hatte, nun ein Kompromissangebot unterbreitete. "Er will zustimmen, wenn die Rundfunkanstalten in Zukunft auf das Gendersternchen verzichten und der Hörerschaft das Radiolauschen somit wieder erleichtern. Das ist ein mehr als kluger Gedanke - kommt er wirklich von Reiner Haseloff?", so der TAGESSPIEGEL.
"Die Welt ist aus den Fugen" - so findet ja nicht nur die SÜDDEUTSCHE. "Großbritannien löst sich auf", klagt die Tageszeitung DIE WELT. "Nach dem Brexit ist das Land in die größte Wirtschaftskrise seiner Geschichte geraten", schreibt Wladislaw Jansitsch. "In Volksabstimmungen haben die Schotten und die Nordiren nun ihren Austritt aus dem Vereinigten Königreich erklärt und wollen Mitglieder der Europäischen Union werden." Und dabei haben sie ja einen gemeinsamen Vorschlag unterbreitet, der in ganz Europa heftigst diskutiert wird.

Elisabeth II. - Staatsoberhaupt Europas

"Was spricht denn gegen das schottisch-nordirische Begehren, Königin Elisabeth die Zweite zum gemeinsamen Staatsoberhaupt der Europäischen Union zu erklären?", fragen die Monarchistischen Monatshefte. "Die Queen ist schließlich gerade erst 95 geworden und noch völlig fit; ihre Mutter, Queen Mum, wurde 101 Jahre alt", macht uns Dagobert von Knackstedt Mut. "Und ihre Familie ist eine große Hoffnung auch für die jungen Menschen. Greta Thunberg hat den schottisch-nordirischen Vorschlag bereits wärmstens begrüßt, weil Prinz Charles als alter Umweltkämpfer dann irgendwann der Nachfolger wird."
Vergessen wir den Donald nicht. "Als wär’s ein Stück von Shakespeare", lesen wir in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG - über das, was aus dem einstigen Präsidenten der USA wurde. "Erst hat er sich doch im Januar tatsächlich geweigert, das Weiße Haus zu verlassen", erinnert Klara Bieler. "Er musste dann von den Personenschützern seines Amtsnachfolgers Joe Biden gefesselt und aus dem Weißen Haus getragen werden."
Nachdem dann aber die New Yorker Staatsanwälte ihre Ermittlungen gegen Donald Trump energisch betrieben und einen Haftbefehl erwirkten, ist er ja in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Moskau geflohen. "Und hier gibt es jetzt wieder nur Ärger", so die NEUE ZÜRCHER. "Er verlangt, dass für ihn ein eigener Golfplatz gebaut wird - und das mitten im Kreml."
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