Aus den Feuilletons

Beängstigende Ankündigungen von Trump-Wählern

Frauen und Männer mit Helmen, einige halten Schilder hoch, auf einem steht "Trump gräbt nach Kohle"
Anhänger des US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump auf dem Parteitag der Republikaner © imago / ZUMA Press
Von Adelheid Wedel · 29.10.2016
Was passieren könnte, wenn Donald Trump die US-Präsidentschaftswahl am 8. November verliert, damit hat sich die "Welt" beschäftigt: "Wenn er dunkle Mächte für seine Niederlage verantwortlich macht, wird es Blutvergießen geben". Die Voraussetzungen dafür seien gegeben.
Der Wahlkampf in den USA beschäftigt wieder und wieder die Feuilletons auch in Deutschland. Dabei, so unterstellt die Tageszeitung TAZ, sei längst alles gelaufen.
"Die US-amerikanischen Zeitungen haben schon gewählt. Sie sprechen sich gegen Donald Trump als neuen Präsidenten aus. In einer Einhelligkeit", so die TAZ, "die in der Mediengeschichte der USA einmalig sei, äußere selbst das Wall Street Journal Sympathien für Hillary Clinton. Eigentlich seien nur noch die Zeitungen für Trump, die im Supermarkt an der Kasse liegen."
Womit das Thema eigentlich durch wäre, wenn es nicht beängstigende Voraussagen gäbe. Hannes Stein in der Tageszeitung DIE WELT:
"Viele Trump-Anhänger haben gesagt, sie stünden für einen Bürgerkrieg bereit, wenn ihr Idol verliert." Millionen Anhänger würden fest darauf vertrauen, dass Trump am 8. November gewinnt. Und was, wenn nicht? Hannes Stein: "Wenn er seine Niederlage nicht eingesteht – oder schlimmer: Wenn er eine Rede hält, in der er dunkle Mächte für seine Niederlage verantwortlich macht – dann wird es Blutvergießen geben. Denn eines haben Trumps Anhänger bekanntlich in rauen Mengen: Gewehre."

Schrilles Aufwachen aus dem American Dream

In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG wird die Autorin Imbolo Mbue interviewt, die als Teenager aus Kamerun nach Amerika ausgewandert ist. In ihrem Debütroman beschreibt sie den American Dream, aus dem sie schrill aufwachte. "Ich dachte, in den Vereinigten Staaten gibt es keine Armut", antwortet sie auf Fragen von Annabelle Hirsch.
"Ich dachte, jeder, der gewillt ist, hart zu arbeiten, kann es schaffen. Zumal all meine Bekannten, die aus Kamerun in die USA emigriert waren, immer mit sehr schönen Kleidern und Schuhen zurückkamen. Für mich bedeutete das, dass es dort einfach jedem gut geht."
Gleich nach ihrer Ankunft im gelobten Land sah sie, wie hart die Armut dort sein kann. Sie habe nicht gedacht, dass es in Amerika Menschen gibt, die auf der Straße schlafen müssen, die die Schule nicht bezahlen können und die für sehr wenig Geld sehr viele Stunden arbeiten müssen, berichtet sie. Imbolo Mbue – inzwischen eingebürgert - geht am 8. November zum ersten Mal in ihrem Leben wählen. Es sei "ein seltsames politisches Theater", was derzeit dort ablaufe. Unaufgeregt sagt sie:
"Natürlich sind solche Kampagnen nicht dazu da, sich mit Nettigkeiten zu überschütten, aber dieser Grad an Feindschaft erschreckt mich schon. Ich hoffe und glaube, dass Amerika die Kraft hat, sich seinen Problemen zu stellen."
Die deutsche Ausgabe ihres Buches "Das geträumte Land" kündigt der Verlag Kiepenheuer und Witsch für Februar an.

Museum als kollektives Wohnzimmer

Die Wellen der Aufregung in den Feuilletons schlugen hoch, nachdem in dieser Woche der Siegerentwurf für das neue Museum der Moderne in Berlin publik gemacht wurde. Das Schweizer Architekturbüro Herzog & de Meuron ging als Sieger aus diesem Wettbewerb hervor. Ihr Entwurf  wurde sehr unterschiedlich betrachtet, sie wurden für ihren "Mut zum Archetypus" in der WELT gelobt, sie müssen sich den Ausdruck "Kunst-Scheune" in der BERLINER ZEITUNG anhören oder gar das Urteil der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG ertragen, die von einer "Unverschämtheit in Backstein" schreibt.
In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG stellt Niklas Maak die in dem Zusammenhang wirklich wichtige Frage:
"Was bedeutet ein Museumsneubau für eine Stadt? Fest steht die Art, wie wir Museen benutzen, ändert sich. Viele kommen nicht mehr nur, um Kunst zu sehen. Die Menschen bleiben dort ganze Tage, sie nutzen das Museum als ein kollektives Wohnzimmer. Das Öffentliche und das Intime, Private, findet am selben Ort statt. Wie sähe heute so ein Ort aus für eine Gesellschaft des 21. Jahrhunderts und ihre veränderten sozialen Rituale?" fragt Maak in der FAS. Die gigantischen Hallen von Herzog & de Meuron könnten einen Ort bieten, an dem öffentliches Leben stattfindet. Maak sieht im künftigen Neubau, der einem "liegenden Hochhaus" ähnelt, einen "Ort optimistischer Beschleunigung, Aufklärung und Politisierung, einen Ort, an dem sich die Stadt zwischen der Kunst einnisten und revoltierend ins Leben hinaus kann". Zusammenfassend macht der Autor darauf aufmerksam:
"In der Polemik um die Entscheidung zeichnet sich ein größerer, längst überfälliger Streit darüber ab, was unseren Städten fehlt und mit Steuergeldern gefördert werden soll – was der Staat seinen Bürgern bauen muss als Gegenräume zu den Shoppingmalls, den öden Straßen, öden Läden und den schrecklichen Palais, Quartieren und Carrés."

Thierse wirbt weiter für ein Einheitsdenkmal

An einem anderen Bauprojekt wird sich künftig erneut sowohl Diskutierwut wie Entscheidungsträgheit in Berlin dokumentieren lassen: am Bau eines Einheitsdenkmals. Der TAGESSPIEGEL vom Wochenende nimmt mit einem Beitrag von Wolfgang Thierse den Gedankenaustausch dazu erneut auf. Thierse schwärmt "vom Glück, an die Befreiung von 1989 erinnern zu können". Und er begründet die Notwendigkeit für ein solches Denkmal im Zentrum Berlins:
"Dass die Ostdeutschen zusammen mit den Polen und Ungarn – diese voran – und dann den Tschechen und Slowaken, den Litauern, Letten, Esten und Rumänen in einer, im Wesentlichen friedlichen, Freiheitsrevolution zum Sturz des kommunistischen Systems entscheidend beigetragen, die Einheit Deutschlands und Europas, ermöglicht haben, das war und bleibt ein Vorgang von welthistorischer Bedeutung."

Das Hinreißendste an Manfred Krug

In der vergangenen Woche nahmen wir Abschied von einem in Ost und West beliebten "Schauspieler, Sänger, Star für Kinder, fürs Kino und fürs Fernsehen, kurz von einem Mann mit eigenem Kopf", von Manfred Krug. Stellvertretend für all die liebevollen Nachrufe, wollen wir abschließend aus einem zitieren. Tobias Rüther nennt Manfred Krug in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG:
"einen Typen, der bellen und schnauzen, der sich gewaltig großmachen konnte – aber wenn er dann den Mund zum Singen öffnete, verwandelte sich alles. Diese helle, samtene Jungenstimme, die aus diesem Mann kam: Das war vielleicht das Hinreißendste und zugleich Geheimnisvollste an Manfred Krug. Wie werden wir ihn vermissen."
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