Kinderarmut

"Chancengleichheit ist nicht gewollt"

07:18 Minuten
Kinderschuhe und Kinderstiefel sind auf dem Boden in einer Kindertagesstätte abgestellt.
Kinder- und Jugendarmut bleibt ein ungelöstes Problem - auch weil mögliche Zuschüsse nicht ankommen, kritisiert Andres Veiel. © picture alliance / dpa / Friso Gentsch
Andres Veiel im Gespräch mit Korbinian Frenzel  · 26.01.2023
Audio herunterladen
Jedes fünfte Kind in Deutschland ist von Armut bedroht, hat eine neue Studie ergeben. Ein möglicher Grund sei ein erniedrigendes Zuschuss-System, glaubt Filmemacher Andres Veiel: "Es ist nicht gewollt, dass hier so viel Geld ausgegen wird."
Fast 2,9 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren waren 2021 von Armut bedroht - ein Anteil von bundesweit 20,8 Prozent. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie der Bertelsmann Stiftung. Für Filmemacher Andres Veiel ein Alarmsignal - und der Beweis, dass es kein echtes Interesse daran gibt, Chancengleichheit herzustellen.
Die Maßnahmen gegen Kinderarmut seien hinreichend bekannt, sagt Veiel. Interessant sei jedoch, danach zu fragen, warum die Förderungen oder Zuschläge nicht ankommen. Er vermute, "dass es irgendwo nicht gewollt ist, dass da soviel Geld ausgegeben wird". Dabei gehe es nicht nur um die Menge des Geldes, sondern auch die Herstellung von Chancengleichheit.

Komplizierte Anträge, erniedrigende Verfahren

Als Beispiel nannte Veiel den Kinderzuschlag. "Da ist die einfache Frage: Warum funktioniert das nicht?" Der Antrag sein nicht nur extrem kompliziert. Auch wüssten viele Betroffene gar nicht, dass man diesen bei der Arbeitsagentur überhaupt beantragen könne. Hinzu komme, dass der Antrag alle sechs Monate neu gestellt werden müsse. "Das ist in gewisser Hinsicht erniedrigend."
Für sinnvoller hält der Filmemacher eine umgekehrte Vorgehensweise, wonach Betroffene aufgrund vorliegender Behördendaten auf mögliche Zuschüsse hingewiesen werden könnten. "Es geht darum, das Wissen zu vermitteln und das dann so zu gestalten, dass das Geld auch ankommt." Insgesamt gehe es darum, für Verfahren zu sorgen, die weniger demütigend sind. "Dann haben wir viel erreicht."
(ckü)
Mehr zum Thema