Nachwuchssorgen bei Monteuren

Früher Gas-Wasser-Scheiße, heute Elektronikexperte

07:19 Minuten
Monteure bauen Solarmodule auf ein Dach.
Gas und Wasser, das andere auch noch, vor allem aber ist es jetzt die Elektronik, die die Monteure fordert. Aber der Nachwuchs bleibt aus. © imago / Jochen Tack
Von Dietrich Mohaupt · 09.08.2022
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Erneuerbare Energien, Gebäudesanierung, Ressourcenschonung – die guten alten Monteure und Monteurinnen müssen heute Technik und Elektronik beherrschen. Das macht es den Handwerksbetrieben schwer, Nachwuchs zu finden.
Eine schmale, steile Holztreppe führt in den Keller eines Mehrfamilienhauses im Bremer Stadtteil Findorff. Bis vor Kurzem sorgten noch Gas-Etagenheizungen für Wärme in den Wohnungen, jetzt entsteht hier im Keller eine moderne Holzpellet-Heizung. Der große Vorratstank für die Holzpellets füllt einen ganzen Raum fast vollständig aus, der nächste Raum ist vollgestopft mit Technik, das Herz der Heizungsanlage. Brenner, Steuer- und Regeltechnik, Verteiler und vor allem jede Menge Leitungsrohre an der Decke und den Wänden. Eigentlich alles wie gehabt.
„Ja, vom Prinzip her wird sich das auch nie ändern, denn anders kriegt man die Wärme nicht in die Wohnungen befördert. Leitungen wird es immer geben.“ Seit 25 Jahren arbeitet Michael Matz als Geselle bei der Firma Flato Haustechnik. Die Rohrzange hat er jederzeit griffbereit.
Aber der Job hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert, die Heizungsanlagen sind immer komplexer geworden. „Die Zange ist immer noch das allerwichtigste", sagt er. "Und da wir ja gerade vor der Regelung stehen: Bei der Pellet-Heizung fallen natürlich auch viele Fühler und Pumpen und so weiter an, was man alles mit anschließen muss.“
Die große Zange kann aber nicht alles, bei modernen Heizungsanlagen geht ohne Elektronik inzwischen nichts mehr. In einem an der Wand montierten grauen Schaltkasten sind fein säuberlich ganze Kabelstränge verlegt. Mit einem Ruck zieht Michael Matz eine Schutz-Klebefolie von dem Kunststoffdeckel des Kastens und passt ihn sorgfältig ein. Noch vier Schrauben anziehen, dann ist das elektrische Nervenzentrum der Heizungsanlage sauber verpackt.
Die Technik hinter dem Deckel stelle inzwischen hohe Anforderungen an den klassischen Heizungsmonteur und es werde auch nicht einfacher, betont der 57-jährige Geselle: „Also, ich glaube, dass das schon schwieriger wird, weil man jetzt eben Gasheizungen hat. Man hat Ölheizungen, man hat Pellet, dann kommen noch Wärmepumpen dazu – das ist schon umfangreich.“

Eingabefelder, Displays und Netzwerkkabel

Überall Schalter, Eingabefelder und Displays, aus der Wand ragt ein dicker Strang Netzwerkkabel – Zugang zum Internet. „Man kann ja heute schon alles über Handy steuern." Die Chefin, Andrea Flato, macht es vor. Mit ein paar Wischbewegungen hat sie auf ihrem Smartphone eine Heizungsanlage in einem Haus auf einer der Ostfriesischen Inseln aufgerufen.
„Da können wir jetzt schauen: Okay, wie ist das Warmwasser eingestellt, gibt es Probleme, besteht Handlungsbedarf bei der Anlage, muss ich irgendetwas optimieren, möchte der Kunde vielleicht gerade, dass ich irgendwas optimiere, dass ich Heizkreise verändere – also das hat sich schon sehr gewandelt. Man muss nicht zwangsläufig immer vor jeder Anlage stehen, sollte das aber trotzdem einmal im Jahr zur Wartung. Vieles kann man auch auf diesem digitalen Weg schon lösen.“

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Rohrzange und Bohrhammer auf der einen, Smartphone und Laptop auf der anderen Seite – eigentlich klingt das doch nach einem spannenden, vielseitigen Beruf, der auch auf Jugendliche als Ausbildungsberuf einen gewissen Reiz ausüben sollte, meint Andrea Flato, sagt aber auch: "Es wird zunehmend schwieriger, tatsächlich Azubis zu finden. Ich erinnere mich, so – sagen wir mal – 20 Jahre zurück, da hatten wir teilweise sechs, sieben Azubis – die Zeiten sind leider wirklich vorbei.“  
Derzeit bildet der Betrieb nur einen Lehrling aus – Buba Sanneh. Der 23-Jährige ist 2014 aus Gambia nach Deutschland gekommen. Mit der deutschen Sprache tut er sich noch ein bisschen schwer, aber er macht klar, dass er hier in Bremen genau die richtige Lehrstelle gefunden hat: „Ja, dieser Job interessiert mich, weil ich ein bisschen schon in meiner Heimat gelernt habe. Und als ich hierherkam, war ich erst in der Schule und habe gesagt: Ich möchte diesen Job weitermachen.“

Gas-Wasser-Scheiße – das war gestern

Ein junger Mann mit klaren Vorstellungen – von der Art könnten wir mehr gebrauchen, sagt Andrea Flato. Derzeit sind in Bremen und Umgebung noch ein gutes Dutzend Lehrstellen als Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik unbesetzt. Das habe viel damit zu tun, dass zum Teil noch völlig falsche Vorstellungen von dem Beruf im Umlauf seien.
Ein Installateur justiert den Thermostat an einem Heizkörper.
© picture alliance / Zoonar / Robert Kneschke
Gas-Wasser-Scheiße – was mit Meister Röhrich aus den Werner-Comics zu einem geflügelten Wort für die Branche wurde und exakt in diesem Dreiklang sogar seinen Weg in die Spiegel-Berichterstattung fand, ist da nicht sehr hilfreich – und habe mit der zunehmenden technischen Komplexität, der Digitalisierung und dem Wandel zu einem echten Klimaschutz-Handwerk nichts zu tun, betont Andrea Flato:
„Das ist unsere große Hoffnung: Dass dadurch, dass es technischer wird, die Leute doch motivierter sind, das zu lernen, weil es anspruchsvoller ist. Und dann vielleicht auch für die Außenwirkung, Außendarstellung: Hey, ich bin Anlagenmechaniker, ich baue hier moderne Heizungen ein, super Heiztechnik, digital … ich mache viel mit dem Handy, mit dem Laptop auch. Bei der Arbeit kann ich es nutzen, kann es einsetzen zum Einstellen der Anlage. Da hoffe ich schon, dass das viele motiviert, diesen Beruf zu lernen.“

Kaum noch Gasheizungen nachgefragt

Insgesamt gibt es zum Start dieses Ausbildungsjahres ungewöhnlich viele freie Lehrstellen in Bremen und Bremerhaven. Von etwa 5400 gemeldeten Ausbildungsstellen waren Ende Juli noch knapp 2400 unbesetzt, das ist ein Plus von 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und dieser Trend macht auch vor der Sanitär- und Heizungsbranche nicht halt. Für die Betriebe ist das eine sehr schwierige Situation – vor allem mit Blick auf die aktuell rasant steigende Nachfrage z.B. nach Wärmepumpen.
Vor ein paar Monaten noch stellte sich das wie folgt dar: „Auf zehn Anfragen für eine neue Heizung entfielen neun auf eine Gasheizung und eine Anfrage auf irgendetwas anderes. Jetzt sind es bei zehn Anfragen neun Wärmepumpen und eine: '… hmm, ja ich nehme eine Gasheizung, weil irgendwie ist es mir doch lieber.' Also das hat sich schon verändert in den letzten Monaten.“
Die Kunden brauchen derzeit eine Menge Geduld – kurzfristig geht gerade so gut wie nichts, und das nicht nur beim Heizungsbau. Sie sei aber optimistisch, so Andrea Flato, dass sich vielleicht doch noch etwas besser herumspricht, wie spannend der Beruf des Anlagenmechanikers für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik tatsächlich ist. Und: „Es ist ja auch ein Job mit Zukunft!“
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