Imkereiausbildung

Der Traum vom eigenen Bienenvolk

09:55 Minuten
Imker mit Bienen und Beuten
Nur ein Prozent der 150.000 Imkerinnen und Imker in Deutschland betreiben die Imkerei erwerbsmäßig. © imago images / Arnulf Hettrich
Von Katharina Peetz · 26.07.2022
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Seit Jahrzehnten nimmt die Zahl der Fluginsekten ab, auch Wildbienenarten sind betroffen. Das hat starke Auswirkungen für unser Naturräume. Doch zumindest bei den Honigbienen gibt es einen positiven Trend - weil sich viele Imker um sie kümmern.
Für die meisten ist die Imkerei nur ein Hobby oder maximal ein Nebenerwerb. Im Jahr 2020 haben nur 24 junge Menschen in ganz Deutschland eine professionelle Ausbildung zur Imkerin bzw. zum Imker begonnen. Nicht sehr viel.
Behutsam hebt Markus Hamm den Deckel des Bienenkastens ab. Er zieht die einzelnen Holzrähmchen hervor und prüft die Waben. Die leeren Rähmchen schiebt Markus wieder in den Kasten, die mit den vollen Waben werden erstmal abgebürstet. Der junge Mann mit dem langen blonden Haar ist einer von vier Imkerei-Auszubildenden im Fachzentrum Bienen und Imkerei in Mayen. 

Imkerin trotz Allergie

Auch Louisa Brück macht hier – im Norden von Rheinland-Pfalz – ihre Ausbildung. Die Auszubildende in schwarzer Jeans und schwarzem T-Shirt hat eine Bienengiftallergie:
"Als ich angefangen hab, hab ich es noch gar nicht gemerkt. Aber mit der Zeit hat sich das dann rausgestellt. Und ich mache aber so eine Therapie, wo ich jeden Monat eine Spritze bekomme. Das ist schon deutlich besser. Heute Morgen wurde ich in die Hand gestochen und es ist nichts passiert."
Das viele Draußensein gefällt ihr besonders an der Ausbildung, auch wenn sie viel Zeit im warmen, süßlich riechenden Schleuderraum verbringt, in dem der Honig von der Wabe getrennt wird. 

Meist reichen Bienen allein nicht zum Überleben

Oft liegt das Imkern in der Familie. So wie bei Katharina Schöttler mit den türkisfarbenen Haaren und der dazu passenden Brille: Ihre Familie betreibt seit Generationen eine Imkerei, in der sie als Kind schon mitgeimkert hat. Die Imkerei der Eltern ist für sie auch eine Perspektive nach der Ausbildung:
Vier junge Menschen vor Bienenstöcken
Die vier Auszubildenden im Fachzentrum Bienen und Imkerei in Mayen© Deutschlandradio / Katharina Peetz
"Das ist bei uns eigentlich nur ein Nebenerwerb. Meine Eltern machen Weihnachtsbäume im Winter und im Sommer die Bienen. Und ich bin mir ehrlich gesagt noch nicht sicher, von was ich wie viel weitermache. Also ob ich die Weihnachtsbäume auch weitermache oder ob ich eher die Imkerei erweitere, weil alleine von der Imkerei, könnten wir zuhause aktuell nicht leben. Dafür müsste ich dann schon den Betrieb erweitern."

150.000 Menschen in Deutschland halten Bienen

Die schwierigen Berufsperspektiven können ein Grund sein, warum in Deutschland nur 10 bis 30 Menschen jedes Jahr eine Ausbildung zur Imkerin oder zum Imker starten. Auch im Fachzentrum in Mayen können die Azubis in der Regel nicht übernommen werden. Manche schließen ein Studium, zum Beispiel in Agrarwissenschaften, an oder wechseln in andere Berufe.

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Die Arbeit in Wirtschaftsimkereien ist stark saisonal geprägt. Die Tarifgehälter in der Landwirtschaft nicht gerade üppig. Der Weg in die Selbstständigkeit erfordert Mut und betriebswirtschaftliches Geschick.
Aber als Nebenbei-Erwerb oder Hobby ist das Imkern immer noch beliebt. Laut Deutschem Imkerbund gibt es etwa 150.000 Imker von denen allerdings weniger als ein Prozent die Imkerei erwerbsmäßig betreibt.

Zwischen Idealisten, Realisten und Verlegenheit

Imkermeister Johannes Kraus bildet seit fast 30 Jahren aus. Rund 50 Auszubildende haben in Mayen erfolgreich abgeschlossen. Mit den aktuellen Jahrgängen ist Kraus sehr zufrieden – vor allem, weil sie wüssten, wieso sie die Ausbildung machten. Das sei nicht immer der Fall:
"Die Bewerber kann man allgemein aufteilen auf Idealisten, Realisten und Verlegenheitsbewerber. Und innerhalb der ersten drei Monate wird klar, ob das eingetreten ist, was der eine oder andere hier erwartet hat."
Denn die Arbeit mit und an der Biene mache eben nur einen gewissen Anteil der Ausbildung aus. Im Mayener Fachzentrum steht auch die Forschung im Fokus: Im hauseigenen Honiglabor werden Proben von Hobbyimkern analysiert. Die Azubis Magnus Heindl und Katharina Schöttler befassen sich derzeit vor allem mit der Königinnenzucht. In der Berufsschule, die aktuell nur aus einer Klasse von 15 Azubis in ganz Deutschland besteht, widmet sich ein eigenes Fach der Königinnenzucht.

Vor allem Wildbienen sind bedroht

Beliebte Bienen-Eigenschaften sind: Friedfertigkeit und hoher Honig-Ertrag. Die größte Bedrohung für die Honigbiene ist die Varroa-Milbe. Imkerinnen und Imker verwenden viel Zeit auf die Parasiten-Behandlung. Die Schwerpunkte in der Imkerei haben sich in den letzten Jahrzehnten teilweise sehr verändert. 
Imkerinnen und Imker kümmern sich um die Honigbienen. Die Zahl ihrer Völker ist in den vergangenen Jahren in Deutschland sogar gewachsen. Ganz anders als die Wildbienen. Ihre Arten sind bedroht. Entsprechend geht Azubi Markus mit dem Wissen, was wichtig ist für Bienen jetzt auch ganz anders durch die Welt:
"Wenn ich jetzt irgendwo langlaufe, sehe ich überall Pflanzen, die wichtig sind für Bienen. Und dann ärgere ich mich auf der anderen Seite auch wieder, wenn dann große Flächen abgemäht, verdichtet oder zugebaut werden."

Konflikte mit der Landwirtschaft

Auch Konfliktpotenzial mit anderen Teilen der Landwirtschaft, zum Beispiel wenn es um den Einsatz von Pestiziden auf Feldern geht, die die Bienen bestäuben, gehört zur Imkerei. Genau wie der internationale Marktdruck. Denn in Deutschland wird deutlich mehr Honig verbraucht als produziert wird. Im vergangenen Jahr wurden rund 78.000 Tonnen aus dem Ausland importiert – vor allem aus der Ukraine, Argentinien und Mexiko. Aber zum Beispiel auch aus China kamen 2021 einige Tausend Tonnen nach Deutschland. Magnus Heindl betont deshalb die Bedeutung der regionalen Imkerei:
"Wir als regionale Imker sagen: Das ist eigentlich nichts, Honig aus Nicht-EU-Ländern, wo irgendwelche anderen Inhaltsstoffe mit drin sind von irgendwelchen medizinischen Produkten, die sie im Ausland den Bienen geben und nicht so viel Rücksicht nehmen, was dann im Endprodukt Honig drin ist. Wir hier in Deutschland sagen: Uns ist es wichtig, dass der Honig rein ist, dass der ein natürliches Produkt ist und wir dann auch teilweise Rücksicht auf die Biene nehmen“.
Und dazu gehört auch: Die Eigenheiten der Bienen zu akzeptieren und sich als Imker auch mal zurückzunehmen. Auch dafür werden die Auszubildenden in Mayen sensibilisiert, erklärt Markus Hamm.
„Jedes Bienenvolk macht irgendetwas anders. Also wir erwarten zwar in der Regel, dass unsere Bienenvölker das Gleiche machen. Aber tun sie nicht. Also sie entscheiden sich immer selbst, und sie wissen selbst auch am besten, wie es funktioniert. Und der Imker kann nur im Hintergrund ein paar Fäden ziehen, aber auch nicht alles entscheiden. Was wir anstreben, macht die Biene nicht immer.“
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